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#Wirtschaft tritt Öffnungsdebatte los

Wirtschaft tritt Öffnungsdebatte los

Für die einen ist Österreich ein Vorbild, für die anderen ein abschreckendes Beispiel. Am kommenden Montag lockert die Alpenrepublik ihren Lockdown, obwohl die Corona-Inzidenz dort mit 105 neuen Fällen je 100.000 Einwohner binnen einer Woche höher liegt als in Deutschland mit seinen aktuell 90. Auch andere europäische Länder erlauben wieder mehr wirtschaftliches Leben trotz teils schlechterer Infektionslage. Und so wächst der Druck auf Bund und Länder, in ihrer nächsten Konferenz am 10. Februar ebenfalls einen Öffnungsplan zu beschließen.

Julia Löhr

Andreas Mihm

Der Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, hat einen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geschrieben, in dem er auf Klarheit drängt, „unter welchen Voraussetzungen basierend auf realistischen und fundierten Indikatoren der Einzelhandel wieder öffnen kann“. Altmaier, der seit Beginn der Pandemie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum „Team Vorsicht“ gehört, hatte die Wirtschaft am Wochenende alarmiert, weil er einen Lockdown auch bei Inzidenzen unter 50 für möglich hielt.

Der HDE plädiert dafür, dem Handel möglichst rasch die schrittweise Rückkehr zu einem geordneten Geschäftsbetrieb zu ermöglichen, auch wegen der „eklatanten Wettbewerbsverzerrungen“ zwischen stationärem und Online-Handel. Ein Gipfel der Politik mit den besonders betroffenen Branchen müsse her – gewissermaßen ein Gegengewicht zu der von Bund und Ländern vereinbarten politischen Arbeitsgruppe. Zwar hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) schon einen Stufenplan vorgelegt. Söder hielt aber dagegen, Deutschland sei „noch weit entfernt von dem, was zu einer umfangreichen Lockerung führen könnte“.

Unternehmer klagen über „Bunker-Mentalität der Regierung“

Der Wirtschaft machen solche Meinungsdifferenzen Hoffnung. „Zum Glück wird über unseren Föderalismus die Bunker-Mentalität der Bundesregierung etwas gelockert“, sagt Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Familienunternehmer. Der lange Lockdown für ganze Branchen koste gewaltige Summen. „Unsere Gesellschaft kann nach dem entgangenen Weihnachtsgeschäft nicht auch noch das ausfallende Ostergeschäft mit Hilfszahlungen ersetzen.“ Der Verbandschef hofft darauf, dass von der Ministerpräsidentenkonferenz ein Plan für Lockerungen ausgeht. „Wichtig ist, dass nicht nur der Inzidenzwert im Mittelpunkt steht. Das ist nur ein Merkmal von vielen.“

„Wir wollen einen Restart“, sagt auch Jörg Müller, Hauptgeschäftsführer des Friseurhandwerks. In den Monaten vor dem Lockdown habe seine Branche gezeigt, dass sich auch in einer Pandemie Friseurdienstleistungen sicher durchführen ließen. Der Gang zum Friseur sei mehr als nur ein sozialer Kontakt, sondern trage wesentlich zum Wohlbefinden der Menschen in dieser Ausnahmesituation bei. Was sich auch daran zeige, wie sehr die Kunden ihre Friseure gegenwärtig zu Hausbesuchen drängten. Müller ist überzeugt, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handelt. „Schwarzarbeit ist ein relevantes Problem.“ Für bedenklich hält er zudem, dass im vergangenen Jahr 23 Prozent weniger Ausbildungsverträge in seiner Branche abgeschlossen worden seien. Für Jugendliche mit nicht so guten Schulabschlüssen falle damit eine Chance zum sozialen Aufstieg weg.

Eine Öffnung der Friseure nach österreichischem Vorbild wäre aus Müllers Sicht denkbar. „Es gibt viele Leute, die für einen Friseurbesuch einen Corona-Test machen würden.“ Die österreichische Regierung hat ihre Lockerungen mit einer ausgeweiteten Testpflicht verbunden. So müssen Schüler, die nach dem Ende der Ferien am Präsenzunterricht teilnehmen wollen, sich zweimal die Woche testen lassen. Eine Vorab-Testpflicht gilt auch für „körpernahe Dienstleistungen“ wie den Friseurbesuch. Der negative Test darf nicht älter als 48 Stunden sein; die Gesundheitsbehörden sollen stichprobenartig kontrollieren. Ohne Test, dafür aber mit FFP2-Masken-Zwang und 20 Quadratmeter Mindestfläche je Kunde darf auch der Einzelhandel wieder öffnen, der mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Kiosken und Apotheken seit Ende Dezember geschlossen war. Auch Galerien, Museen und Tiergärten dürfen nach diesen Regeln wieder aufsperren, nicht aber Gaststätten, Hotels und Kinos.

In Italien dürfen Cafés und Restaurants wieder öffnen

Ein ähnliches Bild zeigt sich in anderen europäischen Ländern. In Frankreich ist der Einzelhandel inklusive Friseure nach dem harten Lockdown von Anfang November bis Mitte Dezember längst wieder geöffnet – bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 200. In Italien dürfen neuerdings in vielen Regionen sogar Cafés und Restaurants wieder öffnen, wenn auch erst mal nur bis 18 Uhr. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt im Landesdurchschnitt noch bei mehr als 140. Auch in Polen stehen bei einer Inzidenz von knapp 100 die Zeichen auf Lockerung. Kleinere Läden sind dort schon länger wieder auf, nun folgen Einkaufszentren und Museen.

Dort gibt es aber auch mehr Proteste aus der Wirtschaft gegen die Schließungen. Zuletzt kündigten zahlreiche Fitnessstudios an, trotz des geltenden Verbots die Türen für ihre Mitglieder wieder öffnen zu wollen. Am Wochenende musste die Polizei in mehreren Städten Nachtclubs schließen. Wer nun mit einem Ausflug in Deutschlands Nachbarländer liebäugelt, wird jedoch spätestens an der Grenze enttäuscht. Die verschärften Vorschriften zu Quarantäne und Tests machen solche Reisen derzeit nahezu unmöglich. In Frankreich und Österreich dämpfen zudem abendliche Ausgangsbeschränkungen den Unternehmungsdrang. Nach 20 Uhr ist Europa im Lockdown vereint.

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