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#Wo bleibt der Widerspruch?

Wo bleibt der Widerspruch?

Auf der Plattform nebenan.de sucht eine Frau Mitstreiter. Sie wohnt im Oeder Weg im Frankfurter Nordend, seit zwei Wochenenden beobachtet sie den Demonstrationszug von „Querdenkern“ und Impfgegnern, der nun immer samstags durch ih­re Straße zieht. Dem Aufmarsch möchte sie etwas entgegensetzen, doch zu einer Gegendemons­tration ruft sie nicht auf. Sie wünscht sich einen leisen Protest und schlägt deshalb vor, dass die Menschen in der Nachbarschaft einen Stoffstreifen aus dem Fenster hängen oder an den Zaun vor ihr Wohnhaus binden, um zu zeigen, dass sie anderer Meinung sind.

Auf den Stoffstreifen, schreibt sie, könne man Botschaften hinterlassen: „Wir denken nicht quer“, „Impfen retten Leben“ oder „Freiheit fängt da an, wo ich das Leben anderer nicht ge­fährde“. Mit ihrem Aufruf in dem digitalen Nachbarschaftsforum will die Frau „einen Stein ins Rollen bringen“. Warum ihr das wichtig ist, erklärt sie auch: „Weil nichts tun für mich kein Weg ist.“

Seit Wochen halten die immer zahlreicher werdenden Proteste der Impfgegner das Land in Atem, seit Wochen be­stimmen sie die Nachrichten. Vor allem die sogenannten Montagsspaziergänge sorgen für große Aufmerksamkeit, weil sie so unberechenbar sind. In der Regel unangemeldet ziehen dann Impfgegner durch die Straßen, mal friedlich und gegenüber der Polizei kooperativ, mal aggressiv und gewalttätig.

Ein Dialog ist nicht mehr möglich

Die Proteste sind äußerst heterogen. An manchen Orten mischen sich Rechtsextreme unter die Demonstranten oder steuern die Aufmärsche gar, anderswo sind es vor allem Menschen aus der Esoterik-Szene, die bei den Kundgebungen mitmarschieren. Viele der Protestler dürfte aber auch einfach der Frust über das Hin und Her der Regeln und Maßnahmen auf die Straße treiben, andere fürchten die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiebekämpfung.

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Was die Bewegung schon länger eint, ist Radikalopposition. Das Misstrauen gegenüber Politik und Staat sitzt bei den Demonstranten tief, die Parallelen zu den Pegida-Protesten sind offensichtlich. Auf einen Dialog, auf einen kritischen Austausch lassen sich die Protestler meist nicht mehr ein. Das hat sich gerade erst wieder im sächsischen Frankenberg gezeigt: Michael Kretschmer, Sachsens Ministerpräsident, war in den Ort nahe Chemnitz gekommen, um mit den Demonstranten zu reden. Doch ein Gespräch war unmöglich. Der CDU-Politiker wurde ausgebuht, beleidigt. „Hau ab“, skandierte die wü­tende Masse.

Warum gibt es wenige Kundgebungen für das Impfen?

Wegen der unüberschaubaren Menge der Proteste, aber auch wegen der Vielzahl an Nachrichten darüber, könnte man den Eindruck haben, die Corona-Opposition würde im­mer weiter anwachsen. Oft erscheint es so, als lehnte sich gerade ein Großteil des Landes gegen die Politik und ihre Berater aus der medizinischen Forschung auf. Doch das ist völlig falsch.

Die vielen Umfragen etwa, die zu den Corona-Regelungen durchgeführt werden, zeigen es: Ei­ne überwältigende Mehrheit stützt den Kurs der Bundes- und Landesregierungen in der Pandemiebekämpfung. Die Akzeptanz für die Maßnahmen, die die Ausbreitung des Virus eindämmen sollen, bleibt konstant hoch. Freiheitseinschränkungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes werden von einer großen Mehrheit hingenommen und begrüßt. Und auch die Impfquote im Land ist ein Indiz dafür, dass der vorsichtige deutsche Corona-Weg Zustimmung findet.

„Alles wird gut“

Warum aber bleibt diese Mehrheit so ruhig? Warum treibt es sie nicht in die Öffentlichkeit, auf die Straßen? Warum gibt es so wenige Kundgebungen für das Impfen, für die Wissenschaft, für die Solidarität mit den besonders Gefährdeten? Warum bestimmt die Minderheit und nicht die Mehrheit die Szenerie? Und was müsste passieren, damit sich daran etwas ändert? Ganz am Anfang der Pandemie, als das Leben im Land von einem auf den anderen Tag he­runtergefahren wurde, war die Situation eine an­dere. Damals gab es Zusammenhalt, damals ma­nifestierte sich ein Miteinander.

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