Nachrichten

#Wo Frieden nicht möglich ist

Wo Frieden nicht möglich ist

Die Abraham-Abkommen halten nicht, was Donald Trump versprochen hatte. Im September 2020 hatten er, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie die Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains im Garten des Weißen Hauses Verträge zur Normalisierung der Beziehungen der beiden arabischen Staaten mit Israel unterzeichnet. Die Abkommen, Trump sprach auch von einem „Jahrhundertdeal“, nährten die Illusion, dass der Konflikt zwischen Israel und den Arabern weitgehend beendet und zugunsten Israels entschieden sei.

Die Abkommen schaffen Geschäftsmöglichkeiten, Frieden bringen sie aber nicht. Denn an den Kernfragen des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern ändern sie nichts. Etwa: Wie lange ist es den Siedlern noch gestattet, sich (meist widerrechtlich) Land und Häuser von Palästinensern anzueignen, sodass ein Staat Palästina nicht mehr entstehen kann? Wann und wie lässt Israel für die Menschen im dicht besiedelten Gazastreifen, der an allen Seiten abgeriegelt ist, eine Perspektive zu, sodass er nicht länger ein Armenhaus ist und damit eine Brutstätte für Gewalt?

Damaskustor gesperrt

Eine Überraschung ist der jüngste Ausbruch der Gewalt nicht. Als „extrem gravierend“ wertet jedoch die International Crisis Group, dass die Gewalt zum ersten Mal an mehreren Fronten gleichzeitig eskaliert: zwischen der Hamas im Gazastreifen und der israelischen Armee, in Ostjerusalem, zudem erstmals in den Städten Israels, in denen jüdische und arabische Israelis bislang friedlich zusammengelebt haben. Bei der jüngsten Runde der Gewalt erfahren die jüdischen Israelis, dass sie auch im eigenen Land nicht sicher sind. Dass Städte wie Lod und Akko zu Kriegszonen wurden, ist besorgniserregend. Zudem erreichen die Raketen der Hamas inzwischen auch entfernte Ziele, und sie feuert weit mehr Raketen ab als bei früheren Konflikten – was Israel verlässlich mit massiver Vergeltung erwidert.

Amerika und die EU führen die Hamas zu Recht als Terrororganisation. Bei ihren Raketenangriffen nimmt sie billigend den Tod von Zivilisten in Kauf, und in Gaza herrscht sie mit einer islamistischen Diktatur. Dennoch baut sie in diesem Konflikt ihre Stellung unter den Palästinensern aus. Während die von der rivalisierenden Fatah geführte Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah korrupt, ineffizient und passiv ist, handelt sie und übernimmt die Führung nun auch bei Themen, die nicht Gaza allein betreffen.

Entzündet hat sich der aktuelle Konflikt nicht an Spannungen zwischen der Hamas und der israelischen Armee. Vielmehr haben seit Mitte April Vorfälle in Jerusalem die derzeitige explosive Lage erzeugt. Zunächst sperrte die israelische Polizei mit Barrikaden das Damaskustor für die palästinensischen Anwohner; ihre Proteste zogen extremistische jüdische Israelis an, die „Tod den Arabern“ skandierten. Dann genehmigte das Oberste Gericht die Enteignung und Zwangsräumung palästinensischer Familien in Ostjerusalem, was neue Zusammenstöße auslöste.

Der Tempelberg ist zentraler Konfliktort

Anschließend verbot die israelische Polizei in Ostjerusalem den Wahlkampf der Palästinenser für die – inzwischen abgesagten – palästinensischen Wahlen am 22. Mai und nahm Wahlkämpfer fest. Schließlich sperrte die Polizei den Zugang zur Al-Aqsa-Moschee, was die Spannungen weiter befeuerte und zu gewalttätigen Zusammenstößen selbst in der Moschee führte. Das war dann der Anlass für das „Ultimatum“ der Hamas an Israel und den Beginn ihrer Angriffe.

Der Schlüssel für eine Lösung des Konflikts zwischen den Palästinensern und Israel liegt in Jerusalem, dort aber tief vergraben. Denn mit dem Tempelberg, auf dem die Al-Aqsa-Moschee steht, ist Jerusalem den Juden wie den Muslimen heilig. Zu Heiligem kann es aber keinen Kompromiss geben, keine Seite wird nachgeben. Auch bei anderen Aspekten des Konflikts sind Lösungen nicht in Sicht.

Frühere israelische Regierungen verpflichteten sich zwar auf eine Zweistaatenlösung, sie fände auch eine breite internationale Unterstützung. Nur fehlt heute die Fläche für einen Staat Palästina. Im Westjordanland, dem Kerngebiet eines Staates Palästina, leben auf der doppelten Fläche des Saarlands 2,8 Millionen Palästinenser, nach Angaben der israelischen Organisation Peace Now aber auch 441.000 Siedler, die ihre Siedlungen zielstrebig erweitern.

Den meisten Arabern ist die Palästinafrage wichtig

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentiert in einem umfangreichen Bericht, der im April erschienen ist, mit einer Fülle von Beispielen die systematische Privilegierung der jüdischen Israelis und die systematische Diskriminierung der Palästinenser. Auf der Grundlage von Normen des Völkerrechts wirft sie Israel eine Politik der Apartheid und der Verfolgung vor. Nach geltendem Recht mache sich Israel damit Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig, so die Autoren.

F+Newsletter – das Beste der Woche auf FAZ.NET

Samstags um 9.00 Uhr

ANMELDEN


Das Nationalstaatsgesetz von 2018 gesteht beispielsweise das Recht auf Selbstbestimmung allein dem jüdischen Volke zu, es schützt die jüdischen Siedlungen wegen ihres „nationalen Wertes“. Die Palästinenser hätten überall weniger Rechte als die jüdischen Israelis, seien Bürger zweiter Klasse, ob auf dem Gebiet des Staates Israel in den Grenzen von 1967, in Ostjerusalem, im Westjordanland oder in Gaza. Im Westjordanland, das unter israelischem Militärrecht steht, sei ein Drittel der Fläche einst privaten Landes der Palästinenser bereits konfisziert. Dort entstehen immer neue Siedlungen.

Selbst wenn bei vielen arabischen Regierungen Palästina nicht hoch auf der Agenda steht, belegen Meinungsumfragen, wie wichtig den meisten Arabern die Palästinafrage ist. Auch bei diesem Konflikt bewahrheitet sich die Erkenntnis, dass man auf Gewalt kurzfristig robust reagieren muss. Langfristig kann man ihr aber nur durch eine wirtschaftliche Entwicklung den Boden entziehen und die Abwärtsspirale drehen, indem die Menschen eine Perspektive haben. Immer mehr Palästinenser haben nichts zu verlieren und riskieren daher alles.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!