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#Wurde da wirklich überall Bier gebraut?

Wurde da wirklich überall Bier gebraut?

Über frühe archäologische „Bierfunde“ wird immer gerne berichtet. Was aber kann man aus Ihrer Sicht streng genommen genau aus den Spuren lesen?

Uwe Ebbinghaus

Martin Zarnkow: Was man analytisch gut herausfinden kann bei solchen vermeintlichen Bierfunden, sind die verwendeten Rohmaterialien. Dabei ist erstaunlich, wie lange sich manche erhalten haben: Getreide und andere Stärkelieferanten, Fruchtrückstände, Gewürze und so weiter. Desweiteren habe ich die Möglichkeit, über gewisse Indikatoren Prozesse abzulesen. Diese geben mir Hinweise, nicht aber saubere Beweise. Es würde mich daher freuen, wenn in diesen häufiger werdenden Publikationen über die nächste älteste Braustelle oder das nochmal ältere Bier – was mit der immer besser werdenden Analytik zusammenhängen mag -, mehr Vorsicht bei den Rückschlüssen angewandt würde. Aus den nachgewiesenen Rohstoffen folgt nicht immer, dass eindeutig ein fermentiertes, alkoholisches Getränk entstanden ist.

Was weiß man eigentlich genau über das früheste Bierbrauen? Lassen wir die Diskussion einmal beiseite, was früher da war – das Bier oder die Sesshaftwerdung, Genuss oder Landwirtschaft. Was ist aus Ihrer Sicht dran am Bierbrauen in der Höhle von Rakefet, Israel, deren Nutzung auf die Zeit vor 10.000 vor Christus datiert wird?

Wenn wir nicht nur vom Bier, sondern allgemeiner von Alkohol sprechen, kann man sich leicht vorstellen, dass wir Menschen lange vor der Sesshaftwerdung mit verrotteten Früchten in Berührung gekommen sind. Früchte begegneten einem im Jahr aber nicht so häufig. Das ist ein Nachteil von vergorenen Früchten gegenüber dem Bier: Letzteres konnte man das ganze Jahr über produzieren, denn die Vorprodukte, die ich ebenfalls nur einmal im Jahr ernten konnte, konnte ich lagern. Daher wird Bier auch bis heute in weitaus größeren Volumina erzeugt als Wein. Das allererste Bier kann ich mir ganz simpel als Zufall vorstellen: Getreide, egal welches, wird von einem Menschen in die Hand genommen und in ein Gefäß mit Wasser geworfen. Fertig, das ist alles. So simpel ist Bierbrauen. Ich habe ausreichend Enzyme darin, damit sich die Stärke löst und in Zucker verwandeln kann. Wenn die entsprechenden Hefen, es müssen schon die richtigen sein, auf dem Getreidekorn säßen oder gerade durch die Luft flögen, wäre das ein großer Zufall. Aber am menschlichen Körper befinden sie sich, wir Menschen haben Mikroorganismen an uns, die aus Zucker Alkohol herstellen können. Ich brauchte also für dieses allererste Bier weder zwangsläufig die Erfindung des Mälzens noch die des Schrotens. Beide Verfahren haben große Vorteile, aber es geht auch ohne. Das kann jeder zuhause nachmachen. Es funktioniert. Ich habe das schon oft ausprobiert.

Bier oder Brei? Was wurde in der Höhle von Rakefet aus Getreide produziert?


Bier oder Brei? Was wurde in der Höhle von Rakefet aus Getreide produziert?
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Bild: Wikimedia/Reuveny/ CC BY 3.0

Jetzt zur Höhle von Rakefet und der Natufien-Kultur. Man hat dort Gefäße gefunden, wunderbar. Man hat zweifelsfrei einen Hinweis auf Rohmaterialien gefunden; durch Analyse der Silikatreste kann ich die Pflanze bestimmen. Die Frage ist dann weiter, ob die gefundenen Stärkekörner schon eine Attacke von Enzymen erfahren haben – ist also die Stärke in den Körnern schon zu fermentierbaren Zuckern verarbeitet worden – durch vorangegangene Mälzung, Spucke, bestimmte Schimmelpilze oder ähnliches? Den Prozess, in dem diese Enzyme ihre Arbeit verrichten, nennen wir heute „Maischen“ – und auch der lässt sich nachweisen in der Höhle von Rakefet. Jetzt kommt aber die entscheidende Frage: Woher weiß man, dass dieses Produkt in Rakefet auch vergoren wurde? Denn wenn Zucker vergoren wurde, ist er nicht mehr da. Dann hat er sich in Ethanol, CO2 und Wärme verwandelt. Alles drei kann ich aber nicht mehr nachweisen. Die Wissenschaftler in Rakefet wollen unter dem Mikroskop anhand der wenigen Reste erkannt haben, dass eine längerfristige Verbindung mit Hefen stattgefunden hat. Und daran habe ich große Zweifel. Womit ich nicht sagen will, dass dort nicht Bier produziert worden sein kann. Es gibt sehr viele gute Gründe für dieses Getränk.

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