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#Zum Schwanenbraten bitte eine Extraportion Salzgurken

Zum Schwanenbraten bitte eine Extraportion Salzgurken

Die russische Küche beruht auf widerstandsfähigen Ingredienzen, die im osteuropäischen Kontinentalklima gedeihen, wie Buchweizen, Kohl, Knoblauch und Pilzen. Ihre Gerichte spiegeln aber zugleich die Ausdehnung des Landes nach Süden, Handelskontakte mit dem Westen sowie dem Imperium einverleibte Fremdkulturen, was die Speisekarte be­reicherte und traditionelle Rezepte überformte. Die in Toronto lehrende Historikerin Alison K. Smith, die der Esskultur des vorrevolutionären Russlands exemplarische Stu­dien gewidmet hat, veranschaulicht in ihrem jüngsten Buch „Cabbage and Caviar“ tausend Jahre russischer Geschichte durch das Prisma von Zwängen, Leiden und Freuden der Ernährung.

Das Buch vereint den historischen Panoramablick mit schönen Illustrationen, einem instruktiven Glossar, einer wissenschaftlichen Bibliographie sowie ausgewählten Rezepten zum Nachkochen. Smith lässt Geschichte anhand von Herausforderungen des Wetters, Hungersnöten, agrarwirtschaftlichen und kulinarischen Neuerungen gleichsam geerdet nacherleben. Außerdem berichtet sie zwar von Luxusmenüs – Schwanenbraten oder Ananas aus der Orangerie –, kehrt selbst jedoch dort ein, wo die mäßig begüterte Intelligenzia isst, in schlichten Restaurants, im häuslichen Freundeskreis oder in der Cafeteria der Moskauer Leninbibliothek.

Das Volk ernährte sich noch im neunzehnten Jahrhundert vor allem von Brot

Da es eine russische Mittelklasse die meiste Zeit nicht gab, berichten russische Autoren oder europäische Russlandreisende über Jahrhunderte von Schwarzbrot, der Krautsuppe Schtschi und Buchweizenbrei als frugal monotonen Hauptbestandteilen des nationalen Speisezettels. Dazu kamen Zwiebeln, Knoblauch sowie Pilze und Gurken, Letztere vorzugsweise mariniert. Der niederländische Russlandreisende Nicolaes Witsen, später ein Mentor von Zar Peter dem Großen, notierte im siebzehnten Jahrhundert, selbst moskowitische Hofköche würden Fleisch mit einer derartigen Menge von Zwiebeln, Knoblauch und Salzgurken zubereiten, dass es für Zungen wie die seine ungenießbar sei.

Alison K. Smith: „Cabbage and Caviar.“ A History of Foodin Russia.


Alison K. Smith: „Cabbage and Caviar.“ A History of Foodin Russia.
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Bild: Reaktion Books

Das Volk ernährte sich noch im neunzehnten Jahrhundert vor allem von Brot, vorzugsweise aus gesäuertem Roggenteig, das mit Salz bestreut und mit dem milchsauren Brotgetränk Kwass genossen wurde. Der britische Missionar und Russlandreisende Robert Pinkerton be­zeugte um 1830, dass schwer arbeitende Bauern und Soldaten praktisch von nichts anderem lebten. Eine Abwandlung noch bis in sowjetische Zeit war die Tjurja, wobei man Brotbrocken mit Kwass und etwas Leinöl begoss und mit Zwiebeln garnierte. Im Sommer war und bleibt Kwass die Grundlage für kalte Suppen mit Gurken und Dill (Okroschka) oder Rote-Bete-Blättern (Botwinja). Für Brei und Suppen war das geröstete Hafermehl Tolokno geschätzt, das derzeit eine Renaissance erlebt, ebenso wie für Salat und Suppen Löwenzahn, Brennnesseln und Sauerampfer.

Auf Adelsgütern wurden seit dem achtzehnten Jahrhundert auch Spargel, Artischocken und die erwähnte Ananas gezogen, weshalb der konservative Fürst Michail Schtscherbatow schon unter Katharina der Großen eine „Korruption“ der Elite durch ihren Hang zum Luxus anprangerte. Der gebildete Schtscherbatow war ein entschiedener Verteidiger der Leibeigenschaft, doch er war besorgt, dass die um sich greifende Mode eines anspruchsvollen Lebensstils die Hungergefahr auf dem Land verstärken würde.

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