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#„Zwang ist immer schwierig“

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„„Zwang ist immer schwierig““

Herr Hofmann, das Deutsche Kinderhilfswerk hat sich gegen eine Einführung eines sozialen Pflichtjahrs ausgesprochen, wie es Bundespräsident Steinmeier vorschlägt. Warum?

Ich habe selber ein Pflichtjahr gemacht, im Zivildienst. Ich kann nicht sagen, dass es für mich ein großes Drama war. Ich würde es auch nicht verteufeln und sagen, ein Pflichtjahr ist völlig indiskutabel. Es ist aber immer schwierig in der Gesellschaft, wenn man Dinge versucht über Zwang durchzusetzen. Man erreicht damit vielleicht diejenigen, die es sowieso gemacht hätten, die dafür ein Verständnis haben. Die anderen versuchen sich dem zu entziehen, spätestens bei der Umsetzung legen sie dann oftmals wenig Engagement an den Tag. Und man sollte, bevor man die Ultima Ratio wählt und ein Pflichtjahr einführt, erst einmal versuchen, die bestehenden Möglichkeiten des freiwilligen Engagements attraktiver zu gestalten. Dann wird man feststellen, dass man gar kein Zwangsinstrument braucht.

Sie sprechen vom ehrenamtlichen Engagement von Kindern und Jugendlichen. Auf welchen Feldern engagieren sich denn schon Kinder ehrenamtlich?

Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die sich schon früh engagieren, beispielsweise in einem Kinder- und Jugendparlament, in der Schülermitverwaltung, in Jugendverbänden. Und sie tun das ehrenamtlich und unentgeltlich, wie viele Erwachsene. Letztlich ist es beispielsweise in einem Fußballverein egal, ob es ein Jugendtrainer ist, der jüngere Kinder trainiert, oder ob das ein Erwachsener macht. Beides ist ehrenamtliches Engagement, und beides muss entsprechend gestützt und gefördert werden. Gerade bei Jugendlichen ist es so, dass das ehrenamtliche Engagement eine große Bedeutung für ihre soziale Entwicklung hat, für die Integration in die Gesellschaft. Wir haben in der Pandemie erlebt, dass viele Jugendliche noch nicht in ihrer sozialen Entwicklung so weiterkommen konnten, wie wir uns das wünschen. Hier kann ehrenamtliches Engagement viel bewirken.

Holger Hofmann ist Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks.


Holger Hofmann ist Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks.
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Bild: Henning Lüders/Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Aber bei der Idee, ein Pflichtjahr einzuführen, geht es ja nicht um Kinder in Kinderparlamenten und auch nicht um Jugendliche in Sportvereinen, sondern um junge Erwachsene, die mit der Schule fertig sind und an ein soziales Engagement herangeführt werden sollen.

Und genau da sagen wir, das muss nicht sein, weil wir so viele Möglichkeiten haben, das ehrenamtliche Engagement von jungen Menschen zu fördern, dass wir das nicht über ein Pflichtjahr absichern müssen. Wenn ich aber etwas zur Pflicht mache, dann schrecke ich die Jugendlichen ein Stück weit ab, respektive mache das unattraktiv.

Sie befürchten also, dass die Jugendlichen oder jungen Leute durch eine Verpflichtung verschreckt werden könnten. Aber Leute, die sich nicht von vornherein dafür interessieren, erreicht man auf freiwilliger Basis doch gar nicht, oder?

Man sollte nicht den Blick auf diejenigen richten, die man nicht erreicht, sondern auf diejenigen, die man erreicht. Und ich glaube, die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen lässt sich für ein freiwilliges ehrenamtliches Engagement erreichen. Und dann sollte man die fördern und unterstützen, anstatt alle anderen zu bestrafen.

Was müsste man denn dafür tun?

Wir haben zum Beispiel bei uns im Deutschen Kinderhilfswerk einen Kinder- und Jugendbeirat. Die Kinder kommen aus ganz Deutschland, müssen natürlich dann auch zu Veranstaltungen reisen. Da erleben wir, dass es für sie oft keine Freistellung von der Schule gibt, und wenn, dann nur mit viel Murren und Zerren. Oder zum Beispiel das ehrenamtliche Engagement von Erwachsenen, dafür gibt es eine Aufwandsentschädigung. Jugendliche im Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr dagegen bekommen nur etwa 400 bis 500 Euro im Monat, davon kann man nicht eigenständig leben. Da muss man rangehen, um das attraktiv genug zu gestalten. Bei einem Pflichtjahr wäre es im Übrigen genauso, das müsste man ja auch bezahlen. Wenn die jungen Menschen sagen könnten, okay, damit bin ich nicht weiter abhängig von meinen Eltern, würden das auch viel mehr Leute machen.

Laut einer aktuellen ARD-Umfrage sprechen sich etwa 80 Prozent der Älteren, aber nur 51 Prozent der jungen Erwachsenen für ein verpflichtendes soziales Dienstjahr aus. Was sagen Sie dazu?

Da sollte man ein bisschen vorsichtig sein und vielleicht mal schauen, was Jugendliche machen. Da ist vieles dabei, was wir zunächst nicht unbedingt als gesellschaftliches Engagement sehen, aber was man durchaus so bewerten muss, beispielsweise die Leute von „Fridays for Future“. Das ist für mich ein großartiges gesellschaftliches Engagement. Es gibt auch auch in den Vereinen viele, die sich zum Jugendgruppenleiter ausbilden lassen. Das nehmen wir alles ein bisschen zu selbstverständlich hin und sehen gar nicht, dass die Jugendlichen eigentlich schon viele Wege nutzen.

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