Allgemeines

#11 Bücher, Dokus und Podcasts zum Thema Rechtsextremismus

11 Bücher, Dokus und Podcasts zum Thema Rechtsextremismus

Ein Jahr ist es her, dass im hessischen Hanau ein 42-Jähriger in und vor zwei Shisha-Bars, einem Kiosk und einer Bar neun Menschen ermordete. Die Tat wurde als rechtsextremer Terrorakt aus rassistischen Motiven eingestuft, doch noch immer sind viele Details ungeklärt, die nicht nur die Tat selbst betreffen, sondern auch die Arbeit der Polizei in der Nacht sowie in ihrem Nachgang.

Was am 19. Februar 2020 passiert ist, ist unfassbar. Viel ist an anderer Stelle darüber geschrieben worden. Wenn uns dieser Tag eines deutlich gezeigt haben sollte, dann, welche Folgen es hat, dass wir rechten Netzwerken und Strukturen in Deutschland nicht mit der nötigen Radikalität entgegentreten. Das ist etwas, das uns alle betrifft, und es ist das Mindeste, dass wir uns damit auseinandersetzen – nicht nur an Tagen wie heute.

Deswegen möchten wir euch an dieser Stelle Bücher, Streams, Dokumentationen, Podcasts und Beiträge empfehlen, die das Thema Rechtsextremismus, die rechte Szene in Deutschland, rechte Strukturen in der Polizei und Rassismus allgemein thematisieren, und auch solche, die das Attentat von Hanau noch einmal konkret beleuchten, in den Fokus rücken und den Opfern und ihren Angehörigen eine Stimme geben.

1. „Wir sind hier“-Festival

Ein Jahr nach Hanau richtet das Literaturhaus Frankfurt das digitale Festival „Wir sind hier“ aus, bei dem sich Autor*innen mit der Frage auseinandersetzen: „Was tun, wenn der Staat keinen ausreichenden Schutz vor Rassismus bietet?“ Vom 18. bis 20. Februar könnt ihr online Gesprächsrunden und Vorträge verfolgen – mit dabei sind unter anderem Max Czollek, Hengameh Yaghoobifarah, Alice Hasters, Fatma Aydemir und Ronya Othmann. Tickets für die Streams bekommt ihr online für 10 (ganzes Festival) oder 5 Euro.⁠

2. Christian Fuchs, Paul Middelhoff: „Das Netzwerk der Neuen Rechten“

Für „Das Netzwerk der Neuen Rechten. Wer sie lenkt, wer sie finanziert und wie sie die Gesellschaft verändern“ haben Christian Fuchs und Paul Middelhoff recherchiert: Nach Stiftungen, Vereinen, Medien und Kampagnen, aus denen sich in ganz Deutschland ein einflussreiches Netzwerk der Neuen Rechten spannt und das geschickt darin ist, sich im Untergrund auszubreiten. Für das Buch sind sie durch Deutschland und Europa gereist und haben die wichtigsten Protagonisten der Szene getroffen: Geheime Spender in der Schweiz, AfD-Politikern, der Identitären Bewegung und den Chef von Deutschlands erfolgreichster Hetzseite. Was dabei herausgekommen ist, zeigt, wie die wie die Neue Rechte versucht, mit Hilfe von Internet-Plattformen, Buschenschaften, Verlagen und Verbindungen zur AfD gesellschaftliche Mitte zu übernehmen – mit schockierendem Erfolg.

3. Max Czollek: „Desintegriert euch!“

Zwei grundsätzliche Annahmen, die in Deutschland lange Zeit nicht hinterfragt zu werden schienen: Deutschland hat seine Geschichte mit dem Antisemitismus wahnsinnig gut aufgearbeitet. Und: Integration ist das Schlüsselwort für eine funktionierende Gesellschaft. In seiner Streitschrift von 2018 macht Lyriker und Essayist Max Czollek seinem Ärger über diese Umstände Luft und zeichnet ein Bild dessen, was er als als „Integrationstheater“ bezeichnet. Sein Gegenaufruf lautet: „Desintegriert euch!“

4. „Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen“ (ARD-Mediathek)

Die Doku „Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen“ könnt ihr jetzt in der ARD-Mediathek ansehen. Darin kommen Überlebende und Angehörige zu Wort und berichten zunächst, wie sie die Tatnacht am 19. Februar 2020 erlebt haben – und die Tage und Monate danach, in denen immer deutlicher wurde, dass hinter der Arbeit der Polizei und der Behörden in diesem Fall noch immer große Fragezeichen stehen. In 46 Minuten zeigt diese Reportage eindrücklich, wie die Angehörigen der Opfer seit einem Jahr um das Andenken ihrer Kinder, Geschwister oder Freund*innen kämpfen und sich dafür einsetzen, dass das Geschehe richtig aufgeklärt wird.

5. „190220 – Ein Jahr nach Hanau“ (Spotify Original Podcast)

Auch ein Jahr nach den Morden von Hanau stehen wir noch immer am Anfang damit, zu verstehen, was in der Nacht des 19. Februar 2020 passiert ist. Der neue Podcast „190220 – Ein Jahr nach Hanau“ versucht nun, einen Beitrag darin zu leisten, die Geschehnisse aufzuarbeiten: Journalistin Sham Jaff und Reporterin Alena Jabarine rekonstruieren Folge für Folge die Tat, sprechen mit Angehörigen, werfen einen Blick in die Akten – und zeigen auf, dass Hanau kein Einzelfall war.

6. „Rechts. Deutsch. Radikal.“ (Thilo Mischke | ProSieben)

Wenn eine Dokumentation, die zur Primetime auf ProSieben läuft, so viel Aufsehen erregt, ist das schon etwas Besonderes: Und genau das kann man von der Doku „Rechts. Deutsch. Radikal.“ wohl behaupten, denn damit hat Thilo Mischke es immerhin geschafft, dass in Folge ihrer Ausstrahlung ein hochrangiger AfD-Politiker sein Amt räumen musste. 18 Monate recherchierte Thilo Mischke, sprach mit Anhänger*innen der rechten Szene, Parteimitgliedern der AfD, rechten YouTubern und denen, die sich gegen sie stellen.

7. Fatma Aydemir, Hengameh Yaghoobifarah (Hrsg.): „Eure Heimat ist unser Albtraum“

„Heimat“ – was soll das sein, wenn man in dem Land, in dem man lebt, stets nicht nur als Außenseiter wahrgenommen wird, sondern gar als Bedrohung? Wie viel Vertrauen besteht nach dem NSU-Skandal noch in die Sicherheitsbehörden? Was bedeutet es, sich bei jeder Krise im Namen des gesamten Heimatlandes oder der Religionszugehörigkeit der Eltern rechtfertigen zu müssen? Und wie wirkt sich Rassismus auf die Sexualität aus? 14 deutschsprachige Autor*innen liefern zu diesen Fragen in „Eure Heimat ist unser Albtraum“ ihre Perspektive, darunter Max Czollek, Mithu Sanyal und Margarete Stokowski.

8. Aiko Kempen: „Auf dem rechten Weg? Rassisten und Neonazis in der deutschen Polizei“

Rechte Strukturen in der Polizei – ein Thema, dem langsam endlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Sind Fälle von Rassismus und Rechtsextremismus tatsächlich nur Ausnahmen? Dieser Frage geht Aiko Kempen nach und recherchiert. Dafür interviewte er aktuelle und ehemalige Polizist*innen, Polizeiforscher und Ausbilder, besuchte Polizeischulen, war bei Einsatztrainings mit dabei, verfolgte Gerichtsprozesse gegen Polizisten – und macht deutlich, warum es so wichtig ist, offen über rechte und rassistische Tendenzen in der Polizei zu sprechen.

9. „Terroranschlag Hanau: Ich sah meine Freunde sterben“ (follow me.reports)

Piter gehört zu den Überlebenden des Anschlags in Hanau: Er war mit seinen Freund*innen in einer der Bars und dabei, als insgesamt neun Menschen ermordet wurden – unter ihnen seine engsten Freund*innen. Moderatorin Aminata hat sich mit ihm getroffen und mit ihm darüber gesprochen, wie es ihm heute geht. In dem 20-minütigen Beitrag von follow me.reports besuchen die beiden gemeinsam die Orte, an denen der Terroranschlag im Februar 2020 stattfand, und die Initiative “19. Februar 2020 Hanau”, die die Aufklärung des Falls fordert. 

10. Hengameh Yaghoobifarah: „Ministerium der Träume“

Das zauberhafte Romandebüt von Hengameh Yaghoobifarah, „Ministerium der Träume„, macht die Dimensionen von rechtsextremer Gewalt im Leben von Menschen mit migrantischer Identität greifbar. Mittelpunkt der Handlung steht Nas, an deren Tür plötzlich Polizeibeamte klingeln, um ihr mitzuteilen, dass ihre Schwester Nushin tot ist. Nas ist überzeugt: Ihre Schwester hat sich umgebracht. Sie beginnt zu erzählen, was sie gemeinsam mit ihr erlebt hat: Migration nach Deutschland, Verlust des Vaters, eine emotional abwesende Mutter, die ungeplante Schwangerschaft von Nushin. Da war offenbar viel, was die beiden verbunden hat. Der Roman erzählt von tiefer Geschwisterliebe – aber auch von rechtsextremer Gewalt. Was die ganze Geschichte durchzieht: Die Ungerechtigkeit, die der Alltag in Deutschland für Menschen bedeutet, die von der Mehrheitsperspektive ausgeschlossenen sind. 

11. Max Czollek: „Gegenwartsbewältigung“

In „Gegenwartsbewältigung“, das im Herbst 2020 erschienen ist, spinnt Max Czollek sein Modell für eine veränderte Gegenwart weiter: Nachdem es in „Desintegriert euch!“ viel um das Selbstverständnis der Deutschen (in Zeiten vor der Corona-Krise) ging, widmet sich sein neuer Essay der Frage: Wie muss sich die Gesellschaft wandeln, damit Menschen gleichermaßen Solidarität erfahren? Welche liebgewonnenen Überzeugungen müssen wir alle dafür aufgeben? Wie kann in einer fragmentierten Welt die gemeinsame Verteidigung der pluralen Demokratie gelingen?

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Allgemeines besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!