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#25 Euro kalt mit Möbeln

Eine Dreizimmerwohnung in einem Altbau in Berlin-Wilmersdorf: Für 25,70 Euro Kaltmiete je Quadratmeter ist sie zu haben – allerdings nur, wenn man keine eigenen Möbel mitbringen will; die Wohnung ist voll möbliert. Zwei Zimmer in einem ehemaligen Bürogebäude in Frankfurt-Niederrad mit Einbauküche: 18 Euro je Quadratmeter kalt. Vier Zimmer in einem Vorort von Stuttgart, für immerhin nur 11 Euro kalt, aber der Nachmieter muss alle Böden einschließlich der im Bad selbst erneuern: Wer auf einem der einschlägigen Immobilienportale in einem der Ballungszentren eine Wohnung sucht, muss sich auf Einiges gefasst machen. Bezahlbare Wohnungen sind weiter Fehlanzeige, entgegen allen anderslautenden Versprechungen der Politik.

Vieles deutet daraufhin, dass sich die Lage noch verschärfen wird. Nur 295.300 Wohnungen wurden 2022 fertig. Die von der Bundesregierung erhoffte Zahl von 400.000 ist nach wie vor weit entfernt. Zugleich wuchs die Einwohnerzahl im vergangenen Jahr um mehr als eine Million, vor allem wegen der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Und das, was noch gebaut wird, entsteht zu Preisen, die sich selbst Haushalte aus der Mittelschicht kaum noch leisten können.

„Das ist einfach nur schrecklich“

Die Folgen der gestiegenen Bau- und Zinskosten rechnete der Gesamtverband der deutschen Wohnungswirtschaft (GdW) am Montag vor: Vor zwei Jahren habe man eine Neubauwohnung in angespannten Wohnungsmärkten noch für knapp 11 Euro anbieten können, inzwischen seien es mehr als 18 Euro. Allein innerhalb der vergangenen zwölf Monate seien die Neubaukosten um 15 Prozent gestiegen. „Das hat es in der Geschichte noch nie gegeben“, sagte Präsident Axel Gedaschko. „Das ist einfach nur schrecklich.“

Ein Aufreger unter Wohnungssuchenden sind die vielen möblierten Angebote. Solche Wohnungen werden in der Regel zu deutlich höheren Preisen angeboten als unmöblierte. Es geht also längst nicht mehr nur um einen Nischenmarkt, sondern um einen wesentlichen Teil des Angebots. In den vergangenen neun Jahren sei deshalb der Anteil der möblierten Wohnungen an den Inseraten um 45 Prozent gewachsen, heißt es in einer Studie des Beratungsunternehmens Oxford Economics, die das Bundesjustizministerium in Auftrag gegeben hat. Das FDP-geführte Ministerium wollte herausfinden, ob dieser Bereich weiter reguliert werden muss.

Der Studie zufolge betraf im vergangenen Jahr jedes vierte Inserat (27 Prozent) eine möblierte Wohnung. Das allerdings liege nicht daran, dass sich das Verhältnis auch im tatsächlichen Markt verschiebe, heißt es in der 132 Seiten langen Untersuchung, die der F.A.Z. vorliegt. Vielmehr verschwänden immer mehr unmöblierte Wohnungen aus den Inseraten. Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass diese Mietwohnungen zunehmend an Freunde, Bekannte oder Mieter auf einer Warteliste weitergegeben würden, ohne inseriert zu werden. Infolgedessen habe der Anteil von möblierten Mietwohnungen an der Zahl der inserierten Mietwohnungen deutlich zugenommen.

Woher kommt der „Miet-Wahnsinn“ bei möblierten Wohnungen?

Das Immobilienportal Immoscout 24 schlug dagegen im März unter dem Titel „Miet-Wahnsinn bei möblierten Wohnungen“ Alarm. In den fünf größten Metropolen sei im Durchschnitt mehr als jedes dritte Angebot möbliert. Noch dazu stiegen die Mieten in diesem Bereich deutlich stärker als für unmöblierte Wohnungen. In Berlin gebe es sogar mehr möblierte Angebote als unmöblierte. Das Portal machte dafür zumindest zum Teil die Mietpreisbremse verantwortlich, die in Gegenden mit angespannter Wohnungslage den Anstieg deutlich dämpfen soll.

Die Rechtslage selbst kann jedoch nur eingeschränkt damit zu tun haben, denn grundsätzlich gilt die Mietpreisbremse auch für möblierte Wohnungen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine Wohnung vorübergehend vermietet wird. Darüber komme es allerdings immer wieder zu Missverständnissen, was unter anderem an der unklaren Rechtslage liege, wann ein Gebrauch nur vorübergehend sei. Außerdem sei es schwierig, die ortsübliche Miete im möblierten Bereich zu ermitteln, heißt es in der Oxford-Economics-Studie. Womöglich gebe es in diesen Bereichen einen Ansatzpunkt, die Regeln nachzujustieren, heißt es aus Kreisen des Bundesjustizministeriums.

Die Nachfrage nach möblierten Wohnungen steigt

Darüber hinaus sieht man jedoch keinen Handlungsbedarf. Es gebe keine Indizien dafür, dass die Mietpreisbremse zu einer systematischen Umwandlung von Leerwohnungen in möblierte Mietwohnungen geführt habe. Die Untersuchung widerlege damit eine im politischen und öffentlichen Raum verbreitete Annahme. Zudem gebe es auch eine deutlich steigende Nachfrage nach möblierten Wohnungen. Ein Drittel der Interessenten suche gezielt nach möblierten Angeboten. Insgesamt wohnten 2022 rund 14 Prozent der Mieter in Deutschland in solchen Apartments. Statt neuer Regelungen schließt die Studie mit einer Empfehlung zur Erhöhung des Wohnungsangebots durch Wohnungsneubau. Eine plausible Empfehlung, findet das Ministerium.

Die Appelle an Bundesjustizminister Marco Buschmann dürften trotzdem nicht verstummen. Er müsse seine „Blockade“ aufgeben und den Schutz der Mieter beispielsweise gegen Mietwucher verbessern, hieß es erst vergangene Woche vom Deutschen Mieterbund. Die Umgehung der Mietpreisbremse sei ein großes Problem. Inzwischen müssten 3,1 Millionen Mieterhaushalte mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben. Weitere 4,3 Millionen zahlten zwischen 30 und 40 Prozent. Zusammen entspreche das einem Drittel der Mieterhaushalte.

GdW-Präsident Axel Gedaschko sagte, eine „Politik von Glaube, Liebe und Hoffnung“ werde die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen. Er plädierte dafür, die staatliche Förderung zu erhöhen und die Baustandards zu senken, um den Bau neuer Wohnungen wieder attraktiver zu machen. „Hier hat sich etwas komplett verselbständigt“, sagte er. Ein Vorbild sei Österreich. „Das Land hat jede Menge DIN-Normen rausgekegelt.“

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