#Vor der Wahl in Sachsen-Anhalt: Hoffen auf den Tesla-Effekt
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„Vor der Wahl in Sachsen-Anhalt: Hoffen auf den Tesla-Effekt“
Als kürzlich eine Umfrage die AfD in Sachsen-Anhalt nicht hinter, sondern knapp vor der CDU sah, ging ein Raunen durchs Land. Könnten die Rechtspopulisten es in der Landtagswahl kommenden Sonntag tatsächlich schaffen, zur stärksten politischen Kraft aufzusteigen? Ausgeschlossen ist das nicht. Zwar deuten die meisten Umfragen darauf hin, dass Ministerpräsident Reiner Haseloff abermals die Regierung anführen kann. Doch die Vergangenheit hat auch gelehrt, dass der Balken der AfD im Lauf eines Wahlabends eher größer als kleiner wird.
Wie vielerorts in Ostdeutschland gelingt es der Partei, die Stimmen der Unzufriedenen für sich zu gewinnen. Das gilt vor allem für den industriell geprägten Süden Sachsen-Anhalts, der seit der Wiedervereinigung wirtschaftlich ein rasantes Auf und Ab durchlebt.
Erst gingen Zehntausende Arbeitsplätze in den Kohle- und Chemiekombinaten verloren und trieben die Arbeitslosenquote des Landes zeitweise auf mehr als 20 Prozent. Dann kam der mit staatlichen Fördermitteln angeheizte Boom der Solarindustrie, welcher der Region den Namen „Solar Valley“ verlieh. Doch die günstigere Konkurrenz aus China setzte dem schnell wieder ein Ende. Nun steht den Menschen mit dem Kohleausstieg der nächste Strukturwandel bevor.
Kohleausstieg nicht nur ein Verlustgeschäft
Das ist die eine Geschichte, die sich über Sachsen-Anhalt erzählen lässt. Die andere geht so: In Bitterfeld-Wolfen produziert der Pharmakonzern Bayer das Kopfschmerzmittel Aspirin für den Weltmarkt. In Freyburg hat der größte Sekthersteller Deutschlands seine Zentrale: Rotkäppchen-Mumm. Das Unternehmen ist eines der – zugegeben wenigen – Beispiele dafür, dass nicht nur DDR-Betriebe von westdeutschen Konkurrenten geschluckt wurden, sondern es auch den umgekehrten Fall gab.
In Dessau-Roßlau wiederum sitzt ein Unternehmen, das in der Pandemie besonders gefragt ist: Der Impfstoffhersteller IDT Biologika produziert aktuell das Corona-Vakzin von Johnson & Johnson, danach steht der Auftrag für den Dengue-Impfstoff des japanischen Unternehmens Takeda an.
Auch die Abkehr Deutschlands von fossilen Energieträgern wie der Kohle ist für Sachsen-Anhalt nicht nur ein Verlustgeschäft. Das chinesische Batterieunternehmen Farasis will von 2022 an in Bitterfeld-Wolfen Batterien für Elektroautos bauen. 600 Arbeitsplätze sollen in der ersten Ausbaustufe entstehen, langfristig könnten es bis zu 2000 werden.
Auch in einigen der lange Zeit leer stehenden Hallen an der Sonnenallee kehrt wieder Leben ein. Weil auch in China die Ingenieure teuer werden und die nochmals verschärften Klimaziele den Bedarf an Erneuerbaren erhöhen, versucht sich das Unternehmen Meyer Burger an einem Comeback der Solarindustrie in Deutschland. Noch ist nicht gesagt, ob sich der erhoffte technische Vorsprung gegenüber den Asiaten tatsächlich halten lässt. Aber einen Versuch ist es wert.
So pragmatisch, wie Haseloff die vor fünf Jahren aus Mangel an Alternativen geschlossene schwarz-rot-grüne Koalition führt, entwickelt er auch die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt weiter. Zwar konnte sich das benachbarte Brandenburg mit Tesla eine ungleich prestigeträchtigere Unternehmensansiedlung sichern.
Werktags um 6.30 Uhr
Doch dabei spielte die Nähe zu Berlin eine große Rolle. Auch wenn Halle und Magdeburg unter Studenten beliebt sind – so groß ist die Anziehungskraft dieser Städte für Unternehmen und Fachkräfte dann doch (noch) nicht. Der Plan, was mit den 4,8 Milliarden Euro Strukturhilfe für den Kohleausstieg geschehen soll, könnte allerdings schon konkreter sein. So sinnvoll es ist, in Forschungsinstitute und bessere Bahnverbindungen zu investieren – das allein wird kaum ausreichen, um den Verlust an Wirtschaftskraft auszugleichen und mehr junge Menschen in Sachsen-Anhalt zu halten.
Weitere Optionen neben „Kenia-Koalition“?
Leider zieht sich durch den aktuellen Wahlkampf eine gewisse Inhaltsleere. Für viele Kandidaten scheint ihr Name Programm genug zu sein; wer sich doch an einer Vision versucht, appelliert ähnlich wie die AfD an das Heimatgefühl der Menschen oder will „Nazis stoppen“. Die Parteien der Mitte sind erkennbar in der Defensive, was auch mit den Corona-Beschränkungen zu tun hat, die in Ostdeutschland mehr als anderswo auf Widerstand stoßen.
Dass Haseloff schneller und großzügiger lockert als andere Länderchefs – wer in den Biergarten oder ins Freibad will, braucht keinen negativen Test mehr –, dürfte auch mit dem näher rückenden Wahltermin zu tun haben.
Der Wunsch vieler Bürger nach mehr Freiheiten hilft auch der FDP, die in den Umfragen seit einigen Wochen deutlich über der Fünfprozenthürde liegt. Hält dieser Trend an, würde das für Haseloff neben der „Kenia“-Koalition weitere Optionen öffnen – vorausgesetzt, er erhält von den Wählern den Auftrag, auch die nächste Regierung zu bilden.
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