Nachrichten

#Warum andere Fabriken nicht einfach Corona-Impfstoff herstellen können

Warum andere Fabriken nicht einfach Corona-Impfstoff herstellen können

In dieser Woche will die europäische Arzneimittelagentur über den Corona-Impfstoff des amerikanischen Pharmakonzerns Moderna entscheiden. Bislang ist nach wie vor nur die Impfung der Partner Biontech und Pfizer zugelassen – was den Mangel an benötigten Dosen umso deutlicher werden lässt. Der Produktionsausbau hätte stärker gefördert werden müssen, lautet ein Kritikpunkt. Dabei wird allerdings verkannt, wie komplex, aufwendig und mitunter langwierig die Produktion von Impfstoffen ist – und wie viele Unternehmen und Partner daran beteiligt sind.

Ilka Kopplin

„Impfstoffherstellung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der Arzneimittel-Produktion überhaupt. Sie braucht immer einen intensiven technischen Vorlauf. Da geht nichts auf Zuruf“, sagte Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller, der F.A.Z. Das gelte insbesondere dann, wenn es um komplett neue Produkte gehe – wie im Falle der Corona-Impfstoffe.

Der Standort Deutschland spiele in der Produktion von Impfstoffen schon jetzt eine ungewöhnlich starke Rolle, sagt Steutel. „Denn überall in Deutschland werden Herstellungskapazitäten hochgefahren: in Mainz, Idar-Oberstein, Marburg, Laupheim, Dessau, Brehna und Tübingen“. Allerdings handelt es sich bei der Produktion um global vernetzte Prozesse. Oft werden nicht alle Schritte an einem Standort durchgeführt. Auch braucht es je nach Impfstoff verschiedene Komponenten, die teils woanders hergestellt und zugeliefert werden.

Steutel sagt: „Wir setzen in Deutschland natürlich auch Impfstoffe ein, die andernorts produziert wurden, und die hiesigen Betriebe produzieren auch für andere Länder.“ So soll ein noch in der Entwicklung befindlicher Impfstoff von Sanofi zwar im Frankfurter Werk Höchst abgefüllt und verschickt werden, die Produktion des Präparats findet aber an anderen Standorten statt.

Komplexe Zusammenarbeit bei der Impfstoffherstellung

Der Mainzer Hersteller Biontech hat sich mit dem amerikanischen Konzern Pfizer schon im Frühjahr einen Partner für Produktion und Vertrieb gesucht. In diesem Jahr, so lautet das bislang ausgegebene Ziel, wollen sie gemeinsam bis zu 1,3 Milliarden Dosen des Impfstoffs herstellen. Pfizer nutzt dafür mehrere Werke in Amerika sowie einen Standort im belgischen Puurs, an dem abgefüllt und verschickt wird.

Im September hatte Biontech zudem zusätzlich zu den Standorten in Mainz und Idar-Oberstein ein Werk des Schweizer Pharmakonzerns Novartis in Marburg übernommen und will dort Anfang Februar mit der Produktion beginnen. Was sich so anhört, als müssten nur Maschinen umgestellt werden, ist weitaus komplexer. Vor Ort musste umgebaut werden. Zudem wurden spezialisierte Maschinen installiert. In Zukunft sollen dort bis auf die Abfüllung alle Schritte der Herstellung stattfinden.

Der Mainzer Hersteller Biontech suchte mit dem amerikanischen Konzern Pfizer schon im Frühjahr einen Partner für Produktion und Vertrieb.


Der Mainzer Hersteller Biontech suchte mit dem amerikanischen Konzern Pfizer schon im Frühjahr einen Partner für Produktion und Vertrieb.
:


Bild: dpa

Biontech nutzt für den Impfstoff die Botenstoffe mRNA, die derzeit am Stammsitz in Mainz sowie in Idar-Oberstein hergestellt werden. Das Unternehmen Rentschler Biopharma in Laupheim wiederum wird für die Reinigung hinzugezogen, um Rückstände zu entfernen. Das Unternehmen Polymun und die deutsche Firma Demapharm betten die Botenstoffe mRNA dann in einem weiteren Schritt in sogenannte Lipidnanopartikel ein. Das Unternehmen Siegfried aus Hameln wiederum füllt die fertigen Impfstoffe ab.

Hohe Standards bei der Zulassung

Der Produktionsprozess von Impfstoffen unterliegt grundsätzlich schon hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards, muss mehrere Prüfungen bestehen und zertifiziert werden, da Impfstoffe üblicherweise an gesunde Menschen verabreicht werden. Im Falle der Hersteller Biontech, Moderna und Curevac kommt hinzu, dass es sich dabei um sogenannte mRNA-Impfstoffe handelt, deren Technologie zuvor noch nie zugelassen worden war.

Zudem haben die Hersteller bislang auch noch nicht über eine eigene Produktion im Industriemaßstab verfügt. Moderna hatte deshalb frühzeitig verschiedene Auftragsfertiger als Partner gewonnen, beispielsweise Lonza in der Schweiz. Auch der Tübinger Hersteller Curevac, bei dem der deutsche Staat im Sommer eingestiegen war, schließt Verträge mit unterschiedlichen Partnern, unter ihnen ist Wacker Chemie. Auch in Mainz bei Biontech ist man mit weiteren Auftragsfertigern in Verhandlungen, um die Produktion noch stärker als bisher geplant auszubauen. Doch auch bei Auftragsfertigern läuft die Produktion schon auf Hochtouren und die Kapazitäten dort sind knapp.

Komplett neue Impfstoffproduktionen auf der grünen Wiese sind derweil auch keine Lösung – sie bedürfen Jahre der Planung. Curevac hatte schon vor einer Weile mit dem Aufbau einer größeren Anlage begonnen, von 2022 an soll dort produziert werden. Dabei spielt die Finanzierung zwar auch eine Rolle, allerdings sind es vielmehr die Prozesse, die ihre Zeit brauchen. „Selbst mit maximaler Unterstützung von allen Seiten kann ein Unternehmen ein neues Werk nicht beliebig schnell errichten. Es geht schließlich um Präzisionsproduktion mit Hightech-Anlagen“, sagt Steutel.

Das beginne mit dem Gebäude, zudem benötige es Spezialmaschinen. „Danach muss ihre Umweltverträglichkeit ebenso überprüft werden wie die Zuverlässigkeit, mit der sie den benötigten Impfstoff keimfrei und mit engen Fertigungstoleranzen herstellen. Erst dann kann die Belieferung aus diesem Werk gestattet werden.“ Aktuelles Beispiel: Der japanische Hersteller Takeda feierte im vergangenen November den Spatenstich für eine Wirkstoff-Anlage in Singen für einen Denguefieber-Impfstoff. Die Produktion soll 2025 beginnen.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!