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#Alle acht Opern von Bedřich Smetana in Ostrava

Vor 200 Jahren wurde Bedřich Smetana geboren. Das Mährisch-Schlesisches Nationaltheater in Ostrava zeigt dessen komplette acht Opern im März und im Mai. Das Ergebnis ist herzerwärmend.

Es ist eine enorme Weite von Erinnerungen und Gefühlen, die Bedřich Smetana in seinen Kompositionen aufruft, und nirgendwo wird sie deutlicher als in jenen beiden Werken, die ihn, weit über seine tschechische Heimat hinaus, zu einem Welt-Komponisten gemacht haben: „Má vlast“, der sechsteilige Orchesterzyklus vaterländischer Vergangenheitsbeschwörungen, die im Moment des Erklingens zur pulsierenden, herzöffnenden Gegenwart werden; und seine „Verkaufte Braut“, eine der wenigen heiteren Opern des 19. Jahrhunderts, die auf annähernd gleicher Höhe mit Mozarts da-Ponte-Vertonungen spielen.

Hier sind die Seelenflügel so weit ausgespannt, dass man, wenn es eben nicht gerade Smetana wäre, kaum eine Verbindung von einem Pol zum anderen sehen könnte. Doch genau das macht ihn besonders: wie im raunenden Aufruf verflossener, nicht selten leidvoller Zeiten – neben dem „Vaterlands“-Zyklus vor allem in den monumentalen Nationalopern „Dalibor“ und „Libussa“ – immer auch deftige wie unversiegbare, sich aus heimatlicher Landschaft und ihrem Brauchtum speisende Klänge unversiegbarer Lebenskraft mitspielen; während in den vordergründig fast naiven Bilderbögen wohlhabender Kirchdörfer und kleiner Landadelshäuser, die seine heiteren Opern entfalten, immer eine durch Jahrhunderte gewachsene Traditionssicherheit die unverrückbare Grundlage bildet. Die mag, wenn sie zum Dogma wird, sogar karikaturistisch ausgeleuchtet werden – sie bildet dennoch einen Generalnenner, in den am Ende alle Verwerfungen und Konflikte eingehen und sich auflösen lassen.

Wer das über mehr als zwanzig Stunden hin unmittelbar erleben will, kann sich auf den Weg nach Ostrava machen. Das dortige Mährisch-Schlesische Nationaltheater hat seit 2014 alle acht Opern Smetanas einstudiert und bringt sie nun in zwei kompakten Komplettserien zur Aufführung. Die erste begann am 2. März zur 200. Wiederkehr seines Geburtstages; die zweite wird am 12. Mai enden, dem Datum seines 140. Todestages. Dass hier fast ausschließlich tschechische Muttersprachler zugange sind, verbürgt dabei mehr als nur idiomatische Authentizität; es schafft auch jene Grundstimmung warmherzigen Einvernehmens, die noch kurios-skurrile Randfiguren einzugemeinden vermag wie den ständig räsonierenden, ordnungswütigen Wildhüter Mumlal in den „Zwei Witwen“ (František Zahradníček) und manchmal selbst Nebenfiguren wundersam aufleuchten lässt wie beim entzückenden, taufrischen Lerchenlied einer jungen Dienstmagd (Marta Chila Reichelová) im „Kuss“.

Ein so qualitätsbewusster Kollege wie Gustav Mahler liebte gerade dieses innige Kammerstück und ließ sich das Material dafür – wie auch das zum „Geheimnis“ – nach Wien liefern. An die Hofoper gelangten beide letztlich doch nicht, dafür aber (neben der schon vor Mahler im Repertoire etablierten „Verkauften Braut“) „Dalibor“, den er gleich als zweite Premiere nach Amtsantritt ansetzte und am Ende seiner Ära öfter dirigiert hatte als beispielsweise den „Fidelio“ und sämtliche Wagner-Opern außer den „Tristan“. Richard Strauss wiederum schätzte die „Zwei Witwen“, wo Smetana ein Konversationsstück ohne Verlust der humoristischen Pointen in eine stillere und gefühlsinnigere Geistes- und Klangwelt transponiert.

Getragen wird diese Metamorphose vor allem von den beiden weiblichen Titelgestalten, in Ostrava verkörpert durch die jugendfrisch agile Soňa Godarská und die dramatischer und gespannt-forcierter, aber auch warmstimmiger angelegte Veronika Rovná – beide auch noch in weiteren Aufführungen intensiv beschäftigt, letztere besonders eindringlich in der weiblichen Hauptrolle der „Kuss“-Oper.

Marek Šedivý dirigiert straff und temperamentvoll

Den tenoralen Gegenpart lieferte öfter Martin Šrejma, in den „Witwen“ ebenso pointensicher parlierend wie lyrisch schmelzend; der nobel-kernige Bariton Svatopluk Sem (im „Kuss“) oder der spannungsreich eindringliche Mezzoso­pran Anna Nitrovás (vor allem als Róza im „Geheimnis“) liefern weitere Beispiele prägender Sammlungspunkte innerhalb eines beeindruckend differenzierungskräftigen Ensembles, grundiert vom allezeit straff und temperamentvoll agierenden Hausorchester unter den Dirigenten Marek Šedivý und Jakub Klecker und dem besonders darstellerisch überzeugenden Chor, der vor allem im „Geheimnis“ zu einem wesentlichen Handlungsträger wird.

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