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#Antisemitismus-Experten wollen sich nichts vorschreiben lassen

„Antisemitismus-Experten wollen sich nichts vorschreiben lassen“

Das neue Gremium zur fachwissen­schaft­lichen Begleitung der Documenta 15 hat unmittelbar nach seiner Einbe­rufung am Montag scharfe Kritik an dem vorläufigen Geschäftsführer der Weltkunstausstellung, Alexander Farenholtz, geübt. Er hatte das Amt von Sabine Schormann übernommen, nachdem diese wegen ihres Umgangs mit Antisemi­tismusvorwürfen ausgeschieden war.

Die Kritik betraf zunächst vor allem ein Werk des Künstlerkollektivs Taring Padi, das kurz nach der Eröffnung der Documenta im Juni abgehängt wurde. Wie be­richtet, tauchten in der Broschüre „Pre­sence des Femmes“ noch weitere Motive mit antisemitischer Bildsprache auf. Dass sie weiterhin gezeigt werden, hatte Farenholtz in Interviews verteidigt.

Vor diesem Hintergrund ließen der Kasseler Oberbürgermeister Christian Ge­selle (SPD) und die hessische Kunstministerin Angela Dorn (Die Grünen) am Montag eine Liste mit sieben Wissenschaftlern verbreiten, an deren Spitze die Frankfurter Professorin für Internationale Beziehungen, Nicole Deitelhoff, steht. Sie führt gleichzeitig die Geschäfte der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.

Hinzu kommen die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, die Frankfurter Antisemitismusforscherin Julia Bernstein und die Psychologin Marina Chernivsky. Sie gehört dem Gremium an, das die Bundesregierung im Kampf gegen Antisemi­tismus berät. Berufen wurden außerdem Peter Jelavich, Historiker der Johns Hopkins University, Christoph Möllers, Jurist der Berliner Humboldt-Universität, und Facil Tesfaye von der Universität Hongkong.

Jüdische Ge­meinschaft empfinde Präsentation antisemitischer Werke und Umgang damit zu Recht als bedrohlich

Die Wissenschaftler sind künftig für die erste Bestandsaufnahme der Abläufe, Strukturen und Rezeptionen rund um die Documenta verantwortlich. Außerdem sollen sie mögliche weitere antisemitische Werke und bereits als antisemitisch identifizierte Stücke analysieren. Berufen wurde das Gremium vom Aufsichtsrat und den Gesellschaftern der Weltkunstausstellung. Das sind Vertreter des Landes Hessen und der Stadt Kassel. Ihnen legt das Gremium seine Beratungsergebnisse und Positionen vor. Danach sollen alle weiteren Beteiligten in einen Dialog darüber eintreten. „Die künstlerische Freiheit ist gewahrt, die ku­ratorische Verantwortung ist und bleibt explizite Aufgabe der künstlerischen Leitung Ruangrupa“, heißt es weiter in der Pressemitteilung vom Montag.

Man erwarte, dass unter Berücksich­tigung der Kunstfreiheit Hinweisen auf mögliche antisemitische Bildsprache und Beförderung von israelbezogenem Antisemitismus nachgegangen werde, so der Aufsichtsratsvorsitzende Geselle. Seine Stellvertreterin Dorn hält fest, dass die mehrfach gesichteten antisemitischen Mo­tive die ungebrochene Aktualität und Reproduktion von Antisemitismus belegten. „Die fachwissenschaftliche Analyse weiterer Werke im Hinblick auf antisemitische Motive wird schon in den kommenden Wochen für uns Gesellschafter wichtig sein.“ Auf dieser Grundlage könnten nachhaltige Impulse für den Um­gang mit antisemitischen Vorgängen im Kultur- und Kunstkontext gewonnen werden und so über die Documenta hi­nauswirken.

Mit der Kritik an Farenholtz hat das Expertengremium seine Arbeit zügig aufgenommen. Ohne den Namen explizit zu nennen, hält die Pressemitteilung des Gremiums fest, dass die öffentliche Präsentation antisemitischer Werke und der Umgang damit von der jüdischen Ge­meinschaft zu Recht als bedrohlich empfunden würden. „Umso bedauerlicher ist es, dass die Wirkung der Debatte auf die jüdische Gemeinschaft in den öffentlichen Stellungnahmen der Documenta bislang kaum berücksichtigt wurde.“

Die Experten zeigen sich irritiert, dass die Leitung der Documenta in dem Mo­ment, in dem das Gremium seine Arbeit aufnehme, wesentliche Fragen des Um­gangs mit antisemitischer Kunst festzulegen scheine. „Die von ihr vertretene Po­sition, dass weder weitere Kunstwerke aufgrund antisemitischer Inhalte entfernt werden müssten noch eine systematische Prüfung der Werke notwendig sei, wider­sprechen einem fachlichen und ergebnisoffenen Dialog“, meinen die Experten. „Wir behalten uns das Recht vor, zu diesen Fragen eine eigenständige Einschätzung zu for­mulieren.“

Dass die Aufarbeitung jetzt beginne, ändere nichts daran, dass weiterhin antisemitische Kunstwerke unkommentiert in Kassel gezeigt würden, hieß es in der FDP-Landtagsfraktion. Das müsse Ministerin Dorn schnellstmöglich beenden, forderte der Abgeordnete Stefan Naas. Auch die AfD bekräftigte ihre Kritik. Weder die Landesregierung noch die Expertenkommission seien willens und in der Lage, auf das Kuratorenkollektiv Ruangrupa einzuwirken und der offenen Judenfeindlichkeit unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit Einhalt zu gebieten, so der Abgeordnete Frank Gröbe.

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