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#Auch der Westen hat Atomwaffen

„Auch der Westen hat Atomwaffen“

Die nuklearen Drohungen aus Moskau haben im Westen Eindruck gemacht. Präsident Biden hat Putins Rhetorik „unverantwortlich“ genannt; die amerikanische Regierung verschob sogar einen Raketentest, um Russland auf diesem Feld nicht zu reizen. Der deutsche Bundeskanzler erklärte die Verhinderung eines Atomkriegs zur Maxime seines Handelns.

Angesichts des Vernichtungspotentials dieser Waffen ist es sicherlich ratsam, Putins Äußerungen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Allerdings ist die Sache komplex. Angst ist hier, wie so oft im Leben, nicht der beste Ratgeber.

Scholz und andere ziehen in der öffentlichen Debatte eine direkte Linie von westlichen Waffenlieferungen zur Möglichkeit russischer Nu­klearschläge. Das blendet aus, dass auch der Westen über hochwirksame Nukleararsenale verfügt. In der NATO gibt es drei Atommächte und fünf weitere Staaten, die über die nukleare Teilhabe an der nuklearen Verteidigung des Bündnisses beteiligt sind, darunter Deutschland. Wenn Putin ernsthaft in Erwägung ziehen sollte, eines oder mehrere NATO-Mitglieder mit Atomwaffen anzugreifen, dann riskiert er die völlige Zerstörung Russlands.

Konventioneller Krieg zwischen Indien und Pakistan

Das ist die unerbittliche Logik der nuklearen Abschreckung, die heute fast vergessen scheint. Sie hat aber selbst im nicht gerade krisenarmen Kalten Krieg stets funktioniert. Der bisher einzige Kriegseinsatz von Atomwaffen fand bekanntlich in Hiroshima und Nagasaki statt. Das war noch in einer Welt, in der es nur eine Atommacht gab, es drohte also kein nuklearer Gegenschlag. Es gab sogar schon mal einen direkten Krieg zwischen zwei Atommächten, das war 1999 zwischen Pakistan und Indien. Auch da wurde mit Nuklearwaffen gedroht, am Ende blieb es aber bei einer konventionellen Auseinandersetzung.

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Historisch gesehen, sind nicht einmal Waffenlieferungen etwas Besonderes, auch wenn sie in Moskau nun als Stellvertreterkrieg gewertet werden. Es gab sie auch schon im Koreakrieg, in Vietnam oder während der sowjetischen Besatzung Afghanistans. Neu ist allenfalls, dass eine Atommacht versucht, einen konventionellen Angriffskrieg mit offenen nuklearen Drohgebärden abzusichern. Wahrscheinlich ist das in erster Linie ein Ausdruck von Schwäche. Putin versucht den Westen verbal von einem Eingreifen abzuhalten, weil er sich des militärischen Gewichts der NATO schmerzlich bewusst sein dürfte.

Anders sieht es aus, wenn es um die Ukraine selbst geht. Die hat keine Nuklearwaffen, hier hätte Putin also keine verheerende Vergeltung zu fürchten. Im Westen wird seit Langem vermutet, dass die russische Militärdoktrin den Ersteinsatz kleinerer, sogenannter taktischer Atomwaffen vorsieht, auch wenn das nirgends veröffentlicht ist.

Einsatz taktischer Atombomben birgt auch für Putin Gefahren

Vorstellbar wäre bei einem weiteren Stocken der russischen Offensive ein Schlag gegen das ukrainische Militär oder gar eine Stadt, um den Willen des Landes zu brechen, so wie 1945 in Japan. Allerdings wäre selbst das für Putin kein risikofreies Vorgehen. Der Einsatz einer Nuklearwaffe könnte in der NATO zu Missverständnissen oder einem Bedrohungsgefühl führen, was die Gefahr einer nuklearen Auseinandersetzung Russlands mit dem Westen erhöhen würde.

Am Ende stellt sich die Frage, ob Putin ein Spieler ist, der selbst den höchsten Einsatz nicht scheut, oder gar ein Selbstmörder. Das kann niemand genau sagen, selbst bei einem Mann nicht, der sich wegen Corona vor der Welt verkriecht. Eines zumindest spricht dafür, dass seine Drohungen bisher vor allem Teil der psychologischen Kriegsführung sind: Soweit bekannt ist, hat es nach Beginn des Krieges keine tiefgreifenden Veränderungen in der operativen Aufstellung der russischen Atomstreitkräfte gegeben.




Sollte sich daran etwas ändern, wird man auch im Westen nicht darum herumkommen, die eigenen nuklearen Fähigkeiten stärker zu betonen. Die defensiven Signale, die insbesondere Washington zu dem Thema aussendet, sind zweischneidig. Eines der wenigen Dinge, die man mit einiger Sicherheit über Putin weiß, ist, dass er westliche Zurückhaltung als Zeichen von Schwäche liest. Auf dem nuklearen Gebiet, wo es um alles geht, darf dieser Eindruck auf keinen Fall entstehen.

All das zu verdauen ist gerade für die friedensgewohnte deutsche Gesellschaft nicht leicht. Aber auch die heutigen Generationen müssen lernen, dass Atomwaffen zur Weltpolitik gehören, diesen Geist bekommt man nicht in die Flasche zurück. Absolute Sicherheit wird es nicht geben, aber man kann einiges dafür tun, dass die nukleare Schwelle so hoch ist, dass selbst jemand wie Putin es nicht wagt, sie zu überschreiten. Dass die Bundesregierung neue Kampfflugzeuge für die nukleare Teilhabe anschaffen will, ist ein wichtiger Beitrag dazu.

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