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#Auch in Köln ist Nomadland

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Auch in Köln ist Nomadland

Köln in den Nachkriegsjahren ist wahrhaftig kein Niemandsland der Fotografie. Die Archive und Museen sind voll von Darstellungen etablierter Künstler und Künstlerinnen, aber auch von dokumentarischen Bildern. Es sind stolze Zeugnisse des Wirtschaftswunders, die vor allem von Wohnungsbaugesellschaften wie von Industrieunternehmen in Auftrag gegeben wurden. Typische Ansichten sind solche, die etwa die markanten, das „Neue Köln“ vertretenden Bauten der GAG Immobilien AG in Szene setzten, meist ohne einen einzigen Menschen. Beim Fotografen Chargesheimer ist die Leere Ausdruck einer Melancholie, die dem vom Beton diktierten Wiederaufbau seiner geliebten Stadt geschuldet ist. Bei den Aufnahmen für die Wohnungsbaugesellschaft hingegen spricht die Betonung der nackten architektonischen Struktur vom Wunsch, die Ruinen des Krieges und mit ihnen die Schuld zu verdrängen. Doch gibt es auch neue, lebendige Formen von Urbanität, wie sie Candida Höfer in ihrer frühen Serie „Türken in Deutschland“ veranschaulicht.

In den fünfziger und sechziger Jahren waren Arbeitskräfte etwa aus Italien, Griechenland oder der Türkei angeworben worden, um den kriegsbedingten Mangel in Deutschland auszugleichen. In öffentlichen Fotografien kamen die „Gastarbeiter“, wie Arbeitsmigranten wegen ihres begrenzten Bleiberechtes euphemistisch genannt wurden, nur nach den normativen Vorstellungen ihrer Arbeitgeber vor: konzentriert und fleißig an den Industriemaschinen, zurückhaltend vergnügt auf Betriebsfesten oder glücklich vor den ihnen zugewiesenen sozialen Wohnungsneubauten, deren beengtes Innenleben nicht sichtbar wird.

Selbstbewusste Inszenierungen

Wie Arbeitsmigranten selbst ihre Heimat auf Zeit gesehen haben, wird nun im Museum Ludwig vor Augen – und Ohren – gestellt. Die Schau versammelt private Fotos, schriftliche Zeugnisse und aufgenommene Stimmen, die vom Erleben und Leben in der neuen Umgebung berichten. So unterschiedlich diese vielfältigen Schilderungen von Ankunft und Wohnsituationen, von Alltag und Festtagen auch sind, wird eines deutlich: Das Medium Fotografie wird bewusst genutzt, zur Aneignung des neuen Ortes und zur selbstbewussten Inszenierung vor der zunächst noch fremden Kulisse, um den Daheimgebliebenen ein Bild des Lebens in Köln zu übermitteln. Schnappschüsse gibt es nur selten, die meisten Fotos sind sorgfältig komponiert und setzen, wie bei Familienfotografien der Zeit üblich, vor allem positive Anlässe und Situationen ins Bild.

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So zeigt eine Aufnahme, wie Yücel Asçioglu mit seinen Freunden im Ford-Wohnheim auf die Geburt seines Sohnes im türkischen Konya anstößt. Ein anderes Bild zeigt Sofia Zacharaki, die ihre Töchter für ein Jahr in Griechenland zurücklassen musste, um für die Familie in Deutschland Geld zu verdienen. Sie präsentiert sich vor dem Frauenwohnheim der Firma Leonard Monheim mit Arbeitskolleginnen im Firmenkittel, um den Mädchen ihre Abwesenheit verständlich zu machen. Diese wiederum schicken der Mutter ein Foto, auf dem sie vor griechischer Bergkulisse die Kleider tragen, die diese ihnen aus Köln geschickt hatte. Asimina Paradissa, die bereits in Griechenland dem örtlichen Fotografen bei der Entwicklung von Abzügen geholfen hatte, wurde oft gebeten, auf Hochzeiten, Familienfeiern oder Partys zu fotografieren. Kam sie selbst ins Bild, führte sie gleichermaßen Regie. Eine Aufnahme zeigt sie in monumentalisierender Untersicht, stolz posierend in modisch schmaler Hose und kurzem Pullover vor einem Neubau. Die Bedeutung des Fotografierens für Arbeitsmigranten zeigt sich auch darin, dass viele Eltern ihren Kindern eine eigene Kamera schenkten und ihnen das gute Arrangieren einer Szene, aber auch experimentelle Bildordnungen beibrachten.

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