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#Außenpolitik nach der Wahl: Im deutschen Interesse handeln

Außenpolitik nach der Wahl: Im deutschen Interesse handeln

Deutschland ist eine Mittelmacht, die wirtschaftlich stark und militärisch schwach ist. Das Land liegt im Zentrum eines politisch wie ökonomisch immer noch wichtigen Kontinents und hat neun Nachbarstaaten. Mit einer Großmacht ist es verbündet (den Vereinigten Staaten), vor einer anderen sucht es Sicherheit (Russland), mit der dritten treibt es vor allem Handel (China). Deutschland hat zentrale Teile seiner staatlichen Funktionen an internationale Organisationen wie die EU und die NATO abgegeben. Dazu gehört vor allem die Währung.

Diese Umstände, auf die in der öffentlichen Debatte selten Bezug genommen wird, bestimmen und begrenzen die Möglichkeiten der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik in erheblichem Maße. Am meisten gilt das für die Sicherheit. Vergleichbare Länder wie Großbritannien oder Frankreich haben Atomwaffen, was ihnen gegenüber Russland ein freieres Auftreten gestattet.

In der Weltpolitik hat man nur die Wahl, einen (militärisch) stärkeren Staat abzuschrecken oder sich mit ihm zu verbünden. Deutschland hat sich historisch und aus weltanschaulichen Gründen für Ersteres entschieden, weshalb die Mitgliedschaft in der NATO immer noch grundlegend ist für unsere Sicherheit.

Bündnisse für den Freihandel

Die Präsidentschaft Trumps und die ersten Erfahrungen mit Biden haben gezeigt, dass es das Bündnis mit Amerika nicht umsonst gibt und dass es kein Mitspracherecht in Washington begründet. Das war auch früher meist nicht anders, hat die politische Klasse in Deutschland aber überrascht.

Die nächste Bundesregierung sollte alles dafür tun, dass das Land zumindest in der konventionellen Rüstung weiter aufholt. Das wiegt den Verzicht auf Atomwaffen nicht auf, wird die Sicherheit und Handlungsfähigkeit des Landes aber in jedem Fall verbessern. Welches Gewicht Deutschland im westlichen Bündnis hat, wird ebenfalls davon abhängen, ob das Zweiprozentziel beachtet wird.

Die deutsche Wirtschaft ist stark auf den Export ausgerichtet. Das sichert dem Land einen Wohlstand, den es auf dem heimischen Markt allein nicht erwirtschaften könnte. Die deutschen Außenhandelsüberschüsse sind auf einen möglichst freien Welthandel und die Bereitschaft anderer Länder zu Defiziten angewiesen. Beides ist in den vergangenen Jahren fraglich geworden.

Die neue Bundesregierung sollte hier Allianzen mit Staaten suchen, die ähnliche Interessen haben. China gehört nicht unbedingt dazu, weil es immer noch keinen freien Marktzugang gewährt. Sehr aufpassen muss Deutschland, dass der Klimaschutz nicht auf Kosten der Exportfähigkeit geht. Ein Versuch, die Energiewende mit europäischen Zöllen zu schützen, könnte zu ernsthaften Handelskonflikten führen.

Die Schuldenunion ist ein Irrweg

Der lange Friede in Europa lässt oft in Vergessenheit geraten, dass die Beziehungen zu den Nachbarn, auch den mittelbaren, die Kernaufgabe der Außenpolitik sind. Durch die europäische Einigung ist Deutschland auch hier historisch gebunden. Nicht alles, was in der EU gewachsen ist, erfüllt seinen Zweck.

Die neue Bundesregierung sollte in der laufenden Reformdebatte darauf achten, dass etwaige Neuerungen wirklich eine Verbesserung bringen. Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik etwa, die in Deutschland viele Anhänger haben, bergen internes Konfliktpotential, ohne dass die EU notwendigerweise handlungsfähiger würde. Und der Weg in die Schuldenunion, der mit dem Wiederaufbaufonds der EU begonnen wurde, führt in die Irre. Er würde nicht nur Deutschland auf Dauer überfordern.

Als größter Mitgliedstaat hat Deutschland stets mit dem Problem zu kämpfen, dass von ihm manchmal Führung erwartet wird, häufiger aber Rücksichtnahme auf die Partner. In Merkels Amtszeit hat das Land dreimal seinen Willen hart durchgesetzt: in der Eurokrise, in der Flüchtlingskrise und bei Nord Stream 2.

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Als es um die Stabilisierung der Gemeinschaftswährung ging, war das bis zu einem gewissen Maße unvermeidlich, aber die beiden anderen Fälle haben tiefe Gräben hinterlassen. Die nächste Bundesregierung muss gerade in solchen Schicksalsfragen kompromissbereiter werden, denn von einer Spaltung der EU profitieren nur andere von Ankara bis Moskau.

Die vielleicht größte Herausforderung der nächsten Jahre ist eine mentale. Deutschland trägt nicht die Hauptverantwortung für das Debakel in Afghanistan. In kaum einem anderen Land wurde die Mission am Hindukusch aber moralisch so aufgeladen. Das geschieht auch sonst oft in der deutschen Außenpolitik. Es steht für einen breiten Konsens in Berlin, dass man andere Gesellschaften nur an universale, in Wirklichkeit westliche Werte heranführen müsse, um vom Terrorismus bis zur Migration praktisch jedes größere internationale Problem zu lösen.

Was für eine Illusion das (schon immer) war, hat man nun in Kabul gesehen. Die nächste Bundesregierung muss vor allem das außenpolitische Denken in Deutschland von Grund auf erneuern. Unsere Ziele können nicht nur idealistisch sein, sie müssen realistisch werden.

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