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#Auswege aus der digitalen Malaise

Es fällt schwer, zu begreifen, warum sich Deutschland mit der Digitalisierung so schwertut. Mithilfe einer deutschen Entwicklung konnten afrikanische Staaten die Ebola-Seuche eindämmen, aber deutsche Gesundheitsämter waren in der Corona-Krise lange Zeit nicht in der Lage, digital Daten auszutauschen oder effektiv Kontakte nachzuverfolgen.

Anders als in vielen anderen Staaten ist es hierzulande immer noch nicht möglich, seinen Ausweis online zu verlängern oder im digitalen Amt seine neue Adresse vermerken zu lassen. Und es ist ein Rätsel, warum der Fiskus die Bürger bei der Neuberechnung der Grundsteuer losschickt, alle Daten zu sammeln, obwohl der Staat sie längst hat.

Die Gründe für die digitale Malaise sind mannigfaltig, sie liegen nicht zuletzt in einem komplexen föderalen System, in dem sich lange Zeit niemand auf den anderen verlassen wollte. Doch Geldsorgen spielten bisher keine Rolle.

Deutschland hat ein Zuständigkeitsproblem

Das ändert sich jetzt: Nachdem der Bund in den vergangenen Jahren vor allem während der Corona-Pandemie drei Milliarden Euro in die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) investiert hat, bleiben nach der derzeitigen Haushaltsplanung im Bundesinnenministerium für 2024 nur noch drei Millionen Euro übrig. Geld ist bei der Digitalisierung längst nicht alles, aber ohne Geld ist die Digitalisierung nichts.

Hinzu kommt: Deutschland hat ein ernsthaftes Zuständigkeitsproblem. Da ist es schwierig, einen Schuldigen zu benennen, und das soll auch so sein. Bundesinnenministerin Nancy Faeser, offiziell zuständig für ebenjene Verwaltungsdigitalisierung, ist vollauf mit Deutschlands Sicherheit beschäftigt, noch dazu hat sie einen milliardenschweren Tarifabschluss im öffentlichen Dienst in ihrem Haushalt zu verkraften.

Sollte die SPD-Politikerin eine Leidenschaft für das digitale Amt haben, trägt sie diese jedenfalls nicht offen zur Schau. Vielmehr kann man vermuten, dass sie und ein Teil ihres Hauses in dieser Arbeit ein notwendiges Übel sehen, das irgendwie erduldet werden muss. „Verwaltungsdigitalisierung“ klingt so modern und zukunftsorientiert wie ein verstaubter Aktenschrank.

Kein Extrageld für Digitalisierung

Der Chef des Digitalressorts, Volker Wissing, ist im Hauptberuf Verkehrsminister und hat gerade alle Hände voll zu tun, die Deutsche Bahn in einen verlässlichen Verkehrsträger zu verwandeln. Da bleibt wenig Zeit, den Ministerkollegen auf die Finger zu hauen, wobei das ohnehin nicht seine Art ist. Der Smartphone­„Heavy­user“ Christian Lindner, Bundesfinanzminister und zugleich Chef der Digitalpartei FDP, lässt sich gerne in konzentrierter Pose mit dem Slogan abbilden: „Digitalisierung first, Bedenken second.“ Nur Extrageld gibt es dafür nicht.

Auch das hat gute Gründe: Da könnte ja jeder kommen – und tut das auch. Kindergrundsicherung, Elterngeld, Bundeswehr und Bahn: überall soll er noch mehr Milliarden drauflegen. Da ist es plausibel, dass er zunächst den Ball an die zuständigen Ressorts zurückspielt.

Doch geht es bei der Digitalisierung nicht um Milliarden. Ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag ist nichts, was einen Bundesfinanzminister ins Schwitzen bringen könnte. Aber fällt das Geld weg, ist das ein unübersehbares Signal: Priorität hat dieses Projekt nicht mehr. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man die Entscheidungen der vergangenen Monate Revue passieren lässt: Ein eigenständiges Digitalbudget gibt es noch immer nicht, der Digitalpakt 2.0 für Schulen ist auf die lange Bank geschoben. Von ihren selbst gesetzten Zielen ist die Ampel weiter entfernt denn je.

Das alles wäre trostlos, wenn es in der Vergangenheit nicht positive Beispiele gegeben hätte: Die digitale Beantragung der Einmalzahlung für Studierende funktioniert nach einigen Anlaufschwierigkeiten reibungslos und könnte als Blaupause für vergleichbare Projekte dienen. Etliche Verwaltungsangelegenheiten lassen sich schon vom Computer aus regeln: ein Auto anmelden, Bafög oder Arbeitslosengeld beantragen. Jenseits dieser Leuchttürme wird es schnell unübersichtlich. Das Wohngeld ist in einigen Ländern vollständig digital verfügbar, in den meisten je nach Kommune.

Auch in das föderale Prinzip kommt langsam Struktur. Mit dem „Einer-für-alle-Prinzip“ ist endlich ein wenig Kooperation eingekehrt. Die digitalen Projekte werden aufgeteilt, ein Bundesland entwickelt es für alle anderen und stellt es den anderen zur Verfügung. Nicht nur die Entwicklung kostet Geld, sondern auch die Verbreitung in den Ländern und Kommunen. Das Personal muss geschult, die Bürger wollen informiert werden.

Diesen Weg sollten Bund und Länder weiter beschreiten und konsequent an weiteren Reformen arbeiten. Dazu braucht es kein Milliardenbudget, aber eine vernünftige Ausstattung, die all den Problemen nicht noch ein weiteres hinzufügt.

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