Nachrichten

#Baerbocks Pakt mit der Wirtschaft

Baerbocks Pakt mit der Wirtschaft

Die Idee, Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen, ist in aller Munde. Neue Technologien sollen die Umwelt schützen und zugleich die Wirtschaft wachsen lassen – jedenfalls in der Theorie klingt das gut. Die Grünen sahen das lange anders, ihr Blick auf die Wirtschaft war von Misstrauen geprägt. Annalena Baerbock, die grüne Kanzlerkandidatin, meint selbst, ihre Partei habe zu lange die Auffassung vertreten, „wir sind für die klare Kante zuständig, die Umsetzung müssen andere machen“. So schreibt sie es in ihrem Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“, das sie am Donnerstag in Berlin vorstellte. Nun bietet sie der Wirtschaft einen Pakt an.

Schon auf dem Parteitag am Wochenende hatte Baerbock die Idee erwähnt. „Es geht um eine verbindliche Verabredung, dass der Staat den Unternehmen die Kosten ausgleicht, die sie zusätzlich bisher noch erbringen müssen, wenn sie klimaneutral werden, Made in Germany.“ Zahlreiche Unternehmen seien schon auf diesem Pfad, aber teils würden Investitionen, die „sauber und zum Wohle aller“ seien, durch politische Regeln blockiert, sagte Baerbock und nannte als Beispiel die Steuervorteile bei Anschaffung teurer, verbrauchsintensiver Dienstwagen.

Angebote an die Wirtschaft

In einem fünf Seiten langen Positionspapier, das der F.A.Z. vorliegt, präzisiert sie ihre Vorstellungen. „Es wird in Zukunft nicht reichen im traditionellen Sinne ‚nur‘ die besten Autos, die besten Kraftwerke oder die besten Roboter zu entwickeln“, schreibt sie. „Zentral für Erfindungen, neue Produkte und Dienstleistungen ist, welchen Beitrag sie auf dem Weg zur Klimaneutralität leisten.“ Für Deutschland liege darin eine große Chance, sich durch entschlossenes Handeln Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und Standards zu setzen. Es reiche dabei nicht, „der Industrie auf ihrer Reise viel Glück zu wünschen“. Die Bundesregierung müsse sie mit einer aktiven Industriepolitik unterstützen.

F.A.Z. Machtfrage – Der Newsletter zur Bundestagswahl

jeden Dienstag

ANMELDEN

Hier kommt der Pakt zwischen Industrie und Politik ins Spiel: Er soll Unternehmen, vor allem aus CO2-intensiven Branchen, die nötige Planungssicherheit verschaffen, damit sie auf eine klimaneutrale Produktion umsteigen. Zentraler Bestandteil sollen sogenannte Klimaschutzschutzverträge sein. Sie sollen helfen, die Mehrkosten auszugleichen, die den Unternehmen durch die Umstellung von herkömmlichen Verfahren entstehen. „Dazu wird ein fester Preis garantiert, mit dem Maßnahmen der CO2-Emissionsminderung über den aktuellen Preis im europäischen Emissionshandel hinaus belohnt werden“, heißt es in dem Papier. „Denn aktuell wird der wahre ökologische Preis nicht abgebildet.“ Klimafreundliche Investitionen würden dadurch benachteiligt.

Die Klimaschutzverträge, auch „Carbon Contracts for Difference“ genannt, richten sich an Branchen wie die Metallproduktion, die chemische Industrie oder die Baustoffhersteller. Für diese ist der aktuelle Preis für CO2-Emissionszertikate mit rund 50 Euro je Tonne zu niedrig, um einen Anreiz für die Umstellung der Produktion zu setzen; denn die Kosten dafür liegen deutlich höher. Zwar wird die Zahl der Emissionsrechte wegen der strikteren EU-Klimaziele weiter sinken und damit der Preis steigen. Bis der aber so hoch ist, dass sich auch für die CO2-intensiven Branchen die Umstellung lohnt, wird es wohl noch eine Weile dauern. Für das deutsche Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein, könnte das zu spät sein, weil viele Industrieanlagen 30 Jahre laufen oder länger.

Die Bundesregierung arbeitet daran

Deshalb soll der Staat mit den Unternehmen langfristige Verträge abschließen – Baerbock spricht von 15 bis 20 Jahren –, in denen er ihnen die Übernahme aller Mehrkosten zusagt, die über die Höhe des aktuellen Preises für CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel hinausgehen. Baerbock rechnet das am Beispiel der Stahlproduktion vor: Wenn ein Unternehmen CO2-Vermeidungskosten von 100 Euro je Tonne Stahl hat (wenn es also etwa für die Herstellung statt herkömmlicher Kohleenergie grünen Wasserstoff einsetzt und dadurch den CO2-Ausstoß senkt), der CO2-Emissionshandelspreis aber nur 60 Euro beträgt, lohnt sich die Umstellung für das Unternehmen nicht. Es ist billiger, die 60 Euro zu zahlen.

Das ändert sich in dem Moment, in dem der Staat dem Unternehmen in einem Klimaschutzvertrag garantiert, bis zu der Schwelle von 100 Euro alle Kosten zu übernehmen, die über 60 Euro hinausgehen. Dann kann das Unternehmen die Produktion sofort umstellen, ohne wegen der Mehrkosten Wettbewerbsnachteile zu haben.

F.A.Z. Frühdenker – Der Newsletter für Deutschland

Werktags um 6.30 Uhr

ANMELDEN

Je höher der CO2-Preis im Emissionshandel steigt, desto geringer fallen die Zuschüsse des Staates aus. Baerbock spricht deshalb von einem „atmenden Finanzierungsmechanismus“. Steigt der Preis später sogar über den Schwellenpreis von 100 Euro, müssen die Unternehmen sogar Geld an den Staat zurückzahlen. Kurz: Der Staat subventioniert die Investitionen und die höheren Betriebskosten. Finanzieren will Baerbock das etwa durch Haushaltsmittel im Rahmen des Energie- und Klimafonds.

Die Idee selbst ist nicht neu, sie wird schon seit längerem von Fachleuten propagiert. Baerbock sagte zwar in ihrer Rede auf dem Parteitag, ihre Ideen seien eine „andere Haltung als die bisherige Wirtschaftspolitik“, tatsächlich aber arbeitet die Bundesregierung auch schon daran, das Bundeswirtschaftsministerium hat Pilotprojekte aufgelegt. Entscheidend dürfte am Ende vor allem sein, wie viel Geld der Staat für die Klimaschutzverträge bereitstellt. Baerbock nennt dazu in dem Papier keine Zahlen, im Handelsblatt hatte sie aber schon einmal von Milliardensummen gesprochen. Ergänzen will Baerbock den Ansatz um einen CO2-Grenzausgleich, um die Nachteile auszugleichen, die die europäischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb durch die höheren Klimaziele haben. Die Europäische Kommission arbeitet schon an einem Vorschlag dafür.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!