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#China und Indien ringen um Afghanistans Bodenschätze

China und Indien ringen um Afghanistans Bodenschätze

Das Versprechen, das Drohen und Schachern haben begonnen. Amerikaner und Europäer haben ihre Waffen gepackt und sind gegangen, nun ringen Minister und Diplomaten der Nachbarländer darum, ihren Einfluss in Afghanistan auszubauen. Amerikas Außenminister Antony Blinken nutzt seinen Antrittsbesuch in Neu Delhi, um Pekings Vormarsch dort etwas entgegenzusetzen. Mit Afghanistan im Westen Indiens und Myanmar in seinem Osten gibt es derzeit zwei große Unbekannte am Indischen Ozean, die geoökonomisch interessante Partner sein könnten.

Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

Gefürchtet wird Afghanistan als größter Opiumproduzent der Erde. Das Geschäft mit geschätzten 600 Tonnen Heroin steuert etwa 11 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei – die Taliban finanzieren sich auch daraus. Die meisten Konflikte in Afghanistan drehten sich um Landbesitz und Wasser, erklären die Vereinten Nationen. Unter der Erde aber lagern Edelmetalle, Uran, Gas und Öl für mindestens 3 Billionen Dollar. China hebt in Afghanistan Kupfer und fördert Öl. Eine Straße durch das Pamirgebirge soll den Abtransport sichern.

Peking hat die Nase vorn im Ringen um Einfluss. Schon in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat China seine Beziehungen zu den Taliban aufgebaut. Nun drängt es seinen abhängigen Partner, Pakistan, gemeinsam für Ruhe und Ordnung in Afghanistan zu sorgen. Das geht auch deshalb, weil es Pakistan im Rahmen der Neuen Seidenstraße (BRI) mit Milliarden von Dollar stabilisiert. Nach einer Konferenz mit seinen afghanischen und pakistanischen Kollegen versprach Außenminister Wang Yi gerade, BRI künftig auf Afghanistan auszuweiten. Gerne würde Peking das Land an den China-Pakistan-Wirtschaftskorridor (CPEC) anbinden, den es mit mehr als 50 Milliarden Dollar hochzieht.

Mehr Raum für Chinas Expansion

Der Abzug der Amerikaner aus Afghanistan berge die Chance, dass „die Menschen dort ihr eigenes Schicksal wirklich in die Hand nehmen“, sagte Wang. Man kennt sich: Im Sommer 2019 hatte der stellvertretende Führer der Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar, Peking besucht. Gerade bezeichnete die Gruppe China als „freundliches Land, das wir für den Wiederaufbau und die Entwicklung Afghanistans begrüßen“. Investoren seien nicht gefährdet. „Unter vier Augen können chinesische Politiker über den Rückzug eines geschlagenen Amerikas nicht unglücklich sein. Er öffnet Chinas Expansionismus mehr Raum“, sagt der indische Geostratege Brahma Chellaney.

An Widersprüchen stört sich Peking nicht. Zwar bekämpft es in seiner Provinz Xinjiang den Islam mit großer Brutalität. Zugleich werden seine Ingenieure und Arbeiter in Pakistan Opfer von Angriffen der islamischen Balochistan Liberation Army und der Milizen der Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP) getroffen. An den Taliban aber führt kein Weg vorbei, sie gelten den Pragmatikern in Peking als das geringere Übel. China braucht sie und die pakistanische Armee, um den muslimischen Widerstand gegen seine Einflussnahme in Schach zu halten.

Pekings Expansionsdrang im vom Westen hinterlassenen Vakuum Afghanistans beobachtet man in Neu Delhi sehr genau. Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar brannte in den vergangenen Wochen ein wahres Feuerwerk der Diplomatie ab, um Afghanistan nicht weiter in Chinas Einflusssphäre gleiten zu lassen. Er weiß genau, dass Indiens Westen der Regierung, geschwächt von wirtschaftlichen Herausforderungen und der Corona-Katastrophe, im strategischen Schachspiel zu entgleiten droht. Dabei haben die Inder seit dem Eingreifen der Amerikaner 2001 mehr als eine Milliarde Dollar zur Stabilisierung Afghanistans beigetragen. Unter dem Indien-Afghanistan-Partnerschaftsabkommen stellten sie auch rund 3 Milliarden Dollar Entwicklungshilfe zur Verfügung, spendeten Busse und bauten Straßen, Dämme, Schulen, Krankenhäuser und das Parlament in Kabul. Auf der Afghanistan-Konferenz in Genf 2020 sprach Jaishankar von „mehr als 400 Projekten Indiens in allen 34 Provinzen Afghanistans“.

Auch die umliegenden Länder positionieren sich

Dieser demokratische Aufbau ging freilich nur so lange, wie Amerika die Taliban in Schach hielt. Denn den Islamisten wirft Neu Delhi vor, die Pakistaner im Kampf um Kaschmir zu unterstützen. Erst im Juni nahmen sie formal Kontakt mit ihnen auf. Auch solle Afghanistan mit den großen Nachbarn Iran und Indien trilaterale Gespräche beginnen. Für Indien geht es um ein schwieriges Austarieren der Kräfte mit Peking: Gemeinsam könnte man versuchen, die Taliban in weiten Landesteilen Afghanistans zu akzeptieren, ihren Einfluss aber an den Landesgrenzen aufzuhalten. Ob Indiens großer Rivale China angesichts seiner eigenen Pläne in Afghanistan daran allerdings Interesse hat, ist offen. Auch deshalb stehen die Inder in engem Austausch mit ihren Partnern in Moskau, Teheran und Washington.


Bild: F.A.Z.-Karte lev.

Und auch die umliegenden Länder Zentralasiens positionieren sich nun. Usbekistans Präsident Shavkat Mirziyoyev will sein Land stärker mit Südasien vernetzen. Er sucht die Anbindung an den von Indien geförderten Hafen Chabahar in Iran. Auch unterschrieb er gerade ein Transitabkommen mit Pakistan, was seinem Land Zugang zum von China geförderten Hafen Gwadar gibt. Usbekistans Botschafter in Indien, Dilshod Akhotov, beschreibt die Sicht der Anrainer vielleicht am treffendsten: „Afghanistan ist nicht nur ein Nachbar, sondern Teil unserer Region. Derzeit sehen es manche als Quelle der Probleme und Drohungen, aber es ist auch ein Quell der Chancen.“ Letztlich definiert sich für alle Staaten der Region die Chance auch über einen Zugang zum Meer. „Durch unsere südlichen Nachbarn wollen wir die offene See erreichen. Der nächste Weg von hier führt zum Indischen Ozean“, sagt Akhotov.

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