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#Ein besonders treuer Verbündeter

Ein besonders treuer Verbündeter

Im Süden von Kopenhagen liegt eine Abhörstation, Sandagergård heißt sie. Der Flughafen der dänischen Hauptstadt liegt nicht weit entfernt, ganz nah ist die Ostsee. Viel bekannt ist über die Station bislang nicht, im Netz finden sich ein paar Gerüchte und Geschichten, die sich kaum bestätigen lassen: Angeblich baute schon die Wehrmacht hier eine Radaranlage. Sicher ist hingegen, dass die Station seit Jahrzehnten vom militärischen Geheimdienst Dänemarks, dem Forsvarets Efterretningstjeneste (FE), betrieben wird. Und dass diese Station Sandagergård nun im Zentrum eines möglichen Spionageskandals steht, der auch die Beziehungen Dänemarks zu seinen europäischen Nachbarn belasten könnte.

Matthias Wyssuwa

Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

Am Sonntagabend veröffentlichte der Dänische Rundfunk (DR) eine Geschichte, die nicht nur im Königreich viel Aufmerksamkeit erregte. Eine Quelle wird mit der Einschätzung zitiert, dies entwickle sich zum größten Geheimdienstskandal der dänischen Geschichte. Auch mehrere internationale Medien waren an der Recherche beteiligt, darunter NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung. Demnach soll der FE, der auch für die Auslandsaufklärung zuständig ist, dem amerikanischen Geheimdienst NSA geholfen haben, europäische Spitzenpolitiker auszuhorchen – aus Schweden, Frankreich, Norwegen, den Niederlanden und auch aus Deutschland: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der damalige Außenminister und jetzige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2013, Peer Steinbrück. Genutzt wurde dabei offenbar auch ein Rechenzentrum in Sandagergård, wo die Dänen angeblich nicht nur Anrufe mithören konnten, sondern auch SMS-Nachrichten lesen.

Hintergrund ist die NSA-Affäre

Nun ist lange schon bekannt, dass Merkel und Steinmeier vom amerikanischen Geheimdienst abgehört worden sein sollen. Hintergrund ist die NSA-Affäre, die im Frühling 2013 mit den Enthüllungen des Whistleblowers und früheren CIA-Mitarbeiters Edward Snowden ihren Anfang nahm. Er veröffentliche Dokumente, die belegten, wie die Amerikaner seit mehreren Jahren systematisch Telekommunikationsdaten sammelten und speicherten. Damals wurde ebenso bekannt, dass womöglich auch die Mobiltelefone von Merkel und Steinmeier abgehört wurden. Merkel hatte gesagt, Ausspähen unter Freunden gehe gar nicht. Neu ist aber, in welchem Umfang der dänische Geheimdienst bei den Aktionen geholfen haben soll. Und, dass offenbar auch Steinbrück abgehört wurde. Er wird nun in der Süddeutschen Zeitung mit den Worten zitiert, er sei nicht sauer. „Ich habe nur Spott, es ist grotesk.“

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Der Dänische Rundfunk beruft sich auf neun verschiedene Quellen. Dem Bericht nach soll der dänischen Regierung auch lange schon klar gewesen sein, dass ihr Geheimdienst der NSA bei den Abhöraktionen geholfen haben soll. Dänemark und Amerika sind sehr enge Verbündete. Demnach habe eine interne Arbeitsgruppe im FE bereits im Mai 2015 einen Bericht über die Jahre 2012 bis 2014 vorgelegt, in dem sie alle Abhöraktionen zusammengetragen haben soll – den bislang geheim gehaltenen Dunhammer-Report. So soll in der Sandagergård-Station ein Rechenzentrum stehen, mit dem der dänische Geheimdienst über einen angezapften Internetknotenpunkt, an dem sich viele Unterseekabel treffen, die Datenströme systematisch durchforstet haben soll.

Vorgaben und Software aus Amerika

Dies geschah offenbar nach amerikanischen Vorgaben und mit amerikanischer Software. Die dänische Verteidigungsministerin Trine Bramsen, die seit Juni 2019 im Amt ist, wurde laut DR im August 2020 darüber informiert. Sie sagte dem Sender, „das systematische Abhören von engen Verbündeten“ sei inakzeptabel. Illegal sei es nicht, wenn der dänische Geheimdienst ausländischen Partnern helfe, zitiert der DR eine Quelle. Politisch aber sei das explosiv.

Dass Bramsen tatsächlich im August vergangenen Jahres darüber informiert worden sein könnte, passt gut zu dem letzten Skandal, mit dem der FE in Dänemark die Schlagzeilen dominierte – und der offenbar auch im Zusammenhang steht zu den aktuellen Berichten. Denn der FE soll den Amerikanern nicht nur dabei geholfen haben, europäische Politiker zu belauschen, sondern auch Teile der eigenen Bevölkerung und Regierung, darunter das Finanz- und das Außenministerium.

Im August vergangenen Jahres legte die unabhängige Geheimdienst-Aufsichtskomission einen Bericht in Kopenhagen vor, der es in sich hatte. Demnach sollte der FE über Jahre auch dänische Staatsbürger ausspioniert haben, und das ist illegal. Die dänischen Behörden soll er zudem über seine eigentliche Arbeit getäuscht haben. Die Kommission hatte sich auf Dokumente berufen, die ihr Whistleblower zugespielt hatten. Die dänische Regierung enthob mehrere Personen ihrer aktuellen Ämter, darunter war der FE-Chef und auch sein Vorgänger – dieser war eigentlich bereits für eine neue Position auserkoren, als dänischer Botschafter in Deutschland.

Die Empörung in Dänemark war damals groß. Zu den neuen Enthüllungen gibt es aus der dänischen Regierung noch keine weiteren Reaktionen, außer die schriftlichen Äußerungen von Bramsen. Der schwedische Verteidigungsminister Peter Hultqvist forderte umfassende Information und sagte dem schwedischen Sender SVT, man wolle abwarten, wie die politische Antwort in Dänemark auf die Berichte ausfalle. Der norwegische Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen äußerte, er habe sich in dieser Angelegenheit schon mit Hultqvist besprochen. Man nehme die Vorwürfe ernst.

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