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#CO2-Senken gesucht

„CO2-Senken gesucht

Der Erhalt und die Aufforstung von Wäldern gilt als eine wichtige Maßnahme, um mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden. Jetzt haben Forscher ermittelt, wo auf der Welt Wälder und Böden noch zusätzliches CO2 aufnehmen könnten, wie viel davon und durch welche Maßnahmen. Ihre Weltkarte zeigt, dass das Potenzial für eine solche CO2-Bindung vor allem in den Tropen noch nicht ausgeschöpft ist. Insgesamt könnten die globalen Wälder und Böden noch 287 Milliarden Tonnen Kohlenstoff zusätzlich aufnehmen. Dabei haben der Erhalt und die gezielte Pflege bestehender, aber degradierter Wälder mehr Potenzial als eine Aufforstung – auch, weil letzteres Konflikte mit der Nahrungsproduktion mit sich bringt.

Wälder und Böden sind wichtige Treibhausgas-Senken im Klimasystem – sie speichern Kohlenstoff in Form von Biomasse und organischem Material und entziehen es damit dem Kohlenstoffkreislauf und vor allem der Atmosphäre. Der jüngste Weltklimabericht und viele Studien haben bereits gezeigt, dass solche natürlichen CO2-Senken auch für den Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen. Denn inzwischen ist der Klimawandel so weit fortgeschritten, dass eine Verringerung der CO2-Emissionen allein nicht reichen wird, um das Klimaschutzziel von maximal zwei Grad Erwärmung gegenüber präindustriellen Zeiten noch zu erreichen. Zusätzlich sind Strategien zur Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre nötig. „Der CO2-Speicherung in holziger Biomasse wie beispielsweise Waldökosystemen wird allgemein ein besonders hohes Potenzial zugeschrieben, zumal dies auch eine Reihe von ökologischen und sozioökonomischen Vorteilen mit sich bringt“, erklären Wayne Walker vom Woodwell Climate Research Center in Massachusetts und seine Kollegen.

Es gibt noch ungenutztes Speicherpotenzial

Wie hoch das noch ungenutzte Potenzial für die CO2-Speicherung in Wäldern und Böden ist, haben die Forscher nun genauer untersucht. „Terrestrische Ökosysteme speichern jährlich enorme Mengen an Kohlenstoff“, erklärt Walker. „Aber um das noch ungenutzte Potenzial dieser Systeme für den Klimaschutz nutzen zu können, müssen wir wissen, wie viel Speicherplatz noch verfügbar ist, wo auf der Welt dieser Platz ist und mit welchen Maßnahmen wir dieses Potenzial am schnellsten nutzen können.“ Dafür hat das Team auf Basis von globalen Datensätzen ein Modell entwickelt, das die bisherige und noch verfügbare CO2-Aufnahmekapazität von Bäumen, Baumwurzeln und Böden weltweit aufzeigt. Ihre Weltkarten verdeutlichen dieses Potenzial in einer Auflösung von 500 Metern und für die Gegenwart wie für eine Zukunft mit ungebremstem Klimawandel.

Die Auswertung ergab, dass die Wälder und Böden weltweit schon rund 3,4 Billionen Tonnen Kohlenstoff speichern – das entspricht rund 88 Prozent des maximal Möglichen. „Demnach bleibt ein Defizit von zwölf Prozent oder 494 Milliarden Tonnen Kohlenstoff als Potenzial für eine zusätzliche CO2-Aufnahme“, schreiben Walker und sein Team. Fast drei Viertel dieses nicht genutzten Potenzials liegt dabei in den ober- und unterirdischen Geweben der Bäume. Zieht man von diesem Maximalpotenzial die Landflächen ab, die für die landwirtschaftliche Nahrungsproduktion und für Siedlungsflächen benötigt werden, bleiben immerhin noch 286,7 Milliarden Tonnen ungenutztes Speicherpotenzial in Wäldern und Böden übrig, wie die Forscher berichten.

Optimiertes Waldmanagement effektiver als Aufforstung

Das natürliche CO2-Speicherpotenzial ist dabei nicht gleichmäßig über die Erde verteilt: „Von den drei großen bioklimatischen Zonen beinhalten die Tropen und Subtropen mit 68 Prozent den mit Abstand größten Anteil der ungenutzten Kohlenstoffspeicher“, schreiben die Wissenschaftler. „Das ist fünfmal mehr als die gemäßigte und 3,5-mal mehr als die boreale und polare Zone.“ Betrachtet man die Verteilung dieser CO2-Senke auf die einzelnen Länder, liegt die Hälfte des ungenutzten Potenzials in nur sieben Ländern: Russland, Brasilien, die USA, China, die Republik Kongo, Indonesien und Kanada. Dabei enthalten allein die borealen Waldgebiete Russlands rund 15 Prozent des globalen Potenzials, wie das Team ermittelt hat. Rechnet man die Werte allerdings auf ungenutztes Speicherpotenzial pro Fläche um, liegen tropische Länder wie die Philippinen, Indonesien, Myanmar und Tansania vorne.

Die Studie zeigt auch, durch welche Maßnahmen die noch freien Speicher-Kapazitäten am besten und schnellsten zu einer zusätzlichen Aufnahme von CO2 gebracht werden können. Demnach ist nicht die Aufforstung gerodeter oder nur dünn mit Bäumen bestandener Flächen die effektivste Lösung, sondern das verbesserte Management existierender, aber degradierter Wälder. In den Tropen ließen sich allein dadurch 70 Prozent des ungenutzten Potenzials nutzen – fünfmal mehr als durch die Aufforstung neuer Tropenwälder, wie Walker und seine Kollegen ermittelt haben. In Brasilien beispielsweise könne mehr als die Hälfte der dort bestehenden noch freien CO2-Speicherkapazität schon durch besseres Management der Wälder vor allem in der Amazonasregion erreicht werden. „Waldschutz repräsentiert die größte Chance, um zeitnah Kohlenstoff zu binden und zu speichern. Die Dringlichkeit der Klimakrise erfordert es daher, dass wir solche Maßnahmen priorisieren“, sagt Co-Autor Peter Ellis von der Organisation The Nature Conservancy in Virginia.

Nach Ansicht des Forschungsteams können ihre Karten und Daten nun ganz praktische Hilfe dabei bieten, die günstigsten und effektivsten Maßnahmen für die verschiedenen Regionen und Länder zu ermitteln. „Unsere Ergebnisse werden für viele Länder wertvoll sein, denn solche natürlichen Lösungen tragen stark dazu bei, die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen“, sagt Ellis‘ Kollege Bronson Griscom.

Quelle: Wayne Walker (Woodwell Climate Research Center, Falmouth, Massachusetts) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2111312119

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