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#Covid-19-Risiko steigt bei Pollenflug

Covid-19-Risiko steigt bei Pollenflug

Das Wetter und unser Verhalten sind nicht die einzigen Einflussfaktoren für eine Coronavirus-Infektion: Auch der Pollenflug spielt offenbar eine Rolle, wie nun Daten aus 31 Ländern nahelegen. Demnach steigen die Infektionsraten mit Sars-CoV-2 im Schnitt um vier Prozent, wenn die Pollenbelastung um 100 Pollen pro Kubikmeter zunimmt. Herrscht ein Lockdown, halbiert sich dieser Effekt jedoch. Ursache dieses Effekts ist wahrscheinlich die Reaktion der Immunabwehr auf pollenbelastete Atemluft: Sie verringert dann die Ausschüttung antiviraler Botenstoffe und erhöht so die Anfälligkeit der Schleimhäute gegenüber einer Infektion.

Als sich Anfang 2020 die Covid-19-Pandemie über den Globus ausbreitete, traf sie auf der Nordhalbkugel mit dem Beginn des Frühlings zusammen – und damit auch mit dem Start der Pollensaison. Aus Studien zu Erkältungskrankheiten ist jedoch schon bekannt, dass eine erhöhte Pollenbelastung die Anfälligkeit gegenüber einigen Atemwegsviren wie den Rhinoviren erhöhen kann. Dadurch kommt es im Frühjahr bei hoher Pollenbelastung vermehrt zu Schnupfen, auch bei Nicht-Allergikern. „Wir haben daher untersucht, ob das Gleiche auch für das Coronavirus Sars-CoV-2 gilt“, erklären Athanasios Damialis von der Technischen Universität München und seine Kollegen.

Anstieg der Infektionsraten mit der Pollenkonzentration

Für ihre Studie wertete das internationale Forschungsteam Daten von 248 Pollenmessstationen in 31 Ländern rund um den Globus aus. Die Wissenschaftler erfassten dabei die Pollenkonzentrationen im März und April 2020 und setzten diese Werte in Bezug zu den täglichen Infektionsraten in den betreffenden Ländern und Gebieten. Zusätzlich berücksichtigen sie auch weitere Faktoren wie die Bevölkerungsdichte, das Wetter und die Lockdown-Maßnahmen. Die Auswertungen ergaben, dass es eine signifikante Korrelation gibt. Die lokale Pollenbelastung in Kombination mit dem Wetter konnte im Schnitt 44 Prozent der Varianz der Infektionsraten erklären. „Der Korrelationskoeffizient war für alle Länder positiv und für jeweils sechs von acht signifikant positiv“, berichten Damialis und seine Kollegen. Der Effekt der Pollenbelastung blieb auch dann noch nachweisbar, wenn weitere Faktoren wie die Bevölkerungsdichte und die im Frühjahr typischerweise zunehmenden Outdoor-Aktivitäten und Sozialkontakte mitberücksichtigt wurden.

Konkret zeigte sich: An Orten ohne Lockdown-Regelungen stieg die Infektionsrate im Schnitt um vier Prozent, wenn sich die Anzahl der Pollen in der Luft um 100 pro Kubikmeter erhöhte. In manchen deutschen Städten beispielsweise kamen im Untersuchungszeitraum zeitweise pro Tag bis zu 500 Pollen auf einen Kubikmeter – was insgesamt zu einem Anstieg der Infektionsraten um mehr als 20 Prozent führte. Galt allerdings ein Lockdown, halbierte sich diese Rate. Denn dann gibt es unabhängig vom Effekt des Pollens weniger potenziell riskante Kontakte in der Bevölkerung. Nach Ansicht der Forschenden beeinflusst der Pollenflug demnach das Infektionsrisiko mit Sars-CoV-2 deutlich.

Pollenkontakt schwächt antivirale Immunreaktion

Der Grund dafür liegt in der Reaktion unseres Immunsystems auf die Pollenbelastung: Wenn ein Virus in den Körper gelangt, produzieren infizierte Zellen üblicherweise antivirale Signalproteine. Diese sogenannten Interferone alarmieren benachbarte Zellen und bringen diese dazu, ihre antivirale Abwehr zu verstärken, um die Eindringlinge in Schach zu halten. Außerdem wird eine ausbalancierte Entzündungsreaktion aktiviert, um die Erreger zu bekämpfen. Ist nun die Pollenbelastung der Luft hoch, regelt das Immunsystem diese Abwehrreaktionen herunter, um nicht ständig falschen Alarm auszulösen. Dadurch werden dann selbst bei Virenkontakt weniger antivirale Interferone produziert und die Entzündungsreaktion abgeschwächt. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist es sehr wahrscheinlich, dass dieser Mechanismus auch die Immunreaktion gegenüber dem Coronavirus abschwächt. Weil diese Reaktion die angeborene Immunabwehr betrifft, ist sie unabhängig von einer Pollenallergie – sie trifft auch Menschen ohne Heuschnupfen oder Asthma.

Auch in diesem Frühjahr könnte demnach der vermehrte Pollenflug zu einem Anstieg der Infektionsraten beitragen – sofern man infizierten Personen zu nahekommt. „Man kann nicht vermeiden, luftgetragenen Pollen ausgesetzt zu sein“, sagt Damialis‘ Kollegin Stefanie Gilles. „Personen, die zu Hochrisikogruppen gehören, sollten deshalb darüber informiert sein, dass erhöhte Pollenkonzentrationen in der Luft anfälliger gegenüber viralen Infekten der Atemwege machen.“ Aber man kann sich schützen: FP2-Masken filtern sowohl Viren als auch Pollen aus der Atemluft. „Staubfiltermasken zu tragen, wenn die Pollenkonzentration hoch ist, kann das Virus und den Pollen gleichermaßen von den Atemwegen fernhalten“, erklärt Seniorautorin Claudia Traidl-Hoffmann von der TU München.

Quelle: Athanasios Damialis (Technische Universität München) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2019034118
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