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#„Cum-Ex“-Prozess beginnt ohne seinen Hauptakteur

„Cum-Ex“-Prozess beginnt ohne seinen Hauptakteur

In Wiesbaden hatte man keine Mühen gescheut. Ein eigens angemietetes Leichtbauzelt auf dem Festplatz „Gibber Kerb“ im Stadtteil Biebrich, zahlreiche Plexiglastrennwände und strengste Hygienevorschriften sollten trotz rasant ansteigender Infektionszahlen in der Corona-Pandemie dem wichtigsten Wirtschaftsprozess des Jahres einen nicht nur rechtssicheren Rahmen bieten.

Marcus Jung

Kurzfristig verschob die Strafkammer des Landgerichts (LG) Wiesbaden am Mittwochnachmittag sogar noch den Beginn im „Cum-Ex“-Strafprozess um anderthalb Stunden, um damit allen Verfahrensbeteiligten eine bequemere Anreise in die Kurstadt zu ermöglichen und um unnötige Übernachtungen zu vermeiden. Ob allerdings der wegen Steuerhinterziehung angeklagte Hanno Berger die Anreise aus dem Schweizer Kanton Graubünden antreten würde, war bis zuletzt unklar. Man werde sich bis Donnerstag gedulden müssen, so eine Justizsprecherin auf Anfrage der F.A.Z.

Für Kathleen Mittelsdorf, Vorsitzende Richterin der Strafkammer, und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt muss jedoch schon früher klar gewesen sein, dass die zentrale Figur im Strafprozess nicht auf der provisorischen Anklagebank Platz nehmen würde. Zum Prozessauftakt auf der „Gibber Kerb“ fanden sich zwei ebenfalls angeklagte frühere Mitarbeiter der Hypo-Vereinsbank samt ihren Strafverteidigern ein – und Kai Schaffelhuber, einer von Hanno Bergers Anwälten. Im Vorfeld des ersten Strafverfahrens – Berger soll sich auch vor einer Strafkammer in Bonn verantworten – hatte Schaffelhuber die deutsche Strafjustiz dafür gerügt, dass sie Berger schon „umfassend vorverurteilt“ habe (F.A.Z. vom 28. Januar).

Haftbefehl besteht weiter

Der Steueranwalt hatte Deutschland vor Jahren verlassen, nachdem Strafverfolger seine Kanzleiräume in Frankfurt durchsucht hatten. Seitdem lebt er in der Schweiz. Die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe der schweren Steuerhinterziehung – und des jüngst vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gewerteten „Bandenbetrugs“ – weist er zurück. Doch die deutsche Justiz wertete Bergers Umzug in die Schweiz als Flucht, zumal er als anerkannter Steuerfachmann gewusst habe, dass das Nachbarland ihn nicht wegen etwaiger Steuerdelikte ausliefern werde. Jüngst scheiterten seine Anwälte mit ihrer Beschwerde gegen den Haftbefehl vor dem OLG Frankfurt. Betritt Berger deutschen Boden, muss er daher mit seiner sofortigen Festnahme rechnen. Auch ein Auslieferungsgesuch an die Schweizer Behörden steht im Raum, doch weder die Strafverfolger noch das Landgericht wollen sich auf mehrfache Anfrage dazu äußern.

„Eine Auslieferung nach Deutschland kommt nicht in Betracht“, sagte Bergers Anwalt Kai Schaffelhuber vor Prozessbeginn. Nach seiner Auffassung sei entscheidend, wie die Schweiz die Sachlage einschätze. In Wiesbaden sei Berger nicht erschienen, weil er nicht ordnungsgemäß geladen worden sei, zitiert die Nachrichtenagentur dpa Schaffelhuber. In der rund 1000 Seiten langen Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die der F.A.Z. in Auszügen vorliegt, ist die aktuelle Wohnadresse des Steueranwalts im Oberengadin aufgeführt.

In dieser Leichtbauhalle soll wegen der Corona-Pandemie in den kommenden Monaten verhandelt werden.


In dieser Leichtbauhalle soll wegen der Corona-Pandemie in den kommenden Monaten verhandelt werden.
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Bild: Frank Röth

Prozess gegen Berger abgetrennt

Doch der Auftritt von Schaffelhuber in Wiesbaden bleibt nicht ohne Folgen: Das Nichterscheinen eines Angeklagten stellt ein Prozesshindernis dar, in solchen Fällen sieht die Strafprozessordnung eine Anordnung der Vorführung vor oder auch eine mögliche Unterbrechung. Richterin Mittelsdorf, die nach Erhebung der Anklage vor drei Jahren zwischenzeitlich den Vorsitz der Strafkammer übernommen hatte, wollte offenbar keine weiteren Verzögerungen riskieren; die Eröffnung des Hauptverfahrens ist wegen der Corona-Pandemie schon mehrfach verschoben worden. Von den anfangs sechs Angeklagten sind am Donnerstag in Wiesbaden nur zwei vor Ort. Im Laufe des Nachmittags gab das Landgericht bekannt, dass der Strafprozess gegen Hanno Berger abgetrennt wird. Wann es zu dem Prozess kommt, steht noch nicht fest.

Damit müssen sich zunächst ein ehemaliger Kundenberater sowie ein früherer Aktienhändler wegen Steuerhinterziehung in Wiesbaden verantworten. Die 56 und 49 Jahre alten Angeklagten sollen „Cum-Ex“-Geschäfte des im Jahr 2013 verstorbenen Immobilieninvestors Rafael Roth begleitet haben. Dadurch soll ein Steuerschaden in Höhe von 113 Millionen Euro entstanden sein.

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