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#Das Ende von „Ein Land, zwei Systeme“

Das Ende von „Ein Land, zwei Systeme“

Für Hongkong hat am Donnerstag eine neue Zeit begonnen. Das politische System der Sonderverwaltungsregion wird umgebaut. Zwar behielt der Sprecher des Nationalen Volkskongresses die Details der Reform am Donnerstagabend für sich. Aber er bestätigte, dass die „Verbesserung des Hongkonger Wahlsystems“ auf der Tagesordnung des Volkskongresses steht. Das chinesische Scheinparlament kommt von diesem Freitag an für sieben Tage zu seiner alljährlichen Sitzung zusammen. Die 2907 Delegierten werden ein Gesetz absegnen, das sie an diesem Freitag zum ersten Mal zu Gesicht bekommen.

Friederike Böge

Ein deutliches Zeichen setzte auch die Konsultativkonferenz, die jedes Jahr einen Tag vor dem Volkskongress tagt. Im Bericht ihres Vorsitzenden klaffte am Donnerstag eine bemerkenswerte Lücke. Anders als in früheren Jahren fehlte darin die Formulierung „ein Land, zwei Systeme“. 23 Jahre lang war es das zentrale Konzept, mit dem die Autonomierechte der Stadt umschrieben wurden. Stattdessen lautet die Formel nun: „Patrioten regieren Hongkong“. Die Parole hatte Machthaber Xi Jinping im Januar ausgegeben. Im Februar machte das Amt für Hongkong-Angelegenheiten deutlich, dass etwas Großes in Planung sei. Das politische System der Stadt müsse „verbessert“ werden, „um sicherzustellen, dass die Institutionen der Macht in Hongkong fest in den Händen echter Patrioten sind“, sagte Amtsleiter Xia Baolong.

Unternehmer schalten Anzeigen

In den vergangenen Tagen wurden erste Grundzüge einer Wahlreform sichtbar. Regierungsquellen ließen durchblicken, dass die Zentralregierung künftig von einem Komitee prüfen lassen könnte, ob ein Parlamentskandidat hinreichend loyal sei. Zudem soll wohl die Besetzung des sogenannten Wahlkomitees verändert werden, das den Regierungschef in Hongkong bestimmt. Dort wurde zwar noch nie jemand gewählt, der nicht vorab von Peking designiert wurde. Doch die Protestbewegung von 2019 hat Chinas Führung aufgerüttelt. Für einen kurzen Moment schien es möglich, dass prodemokratische Kräfte so viele Sitze im Wahlkomitee erringen könnten, dass die Hongkonger Tycoons sich ihnen als Königsmacher hätten andienen können.

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Mit dem „nationalen Sicherheitsgesetz“ hat Peking die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Übrig sind nur noch die Bezirksräte, die 117 von 1200 Sitzen im Wahlkomitee innehaben. Diese letzte Randzone der politischen Partizipation will Peking künftig nicht mehr dulden. Die Wahlrechtsreform ist aber auch ein Affront für die pekingfreundlichen Kräfte. Ihnen entzieht die Zentralregierung das Vertrauen, indem sie einmal mehr das Hongkonger Parlament umgeht. Das war schon beim „nationalen Sicherheitsgesetz“ der Fall.

Es ist bezeichnend, dass selbst Pekings Verbündete am Donnerstagabend noch nicht die Details der Reform kannten. „Alle in Hongkong warten auf die neuen Spielregeln“, sagte der Kommentator Kam Man-fung aus dem Pro-Peking-Lager der F.A.Z. Auch in den Reihen der Tycoons macht sich Unruhe breit, wie die „South China Morning Post“ berichtete. In den vergangenen Tagen schalteten viele prominente Unternehmer Anzeigen, in denen sie die Formel „Patrioten regieren Hongkong“ priesen. Xia Baolong, Leiter des Hongkong-Büros, hat längst angekündigt, dass auch in der Justiz, im Bildungswesen und in den Medien künftig nur noch Patrioten Platz haben sollen.

Hongkong fällt aus einem bekannten Ranking

Es ist wohl kein Zufall, dass fast gleichzeitig mit dem Volkskongress 47 führende Köpfe der Opposition vor Gericht stehen. Ihr Prozess hätte eigentlich im April beginnen sollen, wurde aber vorgezogen. Der amerikanische China-Fachmann Jerome Cohen spricht von „einem offensichtlichen Versuch, dafür zu sorgen, dass sie in der Öffentlichkeit keine Kommentare abgeben können, wenn der Volkskongress dem Hongkonger Wahlsystem weitreichende Änderungen aufzwingt“. Donnerstag war der vierte und letzte Tag einer 28 Stunden langen Marathonanhörung über Kautionsanträge. Das Gericht entschied, dass 32 der 47 Angeklagten bis zum Abschluss der Ermittlungen in Untersuchungshaft bleiben müssen, obwohl diese noch drei Monate dauern sollen. Den übrigen 15 wurde zwar eine Kaution gewährt. Sie müssen aber trotzdem im Gefängnis bleiben, weil die Staatsanwaltschaft Berufung einlegte.

Der Jurist Jerome Cohen nannte das Verfahren in seinem Blog eine „Travestie der Justiz“. Den Oppositionellen drohen jahrelange Haftstrafen, weil sie im vergangenen Jahr eine informelle Vorwahl abgehalten haben. Die Staatsanwaltschaft sieht darin eine „Verschwörung zur Subversion“. Am ersten Prozesstag hatten sich Hunderte Unterstützer vor dem Gericht versammelt. Manche riefen verbotene Slogans. Seit der Zerschlagung der Protestbewegung hatte man solche Bilder nicht mehr gesehen.

Die Heritage Foundation hat derweil schon die Konsequenzen aus der neuen Lage in Hongkong gezogen. Am Donnerstag erschien ihr Ranking der freiesten Volkswirtschaften der Welt. Hongkong stand 25 Jahre an dessen Spitze. In diesem Jahr wurde die Stadt zum ersten Mal nicht mehr aufgeführt, sondern China zugeschlagen. Auf Platz 107.

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