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Das Handwerk trägt Hut

Und dann steht er plötzlich da: Sébastien Tellier, Sänger, Songwriter und ehemaliger französischer ESC-Teilnehmer (18. Platz im Jahr 2008 in Belgrad). Auch Tellier, Rauschebart und dicke Sonnenbrille, macht mit bei einer kleinen Führung durchs neue Chanel-Gebäude „19M“ am Stadtrand von Paris, und man weiß nicht so recht, ob er einfach nur aus Interesse dabei ist oder auch als eine Art Werbefigur. Vermutlich aus beiden Gründen: Denn gleich findet in diesem Gebäude die Chanel-Métiers-d’Art-Schau statt, und die schaut er sich natürlich auch an.

Alfons Kaiser

Verantwortlicher Redakteur für das Ressort „Deutschland und die Welt“ und das Frankfurter Allgemeine Magazin.

Tellier trägt eine Tweedjacke von Chanel, die es in seinen Maßen nicht allzu oft geben wird – schließlich geht es hier um Damenmode, und diese Jacken tragen nur wenige Männer wie Pharrell Williams oder Lars Eidinger. Auf dem Kopf hat er eine dicke Basecap, schwarz mit goldenen Nähten und goldenen Sprengseln, als ob er gleich einen Auftritt hätte, und den hat er jetzt ja gewissermaßen. Die Kappe stammt hier aus dem Haus.

Denn im 19M sitzen die Métiers d’Arts von ­Chanel, also die Kunsthandwerker – und zu denen gehört auch Maison Michel, der Hutmacher, dessen MM-Logo Telliers Kappe ziert. Auch das Armband aus dreireihigen Perlen sieht von Ferne nach ­Chanel aus. „Ich muss aber gestehen“, sagt Tellier, „das habe ich für zwei Euro in einem Spielzeugladen gekauft.“ Dann ist es eher nicht von Chanel.

Das neue Gebäude 19M in Paris, in dem die Kunsthandwerker von Chanel untergebracht sind, hat eine filigrane Außenhaut.


Das neue Gebäude 19M in Paris, in dem die Kunsthandwerker von Chanel untergebracht sind, hat eine filigrane Außenhaut.
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Bild: Foto Unternehmen

Immer Anfang Dezember präsentiert die Marke die Kollektion, die ihren Kunsthandwerkern gewidmet ist. Karl Lagerfeld war vor 20 Jahren auf die Idee gekommen. Der Chanel-Designer, der sich trotz Überbeschäftigung oft unterbeschäftigt fühlte, hatte im Jahresverlauf der Modenschauen vor Weihnachten eine Lücke entdeckt. Daher wird diese aufwendig gearbeitete Zwischenkollektion seit 2002 immer im Dezember präsentiert, oft im Ausland, zum Beispiel in Dallas (2013), Salzburg (2014) oder Rom (2015). Die Schau in der Elbphilharmonie in Hamburg (2017) war zugleich Lagerfelds letzter Besuch in seiner Heimatstadt, und New York (2018) war seine letzte große Reise überhaupt.

Keine Lieferengpässe

Für die 20. Kollektion geht es zurück nach Paris, aus Infektionsschutzgründen und weil es nun eben dieses neue Gebäude am Stadtrand gibt. Der Name „19M“ bezieht sich auf den 19. Pariser Stadt­bezirk, in dem das Haus liegt, zugleich auf Coco Chanels Geburtstag (19. August 1883) und somit auf eine der Glückszahlen der numerologisch interessierten und überhaupt ziemlich abergläubischen Modemacherin. Das „M“ wiederum soll für „mains“ (Hände), „métier“ (Handwerk) und „mode“ stehen. Ohnehin mangelt es dem Haus an der Stadtautobahn Périphérique nicht an Symbolik. Der französische Architekt Rudy Ricciotti hat die fünf ­Etagen um den öffentlich zugänglichen begrünten Innenhof mit asymmetrisch verlaufenden vertikalen Säulen verkleidet – die an die Fäden erinnern sollen, die hier gesponnen werden.

Diese Fäden reichen weit zurück. Schon 1954, als Coco Chanel nach fast einem Jahrzehnt in der Schweiz ihre zweite ­Karriere in Paris begann, beauftragte sie Robert Goossens mit der Entwicklung von Schmuck für ihre Kollektionen – seit 2005 gehört der Gold- und Silberschmied zur Chanel-Tochter Paraffection und sitzt nun auch hier. 1957 entwickelte der Schuhmacher Massaro für Chanel die berühmten Riemchenpumps mit schwarzer Kappe – seit 2002 gehört auch dieser Handwerksbetrieb zu Paraffection. Ebenfalls dabei in der neuen zweiten Zentrale des Konzerns (die erste bleibt an der Rue Cambon mitten in der Stadt) ist Lemarié: Seit 1960 stellt der auf Federn und Stoffblumen ­spezialisierte Betrieb im Auftrag von Chanel die Kamelie her, Made­moiselles Lieblingsblume – in unzähligen Varianten, bis hin zu einem von Lagerfeld im Jahr 2005 entworfenen Brautkleid, das nur aus Kamelienblüten bestand.

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Dutzende solcher Firmen, deren ­Gründer gestorben waren oder deren Geschäftsmodell den Zeiten nicht standhielt, hat Chanel aufgekauft. Als Coco Chanel vor mehr als 100 Jahren mit der Mode begann, gab es in Paris angeblich noch mehr als 800 plumassiers, also Feder­schmücker, die Federn aufbereiten und als Besatz an Kleidung oder Hüten anbringen – heute gibt es nur noch eine Handvoll, und der größte ist Lemarié. Mit den Werkstätten sichert sich die Luxusmarke ihre Lieferketten, die schon deshalb nicht von Suezkanal-Blockaden oder Pandemie-Schwierigkeiten geplagt sind, weil dieses Unternehmen alles in Europa herstellt, vor allem in Frankreich. „Wir müssen das Know-how erhalten und den Nachwuchs für die Ateliers ausbilden“, sagt Chanel-Geschäftsführer Bruno Pavlovsky zu den vielen Betrieben, die er im Auftrag der Chanel-Besitzer Alain und Gérard Wertheimer übernommen hat.

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