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#Das „Tübinger Modell“ beginnt zu wackeln

Das „Tübinger Modell“ beginnt zu wackeln

In der sogenannten Modellkommune Tübingen mit Lockerungen und massenhaften Tests sind die Corona-Fallzahlen auch am Mittwoch stark gestiegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt legte nach Angaben des baden-württembergischen Gesundheitsministeriums auf 89,6 Fälle je 100.000 Einwohner und binnen einer Woche zu. Am Vortag hatte der Wert noch bei 78,7 gelegen.

Seit vergangenen Freitag hat sich die Inzidenz in der Stadt Tübingen damit mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: am 18. März betrug sie noch 19,7. Zuerst hatte das „Schwäbische Tagblatt“ über den neuen Wert berichtet. Auch die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen legte zu: Am Mittwoch (Stand 16.00 Uhr) erreichte sie den Wert von 129,8 Ansteckungen, wie das Landesgesundheitsamt mitteilte.

In der Talkshow von Markus Lanz am vergangenen Dienstag begründete Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) den Anstieg der Fallzahlen mit der Ausweitung der Testungen. In Tübingen würden sich pro Woche rund 50.000 Menschen mindestens einmal testen lassen. Das sei fünfmal so viel wie der bundesdeutsche Durchschnitt. So habe man es auch geschafft sogenannte Super-Spreader, also Personen, die am Coronavirus erkrankt sind, es meist aber gar nicht mitbekommen und ihn dann verbreiten, zu isolieren. Palmer sagte weiter, er wisse zwar nicht, ob das Tübinger Modell erfolgreich sein werde, aber er hoffe das.

Am Mittwoch sagte er allerdings bereits der dpa, die Stadt werde die Lage bis zum Ostermontag beobachten. Er werde einen Tag später dem Gesundheitsministerium berichten. Dort sagte ein Sprecher: „Sollte Tübingen weiterhin steigende Inzidenzen haben und stabil auf die 100 zugehen beziehungsweise diese Marke pro 100.000 Einwohner sogar überschreiten, muss geprüft werden, inwieweit das Projekt ausgesetzt werden muss.“ Vor diesem Hintergrund und auch aufgrund der steigenden Infektionszahlen mitten in der dritten Pandemiewelle denke das Ministerium momentan auch nicht an die Ausweisung weiterer Modellprojekte.

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SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hatte unter der Woche seine Kritik daran erneuert. Auf Twitter schrieb er zwar, dass in Tübingen die Zahl der Infektionen, gemessen am hohen Maß der Öffnungen, „relativ niedrig“ seien. Das Problem sei aber, dass sie dennoch ansteigen würden. Das Tübinger Modell ersetze keinen vorübergehenden Lockdown, so „wird es aber verkauft“, twitterte Lauterbach.  „Testen statt Lockdown“ ist Wunschdenken, genau wie „Abnehmen durch Essen“.

„Wir kriegen das Tourismus-Problem nicht in den Griff“

Seit dem 16. März können sich Menschen in Tübingen an mehreren Stationen kostenlos testen lassen. Mit der Bescheinigung des negativen Ergebnisses können sie dann in Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen. Seitdem gilt Tübingen auch bundesweit als Vorreiter für zahlreiche Kreise und Städte, die ähnliche Modelle anstoßen wollen.

Allerdings ist auch die Tübinger Pandemiebeauftragte Lisa Federle skeptisch geworden: Stiegen die Zahlen weiter, müsse der Pilot zumindest unterbrochen werden, sagte die Notärztin dem „Schwäbischen Tagblatt“ in Tübingen. Die aktuelle Entwicklung und die Heerscharen von Touristen habe sie sich nicht als Teststrategie vorgestellt. „Wir kriegen das Tourismus-Problem nicht in den Griff“, sagte sie der dpa. Selbst wenn das Projekt abgebrochen oder ausgesetzt werden sollte, sieht Federle darin aber kein Scheitern. „Meine Intention war es, den Menschen einen anderen Weg aufzuzeigen. Ich bin mir sicher, dass es bundesweit eine Teststrategie geben wird, damit wir nicht in die nächste Welle unvorbereitet hineinrauschen“.

Oberbürgermeister Palmer zog am Mittwoch wegen des großen Zustroms auswärtiger Gäste in seine Stadt und steigender Corona-Zahlen abermals die Reißleine: Menschen, die nicht im Landkreis Tübingen wohnen oder in der Stadt Tübingen arbeiten, erhalten bereits ab Donnerstag (1. April) keine Tagestickets mehr an den Teststationen. Die Regelung gilt aber nur bis Ostermontag.

Modellprojekte wie in Tübingen sollten nach Auskunft des Berliner Virologen Christian Drosten eine gute wissenschaftliche Begleitung haben. Das Ziel, Menschen zu motivieren sich testen zu lassen und etwa einkaufen zu gehen, sei vorerst gut. Das sollte man punktuell durchaus mal ausprobieren. Wichtig seien aber auch Abbruchkriterien und eine Vergleichsstadt ohne Modellprojekt.

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