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#Demo stürzt sächsische Koalition in „Vertrauenskrise“

Demo stürzt sächsische Koalition in „Vertrauenskrise“

Nach der am Samstag in Leipzig aus dem Ruder gelaufenen Veranstaltung der sogenannten „Querdenker“-Initiative aus Stuttgart ist Sachsens Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen in eine schwere Krise geraten. „Ja, das ist eine Belastung für diese Koalition“, sagte Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) am Dienstag in Dresden. „Es gibt eine sehr unterschiedliche Bewertung der Vorkommnisse von Leipzig innerhalb der Regierung.“

Stefan Locke

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Für die Grünen sagte Vizeregierungschef Wolfram Günther, die Koalition befinde sich einer Vertrauenskrise. Zwar sei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, aber auf einem Hochpunkt der Pandemie müsse der Staat auch den Gesundheitsschutz gewährleisten. „Die Polizei darf nicht zurückweichen“, forderte Günther. Beide Minister wiesen zudem darauf hin, das Problem bereits vor dem Demonstrations-Samstag im Kabinett angesprochen zu haben, was jedoch ohne Erfolg bei den CDU-Vertretern geblieben sei.

Grüne fordern Rücktritt des Ministers

Grüne und SPD erklärten, jetzt zügig Aufklärung in der Sondersitzung des Innen- und Rechtsausschusses im Landtag zu erwarten. Beide Ausschüsse sollen am Donnerstag tagen. Darüber hinaus werde es ein Treffen der Parteivorsitzenden aller Koalitionspartner geben, um über die Krise zu sprechen. „Was ich nicht akzeptiere, ist, wenn es wie immer ist: In Sachsen machen wir keine Fehler“, sagte Dulig. Die „Kritikfähigkeit der sächsischen CDU“ müsse gesteigert werden. Der Staat müsse sichtbar alle Auflagen durchsetzen und gegen Gewalttäter vorgehen, sagte Günther. „Die Veranstaltung war nicht friedlich. Es gab Gewalt aus der Demonstration heraus. Unsere Erwartung ist, dass der Staat darauf reagiert.“ Den Rücktritt des im Zuge der Ereignisse heftig kritisierten CDU-Innenministers Roland Wöller forderten weder Dulig noch Günther. Die Grünen hatten zuvor gefordert, der Minister müsse gehen. „Das größte Problem heißt nicht Roland Wöller, sondern Corona“, sagte Dulig.

Die Union wiederum warf insbesondere den Grünen vor, mit ihren Äußerungen „der herausfordernden gesellschaftlichen Lage in keiner Weise gerecht“ zu werden. Die Grünen legten „je nach politischem Gusto unterschiedliche Maßstäbe“ an, sagte CDU-Generalsekretär Alexander Dierks. „Die Grünen sollten sich ihrer Verantwortung als regierungstragende Partei bewusst werden.“ Wöller selbst wollte auf einer Pressekonferenz am Dienstagabend Rücktrittsforderungen nicht kommentieren. Die Vorgänge würden aufgearbeitet, sagte er und kritisierte abermals das Oberverwaltungsgericht, das die Demo ins Zentrum verlegt hatte. Zugleich beharrte er auf seiner Einschätzung von einem „überwiegend friedlichen Verlauf“ der Veranstaltung. Zwar habe es 122 Straftaten gegeben, doch die Mehrzahl der 20.000 Teilnehmer sei friedlich geblieben.

Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar bedauerte, dass es den Einsatzkräften nicht gelungen sei, Hooligans und rechtsextreme Gewalttäter aus der Menge zu lösen, die nach Ende der Demo Gegendemonstranten, Polizisten und Journalisten angegriffen hatten.

Das Oberverwaltungsgericht begründete am Dienstagabend seine Entscheidung, die Demo im Zentrum Leipzigs zuzulassen. Demnach sei für 16.000 Menschen ausreichend Platz gewesen, weshalb eine Verlegung ein unzulässiger Eingriff in die Versammlungsfreiheit gewesen wäre. Die polizeiliche Gefahrenprognose von deutlich mehr als 20.000 Teilnehmern hätten die Richter nicht nachvollziehen können.

Teilnehmerzahl bei Demos begrenzt

Unterdessen änderte Sachsens Regierung am Dienstag die Corona-Schutzverordnung. Künftig sollen maximal 1000 Teilnehmer als Richtgröße bei Demonstrationen gelten, es sei denn, das Infektionsrisiko ist minimiert und beherrschbar. Am Samstag hatten in Leipzig rund 90 Prozent der mehr als 20.000 Teilnehmer weder eine Maske getragen noch den geforderten Abstand zueinander eingehalten. Zudem waren maximal 16.000 Teilnehmer erlaubt gewesen, weshalb Stadt und Polizei die Veranstaltung unter lautstarkem und zum Teil auch gewalttätigem Protest der Teilnehmer schließlich auflösten.

Einstige Bürgerrechtler kritisierten die Vereinnahmung des Herbstes 1989 durch die „Querdenken“-Veranstalter. „Angereist von Hamburg bis München, maßten sie sich an, die Friedliche Revolution von 1989 vollenden zu wollen. Das macht fassungslos und wütend“, schrieben die Bürgerrechtler in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung und fragten, mit welchem Recht der Mut, der Freiheitswillen und die Selbstbefreiung derer, „die unter Gefahr der Inhaftierung und Verfolgung von Leipzig aus die SED-Diktatur abschüttelten“, missbraucht würden. „Mit welchem Recht verursachen Gäste in unserer Stadt ein Superspreading-Event“ und ignorierten sämtliche Schutzmaßnahmen? Zugleich warfen sie auch staatlichen Institutionen Versagen vor. „Wie konnten alle Auflagen von Beginn an ohne Folgen missachtet werden?“ Durch die Ereignisse sei dem Ansehen „der Stadt der Friedlichen Revolution unsäglicher Schaden zugefügt“ worden.

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