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#Der Aufstand des Millionärs

„Der Aufstand des Millionärs“

Neemat Frem fährt selbst. Der libanesische Großindustrielle und Politiker hat gerade die Auftaktveranstaltung für seine Wahlkampfkampagne absolviert. Umgeben von Gratulanten, Ratgebern und Fragestellern verlässt Frem den Theatersaal. Er muss schnell weiter, befreit sich, so unauffällig es eben geht, aus der Menschentraube. Seine dunkle Limousine steht zur Abfahrt bereit. Frem nimmt nicht auf der Rückbank Platz, wie es der Dünkel bei anderen Politikern seines Landes gebietet. Er schwingt sich hinter das Steuer. Die Leibwächter bleiben zurück.

Die Fahrt führt durch Jounieh, eine Küstenstadt mit rund 350.000 Einwohnern, in welcher der Kontrast zwischen der tristen libanesischen Gegenwart und der Zeit, der das Land hinterhertrauert, besonders gut sichtbar wird. Längst sind es nicht mehr lange Nächte in den Klubs oder im Spielkasino, die mit der Stadt assoziiert werden, oder unbeschwerte Tage am Meer. Es sind vor allem die berüchtigten Staus, die es hier zu jeder Tageszeit zu geben scheint.

So dauert es nicht lange, bis Neemat Frem auf der Schnellstraße zum Stehen kommt. „Das widert mich an“, ruft er über das Lenkrad hinweg. „Zum Teufel mit ihnen.“ Er meint nicht die Autofahrer, die sich in vier Spuren auf einer eigentlich dreispurigen Fahrbahn drängen. Es sind die Mächtigen in seinem Land, die ihn wütend machen. Die erst die Leute ruinierten und ihnen dann Geld für ihre Stimmen anböten. „Ich werde noch eine Kampagne starten“, sagt Frem. „Nehmt das Geld – und wählt, wen ihr wollt!“

Beobachter attestieren glaubhaften Veränderungswillen

Es ist gute Tradition, dass der libanesische Wähler mit einer handfesten Gegenleistung für seine Stimme rechnen kann. Gewöhnlich ist der Ansturm auf die Behörden besonders groß, wenn eine Wahl ansteht. Da lohnt sich die Wartezeit für einen Ausweis. Am Sonntag soll ein neues Parlament bestimmt werden – und die Bilanz der derzeit herrschenden politischen Klasse, die Libanon wie ein Mafiakartell unter sich aufgeteilt hat, ist verheerend. Das Land steckt in einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen der neueren Geschichte überhaupt. Der Staat ist offiziell bankrott, seine Infrastruktur verfällt, der Wert der Landeswährung ist schon verfallen. Drei von vier Libanesen leben laut Schätzungen der Vereinten Nationen unterhalb der Armutsgrenze.

Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht, von Besserung ganz zu schweigen. Außerdem hat diese politische Klasse die größte nicht nukleare Explosion der Geschichte zu verantworten, die am 4. August 2020 weite Teile der Hauptstadt Beirut verwüstete. „Wenn ihr mit der gegenwärtigen Lage zufrieden seid, dann wählt die Leute, die euch in diese Lage gebracht haben“, sagt Frem zum Wahlkampfauftakt.

Neemat Frem fährt von einer Wahlkampfveranstaltung in Jounieh nach Hause.


Neemat Frem fährt von einer Wahlkampfveranstaltung in Jounieh nach Hause.
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Bild: Maria Klenner

Tatsächlich müsste in der Opposition Goldgräberstimmung herrschen. Aber in Libanon gelten herkömmliche Gesetzmäßigkeiten der Politik nicht. Die Aussichten auf Veränderung sind minimal. Alle Kandidaten, die von den großen Wahlplakaten lächeln, mögen Reformen versprechen. Aber den meisten von ihnen, vor allem jenen mit den größten Erfolgsaussichten, sollte man das besser nicht glauben.

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