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#Der „Detektiv“ inszeniert sich als Opfer

Der „Detektiv“ inszeniert sich als Opfer

Am Mittwoch war Ibiza-Tag im Ibiza-Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments. Das ist nicht so selbstverständlich, wie es klingt. Denn ansonsten beschäftigt sich das mit den Stimmen der Opposition eingesetzte Gremium hauptsächlich damit, nach Anzeichen für angebliche Korruption der früheren Mitte-rechts-Regierung zu suchen. Das politische Ziel ist der Kopf von Bundeskanzler Sebastian Kurz, dem Vorsitzenden der konservativen ÖVP, der heute eine Mitte-Links-Koalition mit den Grünen anführt. Aber diesmal ging es um den Auslöser der Affäre, das Ibiza-Video, in dem Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus heimlich mitgeschnitten wurden. Die beiden früheren Spitzenpolitiker der rechten FPÖ sind infolge ihrer anstößigen Aussagen in dem Video längst aus der Politik ausgeschieden und deshalb als Angriffsziele uninteressant geworden.

Stephan Löwenstein

Befragt wurde Julian H., der Macher des Videos, der „Ibiza-Detektiv“. Er war es, der über Gudenus den Kontakt zu Strache aufgebaut hat. Er hat die Frau, die als angebliche russische Oligarchin den Lockvogel spielte, zur Mitarbeit gewonnen – auf welche Weise auch immer. Er hat die Villa auf Ibiza verwanzt, in der das Stück aufgeführt wurde, in dem er als Begleiter der Oligarchin selbst mitspielte.

Zwei Sichtweisen auf Julian H.

Schon wenige Wochen nach den Veröffentlichungen über das Ibiza-Video im Mai 2019, die zu einem jähen Ende der ÖVP-FPÖ-Regierung führten, wurde bekannt, dass er und der Wiener Rechtsanwalt M. die Falle aufgestellt hatten, in die Strache so bereitwillig tappte. Aber im Unterschied zum Anwalt tauchte der „Detektiv“ erstmal unter – in Deutschland, wie man inzwischen weiß. Im Dezember wurde er in Berlin festgenommen und inzwischen an Österreich ausgeliefert. Was ihm vorgeworfen wird, hat nur zum geringeren Teil mit „Ibiza“ zu tun. Er wurde vor allem gesucht wegen mutmaßlichen Drogenhandels, konkret des angeblichen Verkaufs von mehr als einem Kilogramm Kokain. Und wegen eines angeblichen Erpressungsversuchs, weil er versucht habe, das gesamte Video an Strache zu verkaufen. H bestreitet die Vorwürfe.

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Nun gibt es zwei mögliche Sichtweisen auf H. Die eine wäre die auf eine eher mediokre, halbseidene Gestalt, die sich in jenem robusten Milieu tummelte, das sogenannte Sicherheitsdienste anbieten. Dem Verdacht der Staatsanwaltschaft zufolge hatte er sich mit dem Verkauf von Drogen etwas dazuverdient. Und dann wäre er – mit Anwalt M. – mit einem früheren Leibwächter Straches in Kontakt gekommen. Dieser Leibwächter R. will jahrelang wegen einer Kränkung Belege dafür gesammelt haben, dass Strache mit falschen Abrechnungen seine Partei betrogen habe. Zudem will er Fotos mit einer Sporttasche voll Geld gemacht haben, die Strache mit sich geführt habe. Strache bestreitet beides.

Folgt man dieser Sichtweise, so hätten die späteren Ibiza-Protagonisten hier das Potential gesehen, durch ein wenig Verdichtung so viel „Kompromat“ zu sammeln, dass man es zu Geld machen kann. Oder aber, so ließe sich diese Lesart variieren, es hätte einerseits eine politische Motivation gegeben, für deren Zwecke man sich dann des „Detektivs“ bedient hätte.

Die andere Sichtweise versuchte H. in verschiedenen Interviews und jetzt auch or dem Untersuchungsausschuss zu vermitteln. Das Ganze sei seine Idee gewesen. Er sei nicht von Anfang an „als politischer Aktivist“ in die Sache gegangen, habe aber „nach und nach eine gewisse Empörung empfunden, dass nicht ermittelt wurde“. Man sei mit dem Material von R. über Straches angebliche Machenschaften zur Polizei gegangen, die aber untätig geblieben sei. H. bestreitet jedwedes pekuniäre Interesse, er habe weder versucht, das Material von R. zu verkaufen, noch sei am Ende für das Ibiza-Video bezahlt worden. Veröffentlicht haben einen Zusammenschnitt daraus im Mai 2019 die deutschen Medien „Der Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“, die ebenfalls versichert haben, sie hätten dafür nicht gezahlt.

Das Bundeskriminalamt als Räuberhöhle?

Julian H. sieht sich nun als Opfer politisch motivierter Verfolgung. Die Vorwürfe gegen ihn beruhten auf falschen Aussagen hauptsächlich eines früheren Mitarbeiters, von dem er sich im Streit getrennt hatte. Die Ermittler hätten gar nicht versucht, diese Aussagen zu überprüfen, sondern sie verwendet, um ausländische Behörden zur Kooperation zu bewegen: Eine Hausdurchsuchung in Spanien beispielsweise, und vor allem die Festnahme in Deutschland und Auslieferung an Österreich. Zu diesem Thema berichtete H. am Mittwoch detailreich, wie er nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos von verschiedenen Seiten observiert worden sei, teils plump, teils aber auch sehr professionell. Es habe Drohungen gegen ihn gegeben, und das österreichische Bundeskriminalamt wirkt in den Schilderungen H.s wie eine Räuberhöhle.

Wo es jenseits von Gerüchten konkret wurde, sagte er allerdings regelmäßig unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen gegen ihn, er „entschlage“ sich der Aussage. Das tat H. auch, als er nach einem Gerücht gefragt wurde, das er selbst als Zeuge im deutschen Wirecard-Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung zum Besten gegeben hatte. Da ging es um ein angebliches Video, das „gerüchtehalber“ Kokainkonsum in einer höchstrangigen Runde von „ÖVP-Leuten und -Konsorten“ zeige. Jetzt im Wiener Ausschuss wollte H. darüber nicht reden. Machte aber nichts, die Opposition konnte ja danach fragen, und damit war das Thema in aller Unschuld plaziert.

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