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#Der nächste Herausforderer für die Leichtathletik

Der nächste Herausforderer für die Leichtathletik

Für ein Programm, das aus vergleichsweise simplen sportlichen Anstrengungen besteht, stößt die Leichtathletik erstaunlich oft an Grenzen selbstgesetzter Regeln. Wer Mann ist, wer Frau, wer aufgrund der genetischen Infrastruktur zu welchen Wettbewerben zugelassen wird oder nicht – das wurde nirgendwo so intensiv diskutiert wie von World Athletics (WA), wie sich der Weltverband seit 2019 nennt.

Die jüngste Debatte um eine Demarkationslinie passt ins Bild. Es geht einerseits nur um eine Person: den amerikanischen Sprinter Blake Leeper, der ohne Unterschenkel und Füße auf die Welt kam und mit Prothesen lebt. Der 31-Jährige trat 2009 zum ersten Mal bei internationalen Veranstaltungen an, sammelte bei Weltmeisterschaften und Paralympischen Spielen zahlreiche Medaillen. 2015 wurden bei einem Doping-Test in seinem Urin Spuren von Benzoylecgonin entdeckt, einem chemischen Baustein von Kokain. Weil die Richter fanden, er habe die Droge nicht genommen, um seine Leistungen zu steigern, kam er mit einer Sperre von einem Jahr davon.

Bislang musste der Sportler beweisen, dass „die Verwendung eines Hilfsmittels ihm keinen allgemeinen Wettbewerbsvorteil“ verschafft.


Bislang musste der Sportler beweisen, dass „die Verwendung eines Hilfsmittels ihm keinen allgemeinen Wettbewerbsvorteil“ verschafft.
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Bild: dpa

Bei seiner Rückkehr trat er 2017 als erster Teilnehmer mit Prothesen bei den regulären amerikanischen Leichtathletik-Meisterschaften an und schaffte es ins Semifinale über 400 Meter. Seine Zeit: 45,25 Sekunden, ein Hauch besser als die Bestmarke des Südafrikaners Oscar Pistorius, bis dato der berühmteste Prothesen-Sprinter. 2019 steigerte er seine Leistung auf 44,38 Sekunden und wurde zu einem Aspiranten auf die Medaillenränge im Kampf gegen Läufer ohne körperliches Handicap. Nicht nur er selbst sah sich als Kandidat für Olympia in Tokio. Und nun pochten die Funktionäre auf eine 2015 installierte Regelmodifikation: Der Sportler muss beweisen, dass „die Verwendung eines Hilfsmittels ihm keinen allgemeinen Wettbewerbsvorteil“ verschafft.

Was die Wissenschaft herausgefunden hat: Karbonprothesen, die die erforderliche Steifheit und genug Flexibilität bieten, produzieren für sich genommen keine bessere Leistung. Die Geschwindigkeit entspringt der Muskelkraft und der antrainierten Fähigkeit, die Schrittfrequenz zu erhöhen. Die juristische Auslegung übernahm nun das Internationale Sportschiedsgericht Cas in Lausanne und entschied: Leeper habe einen Vorteil, weil er auf seinen Prothesen deutlich größer sei, als er es auf Beinen wäre.

Die Reaktion des dunkelhäutigen Athleten? „Diskriminierung“. Die Studie, die vom Weltverband herangezogen wurde, um zu kalkulieren, wofür es keine faktische Grundlage gibt, weil der Amerikaner nie Unterschenkel hatte, habe übersehen, dass es ethnische Unterschiede im Körperbau gibt. Man hatte Weiße und Asiaten analysiert, aber keine schwarzen Sportler. „Jetzt, wo ich wirklich schnell laufe, behaupten sie, ich hätte einen unfairen Vorteil.“

Der Verband wies den Vorwurf zurück: Leeper einen Startplatz zu verwehren sei ganz normale Übung in Sachen Regelauslegung – um „faire und integre Leichtathletik-Wettbewerbe“ durchführen zu können. Eine Betrachtung, die moralisch daherkommt, aber ignoriert, dass auch Nichtbehinderte mit unterschiedlichen Körpermaßen in Rennen gegeneinander antreten und niemand ihnen vorschreibt, wie groß oder schwer sie sein dürfen.

Der New Yorker Anwalt Jeffrey Kessler, der bereits die südafrikanische Mittelstrecklerin Caster Semenya vertreten hatte, hält die Denkweise von World Athletics für überholt. In Leepers Fall errechnete man verbandsseitig, dass er auf Prothesen 2,07 Meter groß sei. Im Camp des Sprinters kommt man auf einen Wert von 1,89 Meter, was dem Durchschnitt aller 400-Meter-Läufer entspricht. Die Cas-Entscheidung gestattet dem Amerikaner, kürzere Prothesen zu verwenden. Aber das bedeutet, dass er das schnelle Sprinten völlig neu lernen muss. Für Kessler „eine unzumutbare Belastung“.

Die vom Verband freudig begrüßte Entscheidung könnte sich allerdings als Pyrrhussieg herausstellen: Die Regel, wonach der Athlet beweisen müsse, durch seine Prothese keinen Vorteil zu haben, kippten die Schiedsrichter. World Athletics habe keinerlei Verfahren entwickelt, wie Sportler dies leisten könnten. Die Regel des Verbandes sei rechtswidrig und unwirksam. Blake Leeper hat durchaus gewonnen – nur seinen Fall nicht.

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