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#Der Patriot, der seinen Mut mit dem Leben bezahlte

Der Patriot, der seinen Mut mit dem Leben bezahlte

Der Himmel über Ost-Berlin war düster bewölkt, als sich Detlev Karsten Rohwedder auf den Weg zur Volkskammer im Palast der Republik machte. Es war der 13. September 1990, nahezu drei Monate waren vergangen, seit die letzte Volkskammer der DDR ihr Treuhandgesetz verabschiedet hatte. Die ostdeutschen Abgeordneten hatten Rohwedder eingeladen, über den Aufbau der Behörde zu berichten, deren Präsidentschaft er am 1. Juli übernommen hatte.

Inge Kloepfer

Inge Kloepfer

Freie Autorin in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

So erwartungsvoll sie auf ihren Plätzen saßen, so unerfreuliche Nachrichten hielt der westdeutsche Stahl-Manager und neue Chef der Treuhandanstalt für sie bereit. Er berichtete von erheblichen Liquiditätsengpässen in den gut 8000 Betrieben mit ihren insgesamt 6 Millionen Arbeitnehmern, die die Treuhand übernommen hatte. Er berichtete auch von einem nur sehr schleppend anlaufenden Privatisierungsgeschäft. Deshalb würde er die im Treuhandgesetz vorgesehenen Privatisierungsschritte wohl nicht in allen Einzelheiten einhalten können, sagte er und verpasste der Hoffnung der Mitglieder des ostdeutschen Parlaments auf eine Ausschüttung üppiger Privatisierungserlöse einen gehörigen Dämpfer. „Erst kommt das Leben und dann die Paragraphen. Ich entschuldige mich vor dem Gesetzgeber für dieses Wort, aber es ist vielleicht nicht ganz falsch.“ Die ostdeutschen Politiker wollten derlei nicht hören. Ihre Empörung ließ nicht lange auf sich warten.

Ein erfolgreicher Sanierer, der sich in der Politik auskannte

Eines aber wurde vielen von ihnen damals klar: Zweieinhalb Monate nach der Wirtschafts- und Währungsunion ging es nicht mehr um Konzepte und Gesetze. Es ging um den radikalen Umbau einer ganzen Volkswirtschaft unter schwierigsten Bedingungen, die zu der Zeit ganz unmittelbar die Umstellung der gesamten Staatsökonomie auf die D-Mark mit sich brachte. Für diese Herkulesaufgabe brauchte es Praktiker, Pragmatiker und Macher. Und genau so einer war Detlev Rohwedder. „Lösungsorientiert“, sagen Weggefährten, sei sein Lieblingswort gewesen.

Detlev Karsten Rohwedder (1932-1991).


Detlev Karsten Rohwedder (1932-1991).
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Bild: AKG / Bildarchiv

Für die Aufgabe an der Spitze der Treuhandanstalt schien Rohwedder schon biographisch prädestiniert wie kaum ein anderer. Im thüringischen Gotha 1932 geboren, in Westdeutschland aufgewachsen, begann er als promovierter Jurist seine Karriere 1962 in der „Kontinentalen Treuhandgesellschaft“, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf, deren Miteigentümer er nach ein paar Jahren wurde. 1969 holte ihn der damalige Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) als beamteten Staatssekretär in sein Ministerium. Rohwedder wurde SPD-Mitglied und hielt sich dort weit über Schillers Zeit hinaus. Er arbeitete unter Helmut Schmidt, wurde dann sogar noch von den FDP-Ministern Hans Friderichs und Otto Graf Lambsdorff übernommen. Industrie-, Energie- und Außenwirtschaftspolitik fielen in seine Verantwortung, an den Wirtschaftsverhandlungen mit der DDR war er regelmäßig beteiligt.

Fast zehn Jahre später zog es ihn in die Stahlindustrie. 1980 stieg er zum Vorstandsvorsitzenden der Hoesch AG auf, die sich tief in der Verlustzone befand, löste den Konzern aus dem wenig profitablen Verbund mit dem niederländischen Stahlkonzern Estel, verordnete Hoesch einen strammen Restrukturierungskurs und brachte das Unternehmen schon bald in die schwarzen Zahlen. In der Wirtschaftswelt rieb man sich die Augen. Schließlich hatte Rohwedder bis dahin keinerlei Management-Erfahrung aufzuweisen. Ein erfolgreicher Sanierer wurde er trotzdem. Dazu einer, der sich in der Politik bestens auskannte. Genau diese Kombination schien an der Spitze der Treuhandanstalt unverzichtbar. Sie war der Maschinenraum für den brachialen Umbau einer ganzen Volkswirtschaft, deren Richtung die Politik vorgab.

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