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#Die Corona-Lage ist ernst – aber nicht im Supermarkt

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Die Corona-Lage ist ernst – aber nicht im Supermarkt

Als die Bundeskanzlerin Ende September davor warnte, dass die tägliche Zahl der Corona-Infektionen zu Weihnachten mehr als 19.000 liegen könnte, wurde sie von vielen belächelt. Heute, rund 60 Tage vor Heiligabend, meldet das Robert-Koch-Institut 11.287 bestätigte Neuinfektionen – binnen eines Tages.

Vor einigen Tagen sagte die Kanzlerin dann: „Ich bitte Sie: Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort.“ Im Kern soll das heißen: Seien Sie solidarisch und stellen Sie Ihre individuellen Bedürfnisse nicht über das Wohl der gesamten Nation.

Dieser Appell lässt sich in alle Lebensbereiche übertragen – zum Beispiel in den Supermarkt. Dort ist seit einigen Tagen wieder ein Phänomen zu beobachten, das jeder noch aus dem Frühjahr kennt: Teils leere Toilettenpapier-Regale, vergriffene Backartikel, mahnende Zettel, auf denen zum Beispiel „Bitte nur ein Packung pro Haushalt“ steht.

Das scheinen keine Einzelbeobachtungen zu sein: Wie das Statistische Bundesamt an diesem Donnerstag meldet, war der Absatz von Toilettenpapier in der Woche vom 12. bis 17. Oktober 2020 fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Vorkrisen-Monate August 2019 bis Januar 2020.

Rücksichtslos

Auch wenn der Handel beschwichtigt und bislang keine zweite Hamster-Welle anrollen sieht, sind einige der Nager wohl wieder zurück. Und sie handeln genauso rücksichtslos wie zu Beginn der Pandemie.

Denn eigentlich ist genug für alle da. Leere Regale liegen nicht an unterbrochenen Lieferketten oder Fehlkalkulationen des Handels. Dort weiß man genau, wie viele Rollen Toilettenpapier und wie viele Packungen Nudeln üblicherweise gekauft werden.

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Die Produkte sind teilweise vergriffen, weil Hamstern so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung ist. Aus Angst vor der Knappheit laden die Menschen mehr in ihre Einkaufswagen, als eigentlich notwendig wäre – und sorgen durch dieses Verhalten erst dafür, dass die befürchtete Knappheit eintritt.

Wie sich das verhindern lässt? Der Handel stellte dafür heute eine einfache Grundregel auf: Wenn jeder nur das kauft, was er braucht, ist auch genug für alle da. Doch manche Menschen stellen ihre Interessen – ausreichend Toilettenpapier bis zum Tag des Jüngsten Gerichts – über den berechtigten Wunsch der anderen, sich ebenfalls den Hintern abwischen zu können.

Das ist besonders all jenen gegenüber unsolidarisch, die zur Risikogruppe zählen. Ältere Menschen kommen vielleicht nicht mit dem Auto zum Einkaufen, sondern zu Fuß, und können nicht vier Packungen Toilettenpapier auf einmal tragen. Sie wollen sich mitunter auch so selten wie nur möglich der Gefahr einer Ansteckung aussetzen. Und nicht jeden Tag einen Abstecher in den Supermarkt machen, um zu überprüfen, ob denn die Regale wieder aufgefüllt sind.

Für diese Menschen und alle anderen sollten wir uns alle ein wenig zurücknehmen. Und darauf vertrauen, dass in einen Land wie Deutschland weder das Toilettenpapier noch die Nudeln ausgehen werden – wenn wir denn nicht selbst durch unser Verhalten dafür sorgen.

Ja, diese Pandemie ist ein Ausnahmezustand, wie ihn viele Menschen noch nie erlebt haben. Dazu gehört die Unsicherheit über die Zukunft genauso wie der (vermeintliche) Kontrollverlust über bestimmte Lebensbereiche – etwa die Gewissheit, sich einen Thron aus Klopapierrollen bauen zu können, wenn man denn wollte. 

Das ist wahrlich kein angenehmer Zustand. Er lässt sich aber derzeit nicht ändern. Wir können uns mehr als glücklich schätzen, dass das Toilettenpapier die deutschen Schlagzeilen bestimmt, anstatt Massengräber für Corona-Tote wie in Brasilien, Hunderttausende neue Hungerleidende wie in Südostasien oder chaotische Zustände im Gesundheitssystem wie in Amerika.

Viel ernster als ihre Vorräte sollten die Menschen deshalb die Mahnungen der Kanzlerin, anderer Politiker und der Virologen im Land nehmen, das Infektionsgeschehen nicht zu unterschätzen. Die Lage sei „sehr ernst“, sagte am Donnerstag RKI-Präsident Lothar Wieler. Damit meinte er aber nicht die Situation in den Supermärkten.

Jessica von Blazekovic

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