#Die deutschtümelnde Wirtschaftspolitik der AfD
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„Die deutschtümelnde Wirtschaftspolitik der AfD“
Den Parteitag an diesem Wochenende wird die AfD nutzen, um sich nationalistisch und sozial zu präsentieren. Doch während es an dem ersten Attribut keine Zweifel gibt, könnte sich der soziale Anstrich als reiner Taschenspielertrick erweisen. Neben den schon obligatorischen Debatten über die Notwendigkeit von Hygieneregeln, ohne die der Präsenz-Parteitag in Corona-Zeiten gar nicht erst stattfinden dürfte, wird der „Leitantrag zur Sozialpolitik“ im Zentrum der Delegiertenversammlung stehen. Er enthält vor allem eine Rentenreform, in deren Genuss ausschließlich deutsche Staatsbürger kommen sollen. Ins Auge sticht aber auch ein anderes Vorhaben, das bislang vor allem deshalb für Aufregung sorgte, weil es wie viele andere AfD-Ideen ausschließlich Menschen mit deutschem Pass zugute kommen soll: Die beiden AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chupralla gehen mit einem Vorschlag zum bedingten Grundeinkommen in Höhe von 500 Euro im Monat ins Rennen. Das Konzept wurde vom Brandenburger Sozialpolitiker René Springer erarbeitet, „Staatsbürgergeld“ soll es heißen und es ist, so sagen es Kritiker, vor allem eins: unsozial.
Die Idee des Grundeinkommens ist dabei zunächst einmal eine sehr soziale und wird schon länger besonders in linken und grünen Kreisen diskutiert, weil es die Bürger von der Bürde der Erwerbsarbeit befreien könne und Hartz-IV-Empfänger von dem Stigma, dem Staat auf der Tasche zu liegen. Mit einem Grundeinkommen, das ohne Ansehung der Person jedem zusteht, könnten sich die Menschen auf das Wesentliche konzentrieren, so die Befürworter.
Mehr als 150 Sozialleistungen durch ein Grundeinkommen zusammengefasst
Auch die AfD will sich dem Trend nicht verschließen, selbst in der AfD-Wählerschaft seien 53 Prozent dafür, heißt es in dem Antrag. Das „Staatsbürgergeld“ soll als negative Einkommensteuer direkt an den Bürger fließen. „Es ist ein modernes Steuer- und Sozialsystem aus einem Guss mit überwältigenden Vorteilen gegenüber dem heutigen System“, versprechen die AfD-Politiker.
Dieses Steuersystem soll nicht nur „einfach, gerecht und transparent“ sein, heißt es vollmundig in dem Antrag, sondern führe auch zu einem deutlich höheren verfügbaren Einkommen, gerade bei geringen und mittleren Einkommensempfängern: „Mehr Netto vom Brutto ist kein leeres Versprechen mehr.“ Besonders Familien, aus Sicht der AfD die einzige Waffe im Kampf gegen den demographischen Wandel, sollen profitieren.
Die wohl wichtigste Veränderung dürfte allerdings darin liegen, den Sozialstaat gehörig zu entschlacken, der nach Ansicht von Meuthen & Co. in den vergangenen Jahren aus den Fugen geraten ist. Viele der mehr als 150 Sozialleistungen würden durch das Grundeinkommen zusammengefasst, die bisherige staatliche Unterstützung Hartz IV, soll ganz verschwinden. „Das macht den Sozialstaat übersichtlicher, schlanker und effizienter“, heißt es. Jährliche Verwaltungsausgaben in Milliardenhöhe könnten eingespart werden, schwärmen die Antragsteller.
Ökonomen sehen das naturgemäß nüchterner. Alexander Kritikos, Ökonom und Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, etwa warnt: „Mit dem Vorschlag wird der Sozialstaat weitgehend ausgehebelt.“ Meuthen nutze das Grundeinkommen lediglich als Vorwand, um den Sozialstaat so weit wie möglich herunterzufahren. Das wäre ein drastischer Einschnitt: „Ein solcher Umbau des Sozialstaates ließe sich nicht über Nacht bewerkstelligen, es wäre eher eine Jahrhundertaufgabe.“ Mit dem Staatsbürgergeld jedenfalls hätten Hartz-IV-Empfänger wesentlich weniger in der Tasche. Derzeit beträgt der Regelsatz 432 Euro im Monat – plus Heizkosten und Miete.
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