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#Die Energiekosten werden zur Schicksalsfrage

Carsten Richter ist ein Bäckermeister von altem Schrot und Korn und doch sehr modern. Er leitet von Wolfenbüttel aus einen 85 Jahre alten Familienbetrieb mit 15 Filialen und 155 Mitarbeitern. Die vierte Generation seiner Söhne arbeitet schon fleißig mit. Richter hat viel in sein Unternehmen investiert, er verbraucht 15 Prozent weniger Gas und 20 Prozent weniger Strom als früher. Auf dem Dach glitzert eine Solaranlage, die der Chef noch erweitern will, außerdem plant er, die Fahrzeugflotte auf Elektroautos umzustellen. „Langfristig wollen wir energieautark werden“, sagt der Vierundfünfzigjährige. „Das klappt allerdings nur, wenn uns die Industriebäckereien nicht aus dem Markt kegeln.“

Die Gefahr hält er für real, weil die Belastungen für das Handwerk immer mehr zunähmen. „Die Kosten sind mörderisch, aber wenn ich die Preise hochsetze, wandern die Kunden erst recht zum Supermarkt ab.“ Besonders stark steigen die Aufwendungen für Strom.

Das Unternehmen verbraucht 750.000 Kilowattstunden im Jahr und könnte theoretisch von der Preisbremse der Bundesregierung profitieren. Praktisch funktioniert das aber nicht, denn die Gruppe wird nicht in ihrer Gesamtheit betrachtet, sondern jede Betriebseinheit einzeln. „Anders als viele Konkurrenten, vor allem die großen, stehen wir im Regen“, sagt Richter.

Habecks geplanter Markteingriff ist umstritten

Als Familienunternehmer will er nicht klagen, sondern sucht nach Lösungen. Eine besteht darin, dass er die Elektrizität nicht mehr über längerfristige Verträge einkauft, sondern über seinen Stromversorger am Spotmarkt. Das hat Vorteile und Tücken, denn die Preise schwanken stark. Derzeit zahlt der Mittelständler zwischen 10,5 und 13 Cent je Kilowattstunde. „Das ist nicht schlecht, aber wenn Robert Habeck Ernst macht, habe ich trotzdem riesige Wettbewerbsnachteile.“

Was er meint, sind die Überlegungen des grünen Wirtschaftsministers, einen Industriestrompreis einzuführen. Dieser stark subventionierte „Brückenstrompreis“ soll für energieintensive Verbraucher bis zu einer begrenzten Strommenge zeitlich befristet 6 Cent je Kilowattstunde betragen. Das wären mindestens 40 Prozent weniger, als Richter bezahlt. „Dann werden ausgerechnet die Industriebäckereien bevorzugt, die uns ohnehin das Leben schwer machen“, fürchtet er.

Habecks geplanter Markteingriff ist umstritten: wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten und wegen der Wettbewerbsverzerrungen, vor denen Richter im Kleinen ebenso graut wie der EU-Kommission im Großen; wegen des hohen öffentlichen Geldbedarfs von bis zu 30 Milliarden Euro; wegen ordnungspolitischer, klima- und energiepolitischer Bedenken. Denn ein künstlich verbilligter Tarif reizt nicht gerade zum Sparen und hält möglicherweise Stromerzeuger und -verbraucher am Leben, die nicht wettbewerbsfähig sind.

Der Sachverständigenrat, die „Wirtschaftsweisen“, lehnen den Industriestrompreis mehrheitlich ebenso ab wie der Wissenschaftliche Beirat im Finanzministerium. Dessen Chef, Christian Lindner (FDP), steht in dieser Frage in gewohnter Weise antipodisch zu Habeck. Schon gar nicht will er den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zweckentfremden. Die SPD laviert herum, ihr Vorsitzender Lars Klingbeil fordert den Industriestrompreis im Einklang mit den Gewerkschaften. Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) gibt sich wegen der Brüsseler Bedenken skeptisch. Dabei hatte er selbst im Wahlkampf 2021 einen Deckel von 4 Cent vorgeschlagen.

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