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#Die Geburtenrate soll endlich wieder steigen

„Die Geburtenrate soll endlich wieder steigen“

Als Ren Zhen schwanger war, fuhr sie mit dem Vater ihres Kindes in ihr Heimatdorf und gab dort ein Festessen. Nachbarn und Verwandte sollten glauben, dass sie nun verheiratet sei. Inzwischen ist ihre Tochter drei Jahre alt. Geheiratet hat sie nie. „Soweit ich sehen kann, werden Frauen in der Ehe nur ausgebeutet“, sagt Ren. Die chinesische Frauenrechtsaktivistin, rotgetönte Haare, weiche Gesichtszüge, sitzt in einem Schnell-Restaurant in einem staubigen Vorort von Peking. Mit dem Vater ihrer Tochter hat sie sich auf eine „kooperative Elternschaft“ geeinigt. Ren und ihre Mitstreiterinnen engagieren sich für die Rechte unverheirateter Mütter in China. Ihre wichtigste Forderung lautet: Gleicher Zugang zu bezahlter Elternzeit und gleiche Kostenübernahme für die medizinische Betreuung während der Schwangerschaft. Bisher war das ein vergeblicher Kampf.

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für China, Nordkorea und die Mongolei.

Chinas demographische Krise hat bei den Behörden aber ein Umdenken bewirkt. Die Zentralregierung hat die Lokalregierungen im ganzen Land zu „mutigen Innovationen“ aufgerufen, um die historisch niedrige Geburtenrate zu steigern. Im Januar gab die Provinz Sichuan bekannt, dass für die Registrierung einer Schwangerschaft jetzt keine Heiratsurkunde mehr nötig sei. Damit haben unverheiratete Mütter den gleichen Zugang zu Sozialleistungen wie Verheiratete.

Die Mitteilung löste eine aufgeregte Debatte aus. Sie zeigt, wie tief das Stigma der Unehelichkeit in der Gesellschaft verwurzelt ist. Die Provinzregierung von Sichuan musste sich Vorwürfen erwehren, mit der Gleichstellung unverheirateter Mütter außereheliche Affären von Männern zu fördern. Viele mutmaßten gar, damit werde sich die in China verbotene Leihmutterschaft durchsetzen. Die Gesundheitskommission von Sichuan stellte klar: „Die neue Richtlinie ermutigt Frauen nicht zu unehelichen Schwangerschaften.“

Bis vor Kurzem war sogar eine Strafgebühr fällig

Sichuan ist nicht die erste Provinz, welche die Situation unverheirateter Mütter verbessert hat. Im vergangenen Jahr taten das, eher still und heimlich, schon die Provinzen Guangdong, Shaanxi und Anhui sowie Städte wie Schanghai und Peking. Sie folgten damit Vorgaben der Regierung. Im August 2022 erklärte die nationale Krankenversicherungsverwaltung, solange eine Frau ihre Beiträge bezahlt habe, gebe es keinen Grund, ihr die Leistungen zu verweigern. Im September rief der Ständige Ausschuss des Volkskongresses die Lokalregierungen dazu auf, „unangemessene Hürden beim Zugang zu Leistungen der Mutterschaftsversicherung zu beseitigen“.

Ein chinesisches Mädchen in Peking


Ein chinesisches Mädchen in Peking
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Bild: AFP

Die Aktivistin Ren führt den Wandel auf zwei Entwicklungen zurück. Zum einen auf die Bemühungen der Regierung, sich gegen die Schrumpfung der chinesischen Bevölkerung zu stemmen. Zum anderen die Gerichtsprozesse, mit denen unverheiratete Mütter in den vergangenen Jahren versucht haben, auf ihre Benachteiligung aufmerksam zu machen. Im Jahr 2017 ging in Schanghai erstmals eine Frau vor Gericht. Sie habe in die Mutterschaftsversicherung einbezahlt und deshalb auch einen Anspruch auf die Leistungen, argumentierte sie. Fünf Jahre lang klagte sie durch alle Instanzen – und wurde schließlich 2022 vom Obersten Gericht abgewiesen. Politisch sei ein solcher Symbolsieg nicht gewollt, glaubt Ren, die in Wirklichkeit anders heißt. Staat und Partei wollten zwar die Geburtenrate auch mithilfe unehelicher Kinder steigern, aber nicht ihr konservatives Familienbild ändern. Tatsächlich bekam die Klägerin am Ende ihr Geld. Die Stadt Schanghai ermöglichte das durch eine Änderung der Richtlinien.

Noch immer aber berichten Betroffene regelmäßig, dass ihnen selbst dort, wo die Vorschriften geändert wurden, von lokalen Verantwortlichen ihr Recht verwehrt wird. Eine klare Rechtslage gibt es nicht. Das Familienrecht schweigt dazu. Uneheliche Kinder leben in einem rechtlichen Graubereich, der in jeder Provinz oder Behörde anders ausgelegt wird. Im Amtschinesisch werden sie als „ungeplant“ bezeichnet und fallen unter die Kategorie „Verstöße gegen Familienplanungsvorschriften“. Bis vor Kurzem mussten unverheiratete Mütter vielerorts sogar eine Strafgebühr zahlen, damit ihre Kinder überhaupt Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem erhielten. Unehelichkeit war so tabu, dass die Kinder in der Statistik nicht einmal vorkommen. Man kann nur vermuten, dass ihr Anteil in China wie in Nachbarländern wie Südkorea, Taiwan und Japan im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt. In Deutschland sind es etwa 32 Prozent.

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