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#Die Grenzen der Plausibilität

Die Grenzen der Plausibilität

In Kürze wird der Weltklimarat IPCC Teil eins seines Sechsten Sachstandsberichts zum Klimawandel öffentlich machen. Ein wissenschaftliches Spektakel. Zu den höflichen Ritualen dieser Präsentation gehört es, die bisher als stets unzureichend befundenen Klimapolitiken der fast zweihundert UN-Staaten mit viel Zahlenmaterial zu dokumentieren und dabei doch ein allenfalls laues Lüftchen klimapolitischer Fundamentalkritik aufkommen zu lassen. Der Sturm kommt sowieso. Unbedingt zu verhindern gilt für die Klimaspezialisten dabei ein am ehesten vielleicht von Fridays for Future vermittelter Eindruck: den der Ausweglosigkeit. Weswegen der Klimarat auch alles tut, um anzudeuten, dass das Glas des globalen Weltklima-Managements nicht etwa schon halb leer, sondern immer noch halb voll ist – Einsicht und Umkehr seien immer noch möglich.

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

Eine gefährliche Verzerrung? Geowissenschaftlich gesehen spiegelt sich der Schaufensteroptimismus der Experten durchaus in der Bilanz der 33 Jahre IPCC: die Interpretationen des Klimawandels waren tendenziell eher zu optimistisch. Die Kurve der Erwärmung bewegt sich faktisch am oberen Ende der bisherigen Projektionen. Gleichzeitig versuchen die Experten alles, die Szenarien möglicher Klimazukünfte von Mal zu Mal besser in ihren Modellen abzubilden.

Allein für den 1,5-Grad-Spezialreport des IPCC, der sich mit der Erfüllung der Pariser Zielmarken beschäftigte, wurden 414 unterschiedliche Emissionsszenarien modelliert. Heißt: Für die Suche nach Wegen, eine Erderwärmung über 1,5 Grad über dem vorindustriellen Level zu verhindern, war eine gewaltige Rechenzeit investiert worden. Von diesen vielen möglichen Emissionsszenarien waren fünfzig mit dem 1,5-Grad-Ziel insofern vereinbar, als dass man in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich unterhalb oder nur kurzzeitig oberhalb des ökologisch wie klimatisch kritischen Schwellenwerts bleibt. Die Antwort des IPCC lautete also: Es ist machbar.

Doch wie realistisch und glaubwürdig ist diese angekündigte Machbarkeit im gesellschaftlichen Kontext? Und zu welchem Preis? Mit der Frage beschäftigen sich nun im Vorfeld des Sechsten Sachstandsberichts offenbar viele Klimaforschungsteams – durchaus selbstkritisch, denn unter den beteiligten Autoren finden sich fast zwangsläufig auch einige, die mehr oder weniger prominent am IPCC-Prozess beteiligt waren. Johan Rockström etwa, der mit dem Briten Tim Lenton und dem Emissionsspezialisten Nebojsa Nakicenovic vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) an einer Arbeit der Potsdamer Klimaforscherin Lila War­szawski in den Environmental Research Letters beteiligt war.

Die Gruppe hat die IPCC-Szenarien danach abgeklopft, inwieweit sie technisch, politisch und industriell in den kommenden Jahrzehnten zu verwirklichen sind. Fazit: Das Zeitfenster realisierbarer Klimaschutzoptionen schließt sich rasend schnell. Inzwischen sind es offenbar nur noch zwanzig Szenarien, die aber auch allesamt mindestens einen „herausfordernden Hebel“ enthalten. Mit anderen Worten: Das Risiko, die 1,5 Grad zu überschreiten, ist inzwischen sehr hoch. Aufforstung, Landnutzungsänderungen, die Reduzierung der Energienachfrage, der Umstieg auf fossilfreie Energiequellen, gezielte Maßnahmen zum Entzug von Kohlendioxid aus der Luft – all das sind einzelne, in unterschiedlichen Szenarien mehr oder weniger brauchbare „Hebel“ für den Klimaschutz.

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