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#Die Kämpfer im Heiligen Tal

Die Kämpfer im Heiligen Tal

Erst die Flinte. Roger Keyrouz greift den antiken Hinterlader vom Rücksitz und reckt ihn zur Begrüßung triumphierend in die Höhe. Dann ist er auch schon auf dem Weg ins Treppenhaus. Es ist nicht einfach, ihm zu folgen. Keyrouz geht schnell, redet viel, springt zwischen Themen, die von seiner Waffensammlung bis zur Renaissance der örtlichen Kartoffeln reichen, weil wegen der Wirtschaftskrise alles unerschwinglich sei.

Auch als er auf dem Balkon seiner Wohnung in der Kleinstadt Bcharré angekommen ist, hält es ihn so wenig in seinem Sessel wie bei der Sache. „Dort in den Bergen haben wir im Bürgerkrieg gekämpft“, sagt Keyrouz, als er mit ausgestrecktem Arm zum Horizont weist. „Es ist unser Schicksal, diesen Ort für die Christen zu verteidigen.“ Es ist das einzige Thema, das ihn wirklich packt: die Angst der libanesischen Christen um ihre Zukunft.

Ein neuer Bürgerkrieg zieht im Libanon zwar noch nicht herauf. Aber die Krise und der fortschreitende Zusammenbruch haben seine Geister wiedererweckt. Wenige Christen mögen von einem akuten Existenzkampf sprechen, aber viele sehen die christliche Prägung ihres Landes und ihren Lebensstil bedroht. Sie haben das Gefühl, dass es vor allem ihre Leute sind, die vor dem Zusammenbruch ins Ausland fliehen, weil vor allem sie genug Geld und die nötige Bildung dafür haben. Sie fürchten die Dominanz der Islamisten von der schiitischen Hizbullah und schauen argwöhnisch auf das Wachstum von deren Klientel.

Forderungen nach einer Teilung werden wieder lauter

Das viele Jahrzehnte alte Proporzsystem, das Macht und Posten entlang konfessioneller Linien verteilt und den Christen einen christlichen Präsidenten garantiert, orientiert sich an längst überholten Bevölkerungszahlen. Heute kämen die Christen deutlich schlechter weg. 

Die Explosion im Hafen von Beirut hat solche Gefühle noch einmal verstärkt – denn die umliegenden Viertel, die im August von der Druckwelle am heftigsten getroffen wurden, sind christlich. „Die Christen werden noch christlicher“, sagte ein bekannter Künstler nach der Katastrophe. Mancher schimpfte auf die Hizbullah, mancher wünschte sich, vor den Trümmern seines Hauses stehend, die Israelis würden endlich Ernst machen und den Libanon von der Schiitenorganisation befreien.

Roger Keyrouz, lokaler Anführer der christlichen Partei Forces Libanaises, in Bcharré


Roger Keyrouz, lokaler Anführer der christlichen Partei Forces Libanaises, in Bcharré
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Bild: Maria Klenner

Forderungen nach einer Teilung des Libanon sind wieder lauter geworden. An den Dinner-Tischen christlicher Politiker und Wirtschaftsbosse wird staatstragender von „Föderalisierung“ gesprochen. Dort herrscht Einigkeit darüber, nicht mehr länger mit christlichen Steuergeldern einen dysfunktionalen Staat fördern zu wollen, von dem vor allem andere profitieren. „Wir zahlen die öffentlichen Schulen – und schicken unsere Kinder auf Privatschulen“, heißt es zum Beispiel.

Roger Keyrouz ist fest überzeugt, dass die Explosion im Hafen den Zweck hatte, die Christen zu vertreiben, und dass die Hizbullah schuld daran sei. „Jeder weiß das“, behauptet er. „Wir sind eine bedrohte Minderheit.“ Seine Heimat, das Qadisha-Tal, gilt vielen Christen als letzte Bastion. Kilometerweit zieht sich die tiefe Schlucht durch den Norden des Libanon. In den imposanten Berglandschaften hatten die maronitischen Christen, eine der ältesten und größten Religionsgemeinschaften des Landes, schon vor Jahrhunderten Schutz vor Verfolgung gefunden. Sie errichteten Klöster an steilen Hängen, richteten Kirchen in Höhlen ein. Für viele Maroniten ist das „Heilige Tal“ ein Ort der inneren Einkehr und der Rückbesinnung.

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