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#Die Kritiker: 3 1/2 Stunden

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Die Kritiker: 3 1/2 Stunden

Am Tag des Mauerbaus 1961 fährt ein Zug von München nach Berlin, und die Passagiere müssen sich entscheiden, ob sie aussteigen wollen. Daraus entstand ein sehr emotionaler Film.

Stab

Darsteller: Jeff Wilbusch, Alli Neumann, Jan Krauter, Susanne Bormann, Martin Feifel, Moritz Katzmair, Jördis Triebel, Hannah Schiller, Johannes Meister
Musik: Stefan Will
Kamera: Ngo The Chau
Drehbuch: Robert Krause und Beate Fraunholz
Regie: Ed Herzog

Der Zug fährt nicht nach nirgendwo, und erst recht nicht in die Freiheit. Er fährt vom Münchener Hauptbahnhof bis nach Berlin, und zwar am 13. August 1961 – dem Tag, an dem Walter Ulbricht die DDR mit einer Mauer abriegelt. Als durch wieder flott gemachte Transistorradios auch die Passagiere davon erfahren, während sie sich erst wenige Kilometer außerhalb der bayerischen Landeshauptstadt befinden, werden Beziehungen auf die Probe gestellt:

Zum Beispiel die der Familie Kügler. Gerd (Jan Krauter) und Marlis (Susanne Bormann) sind Eltern zweier reizender Kinder und im Grunde überzeugte Anhänger der sozialistischen Idee. Im Westen, wo Mieten und Nahrungsmittel im Vergleich zu den ostdeutschen Preisen ein Vermögen kosten, wartet nicht die Freiheit, glauben beide, und doch sind sie Realisten genug, um zu erkennen, dass die DDR kein Land ist, in dem Milch und Honig fließen. Gerds Karriere als hochqualifizierter Flugzeugbauer liegt auf Eis, weil im aktuellen Fünfjahresplan erst einmal Landmaschinen Priorität haben – und trotz der ideologischen Bejahung des Sozialismus ist ein Jobangebot bei einem Münchener Luftfahrtunternehmen extrem verlockend; erst recht auch als Perspektive für die hochintelligente Tochter, die eines Tages Pionierin der Lüfte werden möchte.

Auch für eine mitreisende Band gerät der „antifaschistische Schutzwall“ zur Zerreißprobe: Von den vier Musikern sind zwei schwul – und während sie ihre Homosexualität in der sexuell vergleichsweise liberalen Gesellschaft der DDR nicht bis zum Äußersten verstecken müssen, würde ihnen in der BRD die Haft drohen. Doch die Träume von London, Paris und New York wären ein für allemal dahin, wenn sie nicht spätestens an der sächsischen Grenze den Zug verließen.

Ein anderes Bandmitglied trifft derweil zufällig in einem dusteren Zugabteil einen alten Bekannten wieder: Der ältere Mann weicht seinem Blick aus, aber er muss nur auf das Holzbein des jungen Musikers sehen, um sofort wieder an seine Zeit als Zugführer zurückzudenken, als er Viehwagons nach Auschwitz fuhr.

Um nicht nur ein Sammelsurium an persönlichen Brechungen der politischen Brisanz des Tages des Mauerbaus zu erzählen, sondern auch einen roten Faden zu etablieren, sind zudem zwei Münchener Polizisten an Bord, die in einem Mordfall ermitteln: Irgendwo im Zug befindet sich brisante Ware, an der in Bayern drei Menschen gestorben sind.

Daran, das große Politische im „kleinen“ Persönlichen zu erzählen, haben sich schon viele Fernsehfilme verhoben, die wie besessen von Nationalsozialismus und DDR-Diktatur handeln. Ein Glück, dass dieser Film zum 60. Jahrestags des Mauerbaus anders ist und sich auf seine emotional aufgeladenen Motive verlässt und dabei auch sehr schönen, wehmütigen, nachdenklichen Bildern nachgeht: Zum Beispiel als der Familienzwist um Familie Kügler nicht von den endlosen Debatten der Eltern gelöst wird, sondern dem Pragmatismus der Kinder. Oder als eine junge Lokführerin den Duft der Freiheit wittert und ihn nie mehr missen will. Oder wenn die Träume junger Musiker von der großen weiten Welt stärker sind als alle Heimatgefühle. Wer sich auf diesen Film und die emotionale Welt seiner Figuren einlässt, der sieht all die geschichtliche Tragik dieses verhängnisvollen Tages im Hochsommer 1961 noch einmal aus einem anderen, weil viel persönlicheren Licht – und wird für ein Europa ohne Grenzen noch viel dankbarer sein als je zuvor.

Im Ersten läuft «3 ½ Stunden» am Samstag, den 7. August um 20.15 Uhr.

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