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#Die Länder hatten keinen Plan

Die Länder hatten keinen Plan

Es gab am Mittwoch in der CDU eine kurze und pointierte Beschreibung des Verlaufs der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom Dienstag. In ihren Vorbesprechungen hätten die Länder Kritik am Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Kanzleramtschef Helge Braun geäußert und sich vorgenommen, eine eigene Linie durchzusetzen. Dann habe man verhandelt. Und anschließend sei es doch wieder so gekommen, wie Merkel und Braun es gewollt hätten.

Die Kanzlerin und die Regierungschefs der Länder hatten gleich zwei Großthemen auf ihrer Tagesordnung gehabt: die finanzielle Bewältigung der Hochwasserkatastrophe im Juli und den weiteren Umgang mit der Pandemie. In Sachen Hochwasser war man sich schnell einig, und bei Corona gab es im Grunde nur an einer Stelle echten Diskussionsbedarf, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. Würde man sich beim Festlegen von Corona-Maßnahmen weiter an den Inzidenzen orientieren oder anderen Faktoren wie der Zahl der Geimpften und der Auslastung der Krankenhäuser größeres Gewicht geben?

Die Länder, so wurde berichtet, gingen überwiegend mit dem Willen in das Treffen, ohne die Festlegung einer Inzidenz von 35 Infizierten pro 100.000 Einwohnern in einer Woche wieder aus der Ministerpräsidentenkonferenz herauszugehen. Merkel wollte an ihr festhalten.

Welche Folgen leiten sich aus der Inzidenz ab?

In der Beschlussvorlage für das Treffen stand zumindest noch, „solange die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis unter X Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner“ liege, könne man als Geimpfter, Genesener oder Getesteter in zahlreiche Innenräume kommen, etwa Restaurants oder Fitnessstudios. Viereinhalb Stunden später, als die MPK vergleichsweise schnell beendet war, stand dann die Zahl 35 im Beschluss. Merkel und Braun hatten sich durchgesetzt.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder schilderte den Ablauf der Entscheidungsfindung in der anschließenden Pressekonferenz. Er finde es richtig, „mit 35 da noch einmal einen klaren Grenzwert zu definieren“. Er schob ein: „Man muss sagen, dass das auch sehr stark auf die Initiative der Bundeskanzlerin zurückgeht.“ Wenig später beschrieb er das Dilemma anschaulich. Es handele sich hierbei um die „kniffeligste Frage von allen“. Einerseits sei klar, dass es ohne die Inzidenz nicht gehe. Als weniger klar beschrieb der CSU-Vorsitzende dann, wie man diese Zahl „in die richtige Relation“ bringe und welche Folgen daraus abgeleitet würden. Man habe in der Sitzung der MPK gesehen, „dass alle willig waren, darüber zu diskutieren“. Doch dann: „Aber wenn wir ganz ehrlich sind: So ein richtiges Konzept, wie man das macht – und auch verständlich kommunikativ –, ist noch nicht da.“

In Teilnehmerkreisen wurde später deutlich gemacht, es habe zwar viele Vorschläge gegeben, wie andere Faktoren als die Inzidenz bei der Entscheidung über Einschränkungen und Freiheiten berücksichtigt werden könnten. Aber die Länder hatten eben noch keine gemeinsame Linie, mit der sie Merkel von ihrem Inzidenz-Kurs hätten abbringen können.

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Die Kanzlerin ist nicht grundsätzlich dagegen, andere Kriterien zu berücksichtigen. Die Inzidenz „korreliert jetzt anders“, sagte sie nach der Sitzung und wies auf Krankenhausaufenthalte und Impfungen hin. Doch dann wies sie auf die verbleibenden Risiken hin. Eine Hintertür gibt es jedoch. Über die sprach auch Merkel. Die Länder können nicht nur bei einer Inzidenz von weniger als 35 von der Regel abweichen, dass man geimpft, genesen oder getestet sein muss, um bestimmte Innenräume zu betreten. Manche Länder hätten auch ein „Indikatorensystem“, so sagte die Kanzlerin, das „ein vergleichbar niedriges Infektionsgeschehen widerspiegelt, womit dann ein Anstieg der Infektionszahlen durch die Aussetzung der Regelungen nicht zu erwarten“ sei. Das entsprach fast wortgleich der Formulierung des Beschlusses, den Bund und Länder fassten.

Inzidenz spielt im Südwesten kaum eine Rolle mehr

Was das praktisch bedeutet, machte die Landesregierung von Baden-Württemberg am Mittwoch deutlich. So teilte das Gesundheitsministerium in Stuttgart mit, die Sieben-Tage-Inzidenz werde in der neuen Corona-Verordnung des Landes, die am 16. August in Kraft treten soll, keine Rolle mehr spielen. Vom kommenden Montag an dürfen im Südwesten also alle Geimpften, Genesenen oder Getesteten unabhängig von der Inzidenz am öffentlichen Leben wieder teilnehmen. So wird es bei kulturellen Veranstaltungen in Innenräumen, keine Personenobergrenze mehr geben, sofern die Besucher einen Nachweis erbringen können, dass eines der drei „G“ auf sie zutrifft.

Womit die nächste Diskussion im Umgang mit Corona Fahrt aufnehmen kann. „Ich bin relativ sicher, dass es irgendwann auch eine Debatte darüber geben wird, ob es die Zugänge zu bestimmten Bereichen nicht mehr mit 3G gibt, sondern irgendwann nur noch mit 2G“, sagte der bayerische Ministerpräsident in der Pressekonferenz an der Seite Merkels. Heißt: Bestimmte Zugänge sind nur noch für Geimpfte und Genesene möglich, der Test hilft dem Nicht-Geimpften oder Nicht-Genesenen dann auch nicht mehr.

Söder, für den das Fernsehinterview nach einer MPK zu sein scheint wie für andere die Crème brûlée nach dem Vier-Gänge-Dinner, legte am Abend noch nach. In der ARD sagte er, „2G wird so oder so ab einem bestimmten Zeitpunkt kommen“. Da wäre es ihm lieber, man würde jetzt ehrlich darüber reden und die Sache nicht bis nach der Bundestagswahl vertagen. Dem widersprach am Mittwoch Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Bundesregierung setze vorerst auf Zugangsmöglichkeiten auch für Ungeimpfte mit negativem Test. Noch bietet die Pandemie genügend Diskussionsstoff.

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