Nachrichten

#Die Strategie des Westens: Russland weiter eindämmen

„Die Strategie des Westens: Russland weiter eindämmen“

Nach drei Wochen Krieg hat sich eines nicht verändert: Der Westen ist parteiisch, aber nicht unmittelbar Kriegspartei. Jeder Vorstoß, die NATO direkt an den Kriegshandlungen in der Ukraine zu beteiligen, ist bisher gescheitert ­ – egal, ob er aus dem Bündnis kam oder von außerhalb. Die Selbstabschreckung der Allianz geht so weit, dass sie sich von Moskau Grenzen bei der Militärhilfe für Kiew ziehen lässt. Dabei ist nicht wirklich zu erkennen, warum die Lieferung einer Panzerabwehrrakete vertretbar sein soll, die ei­­nes Kampfflugzeugs dagegen eine Eskalation wäre. Beides sind effektive Mittel gegen die Invasoren.

Ein Eingriff in eine militärische Operation der Atommacht Russland ist natürlich etwas anderes als ein Stabilisierungseinsatz gegen die Taliban, das dürfte allen im Bündnis be­wusst sein. Es hatte schon im Kalten Krieg Tradition, dass die Supermächte sich auf dem Schlachtfeld aus dem Weg gingen. Aber der dritte Weltkrieg, von dem nun oft die Rede ist, droht nicht gleich, wenn man in der Ukraine den militärischen Druck auf Russland erhöht, jedenfalls den indirekten. Einen Krieg gegen die NATO könnte Putin derzeit kaum führen, wenn man die Leistungsfähigkeit seiner Armee betrachtet.

Wahlen in Amerika

Die Zurückhaltung der NATO dürf­te auch einiges mit Innenpolitik zu tun haben, genauer: mit amerikanischer Innenpolitik. Joe Biden hat im November eine Kongresswahl zu bestehen, die auch ein Referendum über die erste Hälfte seiner Amtszeit ist. Er ist der Präsident, der seinen Wählern versprochen hat, Amerikas Kriege in Übersee zu beenden. In Af­ghanistan hat er das zu einem hohen Preis für das Land und für sein eigenes Ansehen durchgezogen. Biden hat kein Interesse daran, in der Ukraine aktiv in den nächsten militärischen Konflikt einzusteigen, noch dazu in einen mit erheblichem Potential für eine lange Dauer. Und wenn Amerika nicht handelt, dann handelt die NATO auch nicht. Das gehört zu den wenigen Dingen, die Putin vor dem Krieg wahrscheinlich richtig ein­geschätzt hat.

F.A.Z. Newsletter Ukraine

Täglich um 12.00 Uhr

ANMELDEN


Trotzdem ist die überwiegend von Washington geprägte westliche Strategie bisher aufgegangen. Dass Putin drei Wochen nach Beginn eines Krieges, der offenbar als schneller Enthauptungsschlag geplant war, an drei Fronten feststeckt und verhandeln lässt, ist nicht nur der bemerkenswerten Tapferkeit der Ukrainer zu verdanken. Die westlichen Waffenlieferungen haben ihre Kampfkraft ohne Frage gesteigert. Das sollte man auch in Deutschland anerkennen. Putin wäre seinen völkerrechtswidrigen Zie­len schon viel näher, hätten alle westlichen Regierungen so mit der Be­waffnung Kiews gezögert wie die deutsche.

Wirkung der Sanktionen

Erhebliche Wirkung entfalten auch die westlichen Sanktionen, sie sind für Putin eine noch größere Be­lastung als der Krieg selbst, vor allem mittelfristig. Es mag sein, dass er über die Stärke seiner Armee schlecht unterrichtet war oder über die Stimmung in der Ukraine. Dass er die Reaktion des Westens so offenkundig unterschätzt hat, grenzt aber an Realitätsverlust. Er ist schließlich wieder und wieder gewarnt worden, sogar aus dem früher so kremlfreundlichen Berlin. Jetzt steckt er nicht nur militärisch in der Ukraine fest, sondern erlebt auch den Ausschluss seines Landes aus der Weltwirtschaft. Dieser Schaden wird für Russland enorm sein, wie auch im­mer der Krieg ausgeht.

Das führt zu einer Frage, über die in der westlichen Politik wenig ge­sprochen wird: Wie sollte er denn aus­gehen? Natürlich verhandeln nun erst mal Russen und Ukrainer, und es wäre schon ein riesiger Fortschritt, wenn es zu einer Waffenruhe käme. Gerade weil der Westen nicht kämpfen will, kann man der Ukraine nicht vorschreiben, welchen Preis sie für einen Friedensschluss zahlen würde, Stichwort Neutralität. Dass Selenskyj bereit ist, den NATO-Beitritt zu op­fern, kann angesichts der Haltung im Westen nicht verwundern.

Wenn es dazu käme, wäre es ein Erfolg für Putin, der seine Macht zu Hause festigen würde. Deshalb müssen alle westlichen Regierungen da­rauf achten, dass er zumindest jenseits der Ukraine keine Aussicht auf geopolitischen Geländegewinn hat. Von Georgien bis Syrien hat man ihm seine revisionistischen Gewaltakte immer wieder nachgesehen. Das sollte diesmal anders laufen.

Eine wirkliche Normalisierung der Beziehungen kann es mit Putin nicht mehr geben, auch nicht als „Belohnung“ für einen Friedensschluss; vor allem muss sich Europa konsequent und schnell von russischer Energie unabhängig machen. Solange Putin im Kreml sitzt, muss Russland weiter eingedämmt werden: politisch, wirtschaftlich und militärisch. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass er nach einer Verschnaufpause nach den nächsten Ländern greift, die er zu seinem Einflussgebiet zählt. Dazu gehören auch NATO-Mitglieder. Aus so einem Konflikt könnte sich die Allianz nicht mehr heraushalten.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!