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#Dieser Pflegeheimskandal erschüttert Frankreich

Dieser Pflegeheimskandal erschüttert Frankreich

Eine „ruhige und warme Atmosphäre“ in einer „eleganten und privilegierten Umgebung“ verspricht der französische Alten- und Pflegeheimbetreiber Orpea für seine Nobelresidenz im Pariser Nobelvorort Neuilly-sur-Seine. Monatlich mehr als 6000 Euro kostet der Platz hier, in der Luxusvariante sogar mehr als 12.000 Euro. Neben der Nähe zu Seine und Île de la Jatte erwarten die Bewohner dafür laut Broschüre hochwertige Leistungen und fürsorgliche und immer aufmerksame Mitarbeiter. Seit ihrer Eröffnung vor zwölf Jahren war die Einrichtung in Neuilly für Orpea das Vorzeigeobjekt für Investoren und Geschäftspartner.

Doch die Nobelfassade hat kräftig Risse bekommen. Denn Orpea, nach Korian zweitgrößter Heimbetreiber in Frankreich, wird vorgeworfen, Bewohner in der Residenz in Neuilly systematisch schlecht behandelt zu haben, und das über Jahre. Hygiene- und Personalstandards sollen mit Füßen getreten und Mahlzeiten und andere Leistungen rationiert worden sein mit dem Ziel, die Gewinnmarge der Einrichtung zu erhöhen. So beschreibt es der französische Journalist Victor Castanet in seinem Buch „Les Fossoyeurs“ („Die Totengräber“). Veröffentlicht hat er es Mitte voriger Woche, kurz zuvor hatte die Zeitung „Le Monde“ in Auszügen darüber berichtet.

Regierung zeigt sich empört

Seither schlagen die Wellen in Frankreich hoch. Die Regierung ist alarmiert. Regierungssprecher Gabriel Attal nannte die Berichte „absolut empörend“. Die zuständige Ministerin Brigitte Bourguignon hat den Generaldirektor von Orpea in Frankreich an diesem Dienstag zu sich zitiert und eingehende Untersuchungen angekündigt, womöglich sogar in allen rund 350 französischen Einrichtungen des Konzerns. Schon am Freitag hatte die regionale Gesundheitsbehörde die Residenz in Neuilly mehrere Stunden lang inspiziert und Mitarbeiter um Auskunft gebeten. Ein Ergebnis der Untersuchung steht noch aus.

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Das börsennotierte Unternehmen hatte die Vorwürfe zunächst scharf zurückgewiesen. „Wir bestreiten nachdrücklich all diese Anschuldigungen, die wir für falsch, empörend und nachteilig halten“, schrieb Orpea vergangenen Montag in einer Mitteilung und wies darauf hin, nicht zuzulassen, dass solche „sensationslüsternen und verlogenen“ Berichte das eigene Image und das der Branche trüben. Kurz darauf teilte der Konzern mit, zwei Unternehmen mit der Durchführung einer unabhängigen Bewertung zu beauftragen.

Am Sonntagabend setzte der Verwaltungsrat von Orpea dann jedoch seinen Generaldirektor Yves Le Masne vor die Tür. Eine Kehrtwende also, und insgeheim das Eingeständnis, dass die Vorwürfe wohl doch nicht gänzlich haltlos sind. Zugleich wurde mit sofortiger Wirkung der bisherige Verwaltungsratschef Philippe Charrier an die Konzernspitze berufen mit der Aufgabe, „sicherzustellen, dass im gesamten Unternehmen Best Practices angewendet werden und die Vorwürfe vollständig aufgeklärt werden“.

Aktienkurs fällt rasant

Das dürfte auch dem Druck der Anteilseigner geschuldet sein, darunter globale Investoren wie der kanadische Staatsfonds CPP Investments, der mit 15 Prozent die meisten Papiere hält. Der Aktienkurs von Orpea hatte sich im Laufe der vergangenen Woche halbiert. Rund 3 Milliarden Euro an Börsenwert wurden vernichtet, der Handel war zwischendurch ausgesetzt worden. Für das Unternehmen steht viel auf dem Spiel, weit über Frankreich hinaus: Nur ein Teil des Jahresumsatzes von zuletzt rund 4 Milliarden Euro und den knapp 70.000 Mitarbeitern entfällt auf den Heimatmarkt. Zwei Drittel der Aktivitäten finden hingegen im Ausland statt. Orpea zählt rund 1100 Pflegeeinrichtungen in 23 Ländern, in Deutschland ist es mit 143 Heimen viertgrößter Betreiber.

Neben dem Kurssturz bahnen sich zudem schon jetzt rechtliche Auseinandersetzungen an. So berichtete die Zeitung „Le Parisien“, dass die in der Öffentlichkeit gut bekannte, auf Straf- und Familienrecht spezialisierte Anwältin Sarah Saldmann bis März eine Sammelklage mit Beschwerden gegen Orpea einzureichen will. Mehrere Opfer hätten sich an die Anwältin gewandt und eine Anklage unter anderem wegen fahrlässiger Tötung gefordert.

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