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#Niederlage für Puigdemont

Niederlage für Puigdemont

Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont hat am Dienstag eine politische Niederlage erlitten. Am Abend hob der Rechtsausschuss im Europäischen Parlament seine Immunität auf, ebenso die seiner früheren Minister Antoni Comín und Clara Ponsatí. 15 Parlamentarier stimmten für die Aufhebung der Immunität, acht dagegen und zwei enthielten sich. Damit verloren die drei katalanischen Politiker den wirksamsten Schutz vor einer Auslieferung an Spanien, wo ihnen hohe Haftstrafen drohen. Allerdings haben sie schon angekündigt, dass sie die Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof anfechten wollen. Und einer Auslieferung müsste auch die belgische Justiz erst zustimmen.

Thomas Gutschker

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Hans-Christian Rößler

Im Europäischen Parlament unterstützten Christdemokraten, Sozialdemokraten, Nationalkonservative und ein Teil der Liberalen den Antrag des spanischen Obersten Gerichtshofs. Sie argumentierten, dass den drei Katalanen Straftaten zur Last gelegt werden, die aus der Zeit stammen, bevor sie dem Straßburger Haus angehörten. In solchen Fällen ist es üblich, die Immunität aufzuheben – ohne einen Fall inhaltlich zu bewerten.

Ablehnung von Linken und Grünen

Linke und Grüne lehnten dies allerdings ab. Der grüne Rechtspolitiker Sergej Lagodinsky nannte der F.A.Z. zwei Gründe dafür. Zum einen habe der für das Verfahren zuständige Berichterstatter nicht geprüft, ob das spanische Gericht überhaupt berechtigt gewesen sei, die Aufhebung der Immunität zu beantragen. Zum anderen „halten wir dies für unverhältnismäßig, weil die Kollegen für die Ausübung ihrer Meinungsfreiheit verfolgt werden und ihnen hohe Freiheitsstrafen drohen“.

Erwartet wird, dass das Plenum Anfang März der Empfehlung des Ausschusses folgt. Allerdings dürften die drei Katalanen wegen der folgenden juristischen Verfahren noch für geraume Zeit vor einer Strafverfolgung geschützt sein. Sie argumentieren selbst, dass das spanische Gericht nicht zuständig sei – dem hat allerdings der Rechtsdienst des Parlaments widersprochen. Außerdem halten sie die gegen sie gerichtete Anklage in Spanien für unbegründet und sehen sich als Opfer eines Rachefeldzugs der spanischen Justiz, der sie an der Ausübung ihres politischen Mandats hindern solle.

Puigdemont kann sich in ganz Europa frei bewegen

Spanien hat sich seit mehr als drei Jahren vergeblich um die Auslieferung Puigdemonts bemüht. Ende Oktober 2017 hatte sich der damalige Regionalpräsident in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Brüssel abgesetzt und sich dort den Justizbehörden gestellt. Die ließen ihn jedoch wieder gehen. Während die meisten seiner Mitstreiter in Spanien inzwischen langjährige Freiheitsstrafen verbüßen, kann Puigdemont sich in ganz Europa frei bewegen und sogar aus dem Ausland für das Europäische Parlament und das katalanische Regionalparlament kandidieren. Nur in Spanien droht ihm die sofortige Festnahme. Parallel dazu wurden mehrere Europäische Haftbefehle verhängt und wieder aufgehoben.

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Den aktuellen Europäischen Haftbefehl verhängte der Oberste Gerichtshof in Madrid im Oktober 2019 im Zuge der Verkündung des Urteils im Prozess gegen führende katalanische Separatisten. Die Richter erkannten damals auf „Aufruhr“ (Sedición) in Tateinheit mit der Veruntreuung von Steuergeldern bei der Organisation des Referendums über die Unabhängigkeit Kataloniens am 1. Oktober 2017, das Justiz und Regierung für illegal erklärt hatten. Diese Tatvorwürfe sind auch die Grundlage für den Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont. Zudem liegen ein nationaler und ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vor.

Nachdem Puigdemont und sein ehemaliger Gesundheitsminister Comín im Januar 2020 ihre Mandate im Europäischen Parlament angetreten hatten, bat der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Carlos Lesmes, darum, die Immunität der beiden Katalanen aufzuheben. Clara Ponsatí gehörte zu den 27 Abgeordneten, die nach dem Brexit Anfang Februar ins Parlament nachrückten.

2018 auf der Durchreise durch Deutschland festgenommen

Früheren spanischen Auslieferungsanträgen für katalanische Separatisten hatten Gerichte in Belgien, Deutschland und Schottland nicht Folge geleistet, weil sie den anfangs erhobenen Vorwurf der „Rebellion“ nicht anerkannten. 2019 entschied auch der Oberste Gerichtshof, dass die „Episoden von Gewalt“, zu denen es vor und nach dem Referendum 2017 gekommen war, für eine Verurteilung wegen Rebellion nicht gravierend genug gewesen seien. Das Oberlandesgericht in Schleswig hatte schon im Juli 2018 entschieden, dass Puigdemont nur wegen Veruntreuung an Spanien ausgeliefert werden könne, nicht aber wegen Rebellion oder Aufruhr. Das für den vergleichbaren deutschen Tatbestand des Hochverrats nötige Ausmaß der Gewalt habe es in Katalonien nicht gegeben.

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Puigdemont war auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls im März 2018 auf der Durchreise durch Deutschland festgenommen worden. Im Fall einer Auslieferung wäre die spanische Justiz an die deutsche Entscheidung gebunden gewesen und Puigdemont hätte in Spanien dann nur wegen Veruntreuung belangt werden können. Daraufhin zog der Oberste Gerichtshof den damaligen europäischen Haftbefehl gegen ihn und fünf weitere Mitstreiter zurück. Puigdemont kehrte nach Brüssel zurück, wo er bis heute aus der Ferne Einfluss auf die katalanische Politik ausübt, sich an der Gesetzgebung im Europäischen Parlament aber kaum beteiligt.  

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