Nachrichten

#Ein Dienst zur Stärkung unserer Demokratie

Inhaltsverzeichnis

Vor einem guten Jahr habe ich einen verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft vorgeschlagen. Die öffentlichen Re­aktionen waren sehr unterschiedlich. Ei­nige waren erschrocken. Eine Pflicht zum Dienst? Das könnten wir den Menschen nicht zumuten. Von manchen Jüngeren hieß es: „Auch das noch, als ob Corona uns nicht schon genug Lebenszeit und Entfaltungsfreiheit geraubt hat!“ Es gab aber auch viel Zustimmung. Viele Menschen sind regelrecht elektrisiert von der Vision: eine Zeit des Miteinanders, eine gleiche Pflicht für alle, ein Dienst für un­sere Demokratie.

Kalt gelassen hat die Frage wohl kaum jemanden. Die Debatte führen wir so in­tensiv wie nie zuvor, und darüber freue ich mich. Ich will jetzt präzisieren, welche Bedingungen für eine soziale Pflichtzeit zu erfüllen sind und welche Formen sie haben kann.

Warum muss es eine Pflicht sein?

Die Zustimmung zur sozialen Pflichtzeit erreicht in der ganzen Gesellschaft et­wa 65 Prozent. Das ist ermutigend. Bei den Jüngeren fällt sie geringer aus und liegt knapp über 50 Prozent. Hier sehe ich einen Prüfstein für die weitere Diskussion. Dass Ältere mit ihrer Mehrheit über die Pflicht von Jüngeren entscheiden, das wäre falsch. Es müssen alle Generationen dazu bereit sein. Das ist mein Ziel.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier


Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
:


Bild: Daniel Pilar

Deshalb gleich zu der zentralen Frage: Warum muss es eine Pflicht sein? Es gibt ja die Freiwilligendienste und das frei­willige Engagement. In der Tat kümmern sich Millionen in unserem Land jeden Tag um Menschen, die Hilfe brauchen. Sie sind für andere da, oft neben ihrem Beruf. Ich bin dankbar für die Verantwortung, Hilfsbereitschaft und Tatkraft, die in unserer Gesellschaft steckt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Engagement in vielen Vereinen, Notdiensten, Hilfsorganisationen an Nachwuchsmangel leidet. Wahr ist auch, dass an vielen Orten immer dieselben Personen das Eh­renamt tragen. Viele Strukturen der Solidarität werden in der modernen Ge­sellschaft brüchig. Es fehlt ihnen zunehmend an Breite, Dauer und Verlässlichkeit.

Eine Pflicht ist nicht einfach nur Zwang. Denken wir einen Moment darüber nach. Wenn alle angesprochen sind und sich alle beteiligen, dann erfahren sich auch alle als gleiche Bürgerinnen und Bürger. Mit der Pflicht sagt der de­mokratische Staat: „Du zählst, du trägst Verantwortung, und du bist Teil dieser Demokratie! Du wirst gebraucht!“ Und zwar für eine gerechtere, eine mensch­liche und nachhaltige Gesellschaft. Die Pflichtzeit ist praktischer Einsatz für die Demokratie und für eine lebenswerte Zu­kunft.

Wir geben mit der sozialen Pflichtzeit eine Antwort auf die destruktiven Auswirkungen sozialer Zersplitterung. Ich ma­che mir Sorgen, dass die Abwendung der Menschen voneinander früher oder später die Grundlage unserer Demokratie aushöhlt. Wer sich nur noch von seiner Gruppe bestätigen lässt, wer nur noch denkt und fühlt, was in der eigenen Blase gedacht und gefühlt wird, der verliert sein Mitgefühl mit anderen und oft auch den Respekt vor ihnen. Eine allgemeine Pflichtzeit führt zur Begegnung mit Leuten, denen wir sonst wenig oder nie begegnen oder die wir nur im Vorbeigehen in ihrer beruflichen Funktion erleben, aber nicht in ihrer Menschlichkeit. Indem wir ihnen näherkommen, lernen wir auch etwas über das Leben anderer. „Ambiguitätstoleranz“ nennt es die So­zialphilosophie. Gemeint ist die Fähigkeit, sich nicht so leicht befremden und ängstigen zu lassen, wenn ein Mitmensch ganz anders tickt als man selbst.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!