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#Ein Film, den es nicht geben dürfte

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Ein Film, den es nicht geben dürfte

Es ist der letzte Tag des Sommers, kalendarisch betrachtet. Mit einem warmen, milden Licht über Berlin, der Blick fällt auf Blautannen und alte Eichen und Plattenbauten am Horizont – das ist kein Fassbinder-Wetter, keine Fassbinder-Welt, auf die man von Oskar Roehlers Dachterrasse schaut, alles viel zu idyllisch. Aber Roehler muss ja nicht, nur weil er einen Film über Fassbinder gedreht hat, der „Enfant Terrible“ heißt, auch den Fassbinder-Blick auf die Welt haben.

Peter Körte

Peter Körte

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Roehler wäre in diesem Jahr lieber in Cannes gewesen, auf dem roten Teppich, sein Film sollte dort im Mai im Wettbewerb laufen. Weil das Festival nicht stattfand, ist ihm nur der Konjunktiv geblieben: einer von 56 Filmen, die im offiziellen Programm von Cannes gezeigt worden wären. Roehler hadert nicht mehr damit, ihn freut die Anerkennung.

Es muss ihn auch nicht stören, dass die französischen Cineasten ihn unter anderem wohl auch deshalb eingeladen haben, weil Fassbinder bei ihnen als Inbegriff des deutschen Kinos gilt und man lange Jahre kaum deutsche Filme einlud, weil sie diesem Stilideal nicht entsprechen wollten.

Das ist lange vorbei. Heute fragt man sich und den Regisseur, warum überhaupt jemand einen Film über Fassbinder macht, 38 Jahre nach dessen Tod am 10. Juni 1982, fünf Jahre nach der großen Ausstellung zum 70. Geburtstag, die eine Art amtliches Künstlerbild festschreiben wollte und den Titelzusatz in „Fassbinder – JETZT“ in Versalien setzte, als könnte man sonst womöglich an der Gegenwärtigkeit zweifeln.

Oskar Roehler weicht der Frage zunächst aus, sagt, er habe den Film gemacht, „weil ich so gute Storys schon lange nicht mehr gehört habe“. Dann erzählt er von den alten Filmen, „die zu meiner DNA gehören“, von Internatsabenden in den siebziger Jahren, im Kino direkt über der Turnhalle; er habe die damals neuen Fassbinder-Filme aufgesaugt wie die von Bergman oder Pasolini.

Das Gespenst des deutschen Kinos

Man erinnert sich allerdings auch daran, dass noch in den neunziger Jahren, als Roehler begann, selbst Filme zu drehen, Fassbinder wie ein Gespenst im deutschen Kino umging und man auf einen Nachfolger hoffte, einen Erben oder wie immer die Stellenbeschreibung lautete. Diese Erinnerung bringt Roehler dann doch ein wenig in Rage. Einen wie Fassbinder habe es schon in den Neunzigern nicht mehr geben können, sagt er mit Verve, und heute erst recht nicht, es fehlten die Freiräume, alles sei durchformatiert und durchkommerzialisiert.

Und wenn man nachfragt, ob sein Film dann nicht ein Paradox sei, weil es ihn im Grunde auch nicht geben dürfte, dann sagt Roehler, der Statements sonst lieber in Filmtiteln versteckt wie „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk“, sein Film sei „wie ein Spiegel“: Er zeige, „dass es auch mal anders gegangen ist“.

Katja Riemann, Frida-Lovisa Hamann und Felix Hellmann (als Harry Baer).


Katja Riemann, Frida-Lovisa Hamann und Felix Hellmann (als Harry Baer).
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Bild: © BavariaFilmproduktion

Was die Frage nach sich zieht, wie man etwas macht, was gar nicht mehr möglich sein dürfte. Wie ein Film aussehen soll, der eigentlich unsichtbar bleiben müsste. Ein Biopic über einen Mann, der in seinen großen Jahren in den internationalen Medien schon mal als „Messias“ apostrophiert wurde oder als „Kraftwerk“, der in 17 Jahren mehr als vierzig Filme drehte.

Die Antwort ist simpler als gedacht. Man macht ihn für 2,9 Millionen Euro, weil sich mehr nicht auftreiben ließen, weil Roehler Vorstellungen hatte, die sich nicht mit den im deutschen Film üblichen Normen für historische Biopics vertragen. Auch ein Indiz dafür, dass er recht haben könnte mit seinem Satz über das System, das systematisch verhindert, dass einer vom Typus Fassbinder überhaupt noch auftaucht. Weil das Wunschbudget von acht Millionen Euro unerreichbar war, wurde Roehler wieder zum Berliner Undergroundfilmer, als der er Mitte der neunziger Jahre begonnen hatte.

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