Nachrichten

#Eine Unterschrift auf der Intensivstation

Eine Unterschrift auf der Intensivstation

In der Tschechischen Republik klären sich eine Woche nach der Parlamentswahl die Aussichten zur Regierungsbildung. Alles läuft auf Petr Fiala als neuen Regierungschef zu, den Vorsitzenden der konservativen ODS, der von zwei Bündnissen aus insgesamt fünf Parteien unterstützt wird und damit eine Mehrheit hätte. Ministerpräsident Andrej Babiš richtet sich verbal zunehmend darauf ein, in die Opposition zu gehen, jedenfalls vorerst.

Gleichzeitig nimmt die Debatte über die Amtsfähigkeit des erkrankten tschechischen Präsidenten Miloš Zeman immer skurrilere Züge an. Wenigstens ist das neugewählte Parlament für den 8. November zu seiner konstituierenden Sitzung einberufen worden, wenn auch unter merkwürdigen Umständen.

Die Ärzte hüllen sich in Schweigen

Den Beschluss, das Abgeordnetenhaus einzuberufen, hatte Parlamentspräsident Radek Vondrácek am Donnerstag in die Kameras gehalten. Er war zuvor bei Zeman gewesen, um sich das Schriftstück unterzeichnen zu lassen. Nur dass der Präsident nach wie vor auf der Intensivstation des Prager Militärhospitals liegt und eigentlich keine Besucher empfangen soll, bis auf wenige auserwählte. Vorigen Sonntag war er aus seinem Landsitz, wo er zuvor noch den amtierenden Ministerpräsidenten Babiš zu einem ersten Gespräch empfangen hatte, ins Krankenhaus gebracht worden.

Es sollte das einzige politische Treffen des Präsidenten nach Vorliegen des Wahlergebnisses bleiben – bis zu jenem Besuch Vondráceks, der vom Kanzler des Präsidenten, Vratislav Mynár, begleitet wurde. Vondrácek behauptete anschließend, Zeman sei durchaus amtsfähig und zu Scherzen aufgelegt. Wie es dem Präsidenten wirklich geht, ob und gegebenenfalls wann mit seiner Rückkehr ins Amt zu rechnen sei, darüber hüllen sich die behandelnden Ärzte bislang in Schweigen. Es handle sich um Komplikationen bei einer bekannten chronischen Krankheit, man kenne die Diagnose genau, sei aber nicht befugt, darüber zu sprechen, heißt es lediglich.

Zemans Ehefrau forderte in einem emotionalen Auftritt Geduld und Respekt und den Verzicht auf unethische Spekulationen. Zeman unterziehe sich einer Therapie und benötige Zeit, damit er wieder zu Kräften kommen könne. Kommentatoren halten dagegen, der Präsident sei nicht einfach eine Privatperson. Wenigstens eine Prognose über den Zeitpunkt einer möglichen Rückkehr dürfe man erwarten.

Dass Vondrácek ohne ärztliche Erlaubnis zu Zeman vorgedrungen war, wurde heftig kritisiert. Das Krankenhaus veröffentlichte eine empörte Mitteilung, in der auch die Laiendiagnose des Parlamentspräsidenten zurückgewiesen wurde. Kritik kam auch aus den meisten Parteien.

Babiš hält sich noch ein Türchen offen

Unter Anspielung auf eine Mitteilung der „Burg“, des Amtssitzes des Präsidenten, Zeman habe eine Süßspeise zu sich genommen, twitterte Vit Rakusan, Chef der Bürgermeisterpartei: „Psalmen, Marillenknödel, den dritthöchsten Staatsrepräsentanten zum Präsidenten schmuggeln, wenn der Arzt und die Krankenschwester nicht hinschauen. Was sind das für Leute?“ Auch Babiš distanzierte sich von Vondrácek, einem Parteigänger seiner ANO. Allerdings hatte er vor allem auszusetzen, dass ohne Rücksprache mit ihm vorgegangen worden sei.

Babiš hat in der Wahl vorige Woche sein Ziel verfehlt, eine eigene Mehrheit oder wenigstens eine Sperrminorität zu erreichen. Weil die rechtsextreme SPD schwächer abgeschnitten hat und die Kommunisten sowie die Sozialdemokraten, die in der abgelaufenen Periode teilweise Babiš gestützt hatten, ganz aus dem Parlament gefallen sind, reicht es für die beiden Bündnisse der fünf bisherigen Oppositionsparteien. Die haben sich schriftlich dazu verpflichtet, nur miteinander zu verhandeln.

Im Verlauf der Woche sind seine Aussagen in Richtung Opposition immer weniger vieldeutig geworden, obwohl er sich rhetorisch immer noch ein Türchen offenhielt. Er rechne damit, Fiala das Amt zu übergeben, sagte er zuletzt; bis dahin werde er allerdings „bis zum letzten Moment“ arbeiten. Schließlich kündigte er dann am Freitag den Gang in die Opposition an. Sein Verhalten nährt im Licht des Gesundheitszustands Zemans allerdings Spekulationen, dass Babiš inzwischen seine politischen Ambitionen auf ein anderes Amt richte als das des Ministerpräsidenten.

Riskante Wette auf die Präsidentschaft

So verweist das Online-Portal Echo – nicht gerade ein Hort von Babiš-Anhängern, aber von erfahrenen Journalisten betrieben – darauf, dass er schon früher Umfragen in Auftrag gegeben habe, wie seine Chancen bei einer Direktwahl des Präsidenten seien.

Das Ergebnis sei eigentlich niederschmetternd gewesen, für zwei Drittel gelte er wegen seiner Korruptionsaffären und Interessenkonflikte als unwählbar. Doch lege man das Ergebnis der Parlamentswahl zugrunde und rechne alle Stimmen, die nicht an die künftigen Regierungsblöcke gingen, fiktiv Babiš zu, auch jene der Parteien unterhalb der Fünfprozenthürde, dann könnte es reichen. Es wäre eine riskante Wette. Aber verlockender, als in der Opposition zu versauern oder durch Ausscheiden aus der Politik die Immunität zu verlieren, könnte ein solcher Versuch für ihn allemal erscheinen.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!