Nachrichten

#Erster Kaiser, drittes Deutschland

Erster Kaiser, drittes Deutschland

An Napoleon scheiden sich die Geister – dies- und jenseits des Rheins erst recht. Wir hatten einst vor seinem Geburtshaus in Ajaccio deutsche Touristen beobachtet, die sich über den ungebrochenen Kult wunderten, den die Franzosen um ihn inszenieren. Wer die beiden Filme, die Arte aus Anlass des 200. Todestags von Napoleon zeigt, gesehen hat, kann die Leidenschaft für den genialen General und Diktator im Namen der Aufklärung nachvollziehen. Er bekommt einen Einblick in das Wesen der Zivilisation Frankreichs und das religiöse Zelebrieren der „laizistischen“ Politik, die Zeitgenossen immer wieder verstört.

Der deutsch-französische Kultursender konnte sich diesen Gedenktag nicht entgehen lassen. Er widmet ihm die erste Produktion seines „Grand Accord Documentaire“, der mit jährlich drei Millionen Euro das „dokumentarische Erzählen“ im Dienst der „Annäherung der Völker“ pflegen soll. Sie kann auch darin bestehen, dass man unterschiedliche Traditionen bewusstmacht.

„Unter der Kontrolle der Historiker“

Es gab mehrere Projekte. Den Zuschlag bekam Mathieu Schwartz für ein Szenario, das er zusammen mit Christian Twente (Ko-Regisseur der Serie „Die Deutschen“) umsetzen konnte. Die Idee dazu hatte, wie Schwartz sagt, seine Produzentin: Nach dem Vorbild von „24“ und Jack Bauer verdichtete Schwartz den 26. Juni 1813, an dem sich Napoleon und Metternich in Dresden trafen, zum Tag, an dem sich Europas Schicksal entschied. Ihr Dialog bildet das Gerüst dieses Doku-Dramas, dem er seine durchgehende Spannung verleiht.

Vor ihm Europa: Napoleon (David Sighicelli) verschiebt Armeen.


Vor ihm Europa: Napoleon (David Sighicelli) verschiebt Armeen.
:


Bild: © Martin Christ

Das Treffen ist verbürgt, sein Inhalt bekannt – aber natürlich nicht im Wortlaut. Der Dokumentarfilmer, Autor eines Stalin-Porträts, überzeugt zunächst einmal mit seinen schriftstellerischen Qualitäten. Seinen Dialog zwischen dem Emporkömmling aus dem Volk und dem Aristokraten Metternich schrieb er „unter der Kontrolle der Historiker“.

Ein Nachfolger der französischen Könige

Innerhalb weniger Jahre hatte Napoleon Europa von Hamburg bis Barcelona, von Amsterdam bis Neapel erobert. Zum Treffen mit Metternich kommt es nach dem desaströsen Rückzug aus Russland. Napoleon ist aber bereits wieder im Begriff, mit seiner Armee abermals nach Moskau aufzubrechen. Er braucht Österreichs Neutralität. Doch dessen Angebot – Ultimatum – für einen Frieden schlägt er aus. Am Ende des langen Tages heißt der Sieger Metternich. Für Napoleon ist es – so der Titel – „Der Anfang vom Ende“.

„Der Anfang vom Ende“: Fast neun Stunden lang liefern sich Metternich und Napoleon (David Sighicelli, rechts) ein Duell der Worte.


„Der Anfang vom Ende“: Fast neun Stunden lang liefern sich Metternich und Napoleon (David Sighicelli, rechts) ein Duell der Worte.
:


Bild: © Martin Christ

Zwischen den Dialogen skizzieren die „zwei Regisseure für einen Film“ die Lage in Europa. Ausführlich befassen sie sich mit Napoleons „drittem Deutschland“, das er als „französisches Deutschland“ und Gegengewicht zu Preußen und Österreich gründen will. Napoleon sieht sich nicht als Nachfolger der französischen Könige. Er knüpft an Karl den Großen an, dessen Reich beide Länder umfasste. Wie Kaiser Karl lässt er sich in Aachen krönen. Die Reste des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation ersetzt er durch den Rheinbund.

Die Entstehung eines deutschen Nationalgefühls

In Westfalen versucht der „Messias der französischen Revolution“ einen Musterstaat nach deren Ideen zu errichten. In kurzen Sequenzen werden die Folgen für die Bevölkerung aufgezeigt. Die Kontinentalsperre führt zu Versorgungsengpässen. Skrupellos schickt der Feldherr junge Männer in den Krieg und den Tod. Die Statements der Napoleon-Experten stören oder verzögern die Dramaturgie nicht. Ihre Ausführungen sind konzentriert und ergänzen sich hervorragend. Beim Schneiden und Montieren ist man mit größter Sorgfalt vorgegangen. In eineinhalb Stunden kann sich der Zuschauer ein Bild von der Epoche machen und wird bestens „unterhalten“.

„Der Tod hat sieben Leben“: Im Gegensatz zu Caesar wähnt Napoleon sich unsterblich.


„Der Tod hat sieben Leben“: Im Gegensatz zu Caesar wähnt Napoleon sich unsterblich.
:


Bild: © Tournez S’Il Vous Plaît Produc

„Napoleon hat die deutsche Frage“ aufgeworfen, aber „die deutsche Einigung nicht erreicht“, heißt es. Ein geteiltes Deutschland blieb ein Stabilitätsfaktor in Europa und im Interesse der Großmächte. Das Aufbegehren gegen die napoleonische Diktatur mündet in die Entstehung eines deutschen Nationalgefühls, kompetent und nüchtern kommentiert von den Historikern und Journalisten Günter Müchler und Johannes Willms. Der Philosoph Johann Gottlieb Fichte wird erwähnt und Heinrich von Kleist zitiert, der zur Ermordung Napoleons aufrief.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!