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#Es gibt kein Richtig oder Falsch

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Es gibt kein Richtig oder Falsch

Die Pfadabhängigkeit der deutschen Talkshows imponiert. Der Pfad ist die Pandemie. Unerschütterlich, man möchte sagen: unerbittlich wird seit Wochen, ach was, seit Monaten talkend diesem Pfad gefolgt. Nun ist es ja so, dass Corona-Nachrichten sowieso schon von morgens bis abends zum festen Bestandteil des Nachrichtenprogramms gehören. Sie stellen ein Angebot dar, das man schlecht ablehnen kann, geht es dabei doch für das Einzelbewusstsein nicht um eine vielfach vermittelte politische Abstraktion, mit der man sich auch später noch beschäftigen könnte (wie die Uiguren in China, Kardinal Woelki in Köln, der Putsch in Myanmar), sondern um ein Thema mit Hier-und-jetzt-Relevanz, um Orientierung der täglichen Lebensführung. Anders gesagt: Man kommt schlecht drum herum, diese Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen, aller pandemisch bedingten Antriebsschwäche zum Trotz.

Christian Geyer-Hindemith

Ist das Pflichtpensum rund ums Virus tagsüber erfüllt, wartet abends die Talkshow mit demselben Thema auf, freiwillige Teilnahme erwartet. Was verspricht sich die Talkshow von diesem stereotypen Agendasetting? Eine Art Desensibilisierung durch mediale Konfrontationstherapie? Müsste abends, wenn die Waffen schweigen, nicht Marlene Dietrich auftreten? Statt eines Kontrastprogramms zum Inzidenzprogramm wird selbiges noch einmal vorgeführt, nur in anderer Inszenierung, talkend eben. Dieselben Politiker, Virologen und Intensivmediziner, die schon durch den pandemischen Tag hindurch führten, werden nach den Abendnachrichten und dem entsprechenden Corona-Brennpunkt noch einmal aufgetischt. Und sieht man andere Gesichter, dann jedenfalls mit ganz ähnlich lautenden Botschaften, wie sie sich personenunabhängig um die verschiedenen Abwägungsfiguren herum gruppieren.

In ihren argumentativen Grundzügen (einen wie hohen sozialen und wirtschaftlichen Schaden rechtfertigt der Tanz um die Inzidenz-Zahlen?) bleiben sich diese Mitteilungen ja seit einem knappen Jahr gleich, so möchte man meinen. Sie variieren lediglich je nach vorherrschender Schließungs- oder Öffnungsbewegung. Nur in Glücksfällen gelingt es einer Talkshow, das ausgetretene Thema noch einmal in einem neuen Lichte darzustellen, einen zu kurz gekommenen oder tatsächlich neu gewonnenen Aspekt zu vertiefen und damit die pandemische Szenerie zu erhellen.

Lichtblick im Einerlei der Talkshows

Das ist jetzt natürlich sehr holzschnittartig gesagt. In Wirklichkeit läuft es redaktionell mal besser und mal schlechter. Und die gestrige „Maischberger. Die Woche“-Sendung war mit dem Gespräch zwischen Boris Palmer und Uwe Janssens, der eine Oberbürgermeister von Tübingen, der andere Chefarzt des Eschweiler St. Antonius Hospitals, ein Lichtblick. Wie der eloquente und gestisch vermögende Hubertus Meyer-Burckhardt als Kommentator in der Sendung richtig hervorhob: Faszinierenderweise habe das Gespräch gezeigt, dass es hier kein Richtig oder Falsch gebe, sondern das erzwungene Handeln unter Unsicherheit zu einem Gutteil im Arbiträren verbleibe.

Ausgangspunkt war eine Mitteilung des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz vom vergangenen Wochenende: „Es macht keinen Sinn, in einem strikten Lockdown zu verharren, bei gleichzeitig sinkender Bereitschaft der Bevölkerung mitzumachen.“ Ist das eine autoritäre Geste, wie die „Zeit“-Redakteurin Anna Mayr meinte, nach der Devise: Verbrennt euch doch an der Herdplatte, damit ihr am eigenen Leib erfahrt, was man nicht tun darf? Oder ist es der Versuch, zwischen „auf“ und „zu“ einen erfindungsreichen dritten Weg zu gehen, wie Palmer und zögernd dann auch Janssens zu verstehen gaben?

Die gebotene Verhältnismäßigkeit bei der Einschränkung von Grundrechten bedeute, zunächst einmal auszureizen, was an lebenserhaltenden Strategien diesseits eines harten Lockdowns möglich ist, erklärte Palmer. Man habe es noch nicht einmal hinbekommen, „die Alten- und Pflegeheime ordentlich zu sichern“ und damit eine eminente Hochrisikogruppe wirksam zu schützen, so der Oberbürgermeister. Auch Schnelltests, wie sie jetzt in Österreich forciert werden, würden hierzulande viel zu langsam auf den Weg gebracht. Der Datenschutz schließlich genieße in Deutschland fatale politische Priorität und behindere eine wirksame Rückverfolgbarkeit der Kontakte wie etwa in Südkorea.

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