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#Europa ist sich uneins

Europa ist sich uneins

Am Dienstagnachmittag haben sich die EU-Außenminister zu einer außerordentlichen Videokonferenz zusammengeschaltet, um über die Eskalation im Nahen Osten zu beraten. Man wolle besprechen, sagte Deutschlands Außenminister Heiko Maas vor der Sitzung, „wie wir als Europäische Union zu einem schnellen Ende der Gewalt beitragen können“. Er verurteilte die Raketenangriffe der Hamas „aufs Schärfste“. Israel habe „selbstverständlich das Recht, sich dagegen zu verteidigen“. Deutschland werde vierzig Millionen Euro für die Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza zur Verfügung stellen, kündigte der SPD-Politiker an.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Allgemein waren die Erwartungen an die Konferenz der Außenminister waren jedoch gering – zu groß sind die Unterschiede zwischen den Staaten in der Bewertung des Konflikts. Erst am Wochenende war eine gemeinsame Erklärung aller EU-Staaten auf UN-Ebene am Widerstand Ungarns gescheitert. 

„Hamas hat bewusst eskaliert“

Maas machte die Hamas für die gegenwärtige Lage verantwortlich: „Die Hamas hat mit ihrem Raketenterror bewusst eine Situation eskaliert, die schon zuvor höchst angespannt gewesen ist und das mit schrecklichen Folgen für Israelis und auch für die eigene Zivilbevölkerung in Gaza.“ Oberste Priorität sei nun, die Waffen zum Schweigen zu bringen. Deshalb habe er mit seinen Kollegen in Ägypten und Katar gesprochen, „die direkte Kontakte zur Hamas haben“.

Maas verwies zudem auf das Nahost-Quartett. Der neue EU-Sonderbeauftragte für den Nahost-Friedensprozess Sven Koopmans, der die EU in dem Gremium mit den Vereinigten Staaten, Russland und den Vereinten Nationen vertritt, solle seine Vermittlungsbemühungen weiter ausbauen. Der niederländische Diplomat und frühere Abgeordnete der Regierungspartei VVD hat dieses Amt erst Anfang des Monats übernommen. Das 2002 gegründete Nahostquartett war erst kürzlich wiederbelebt worden, nachdem es unter dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump in den Schatten gerückt war und seit September 2018 keine Erklärungen mehr veröffentlicht hatte.

Allerdings fällt es der Europäischen Union schwer, im Nahostkonflikt mit einer Stimme zu sprechen. Maas sprach vor der Videokonferenz vorsichtig von „einem Abgleich unserer Position“. Eine gemeinsame Stellungnahme war dafür nicht vorbereitet worden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gab zuletzt nur im eigenen Namen Erklärungen ab. Der jüngste Dissens zeigte sich am Sonntag, als Ungarn eine gemeinsame Stellungnahme der EU-Staaten bei den Vereinten Nationen blockierte. Daraufhin konnte der EU-Botschafter nur „im Namen der Europäischen Union“ sprechen – eine diplomatische Finesse.

Immerhin 26 Staaten waren bereit, ein „sofortiges Ende der Feindseligkeiten“ zu fordern. Sie verurteilten einerseits die Raketenangriffe der Hamas und erkannten „Israels legitimes Recht an, sich gegen jegliche Angriffe zu verteidigen“. Andererseits mahnten sie, „dass Israels Militäreinsatz verhältnismäßig und im Einklang mit internationalem Recht sein muss“. Schon die pure Erwähnung dieses Hinweises war als Distanzierung zu verstehen.

Israelkritische Nordeuropäer

Die Stellungnahme enthielt auch eine scharfe Verurteilung: „Die EU wiederholt ihre starke Ablehnung der Siedlungspolitik Israels“, hieß es, mit besonderem Verweis auf den Sperrwall, der nicht der Waffenstillstandslinie von 1967 folgt, auf die Zerstörung palästinensischer Häuser und auf die Vertreibung von Palästinensern, wenn Gerichte ihre Häuser Israelis zusprechen. Diese Passagen gingen Budapest zu weit. Die ungarische Regierung stellt sich in diesem Konflikt auf die Seite der israelischen Regierung.

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Das war nicht zum ersten Mal so. Auch Bulgarien, Rumänien und Tschechien haben schon laut darüber nachgedacht, ihre Botschaften in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und damit dem Vorbild Donald Trumps zu folgen. Auf der anderen Seite steht eine Gruppe israelkritischer Staaten, die von Luxemburg, Belgien, Irland und Schweden angeführt wird. Diese Staaten drohten noch vor einem Jahr damit, Palästina als Staat anzuerkennen, falls Israel große Teile des Westjordanlands annektiert. Damit hatte Ministerpräsident Netanjahu im Wahlkampf gedroht. Es kam dann allerdings ganz anders: Israel schloss überraschend Frieden mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrein.

Deutschland nimmt traditionell eine vermittelnde Position ein. Zum einen steht es fest an der Seite Israels, wenn das Land angegriffen wird. Die Sicherheit Israels sei „Teil der deutschen Staatsräson“, so hat Bundeskanzlerin Angela Merkel das 2008 formuliert. Zum anderen beharrt Deutschland aber auf der Einhaltung des Völkerrechts und lehnt die israelische Siedlungspolitik ab. Frankreich steht traditionell den Palästinensern näher als Berlin. Doch fiel Diplomaten und Beobachtern auf, dass Macron im aktuellen Konflikt ein „unerschütterliches“ Bekenntnis zur Sicherheit Israels abgab, ohne etwa den geteilten Status Jerusalems zu erwähnen.

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