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#Europa wirbt um Afrika mit Geld und Impfdosen

Europa wirbt um Afrika mit Geld und Impfdosen

Für die belgische Polizei war Donnerstag ein Großkampftag. Während sich die dreißig Verteidigungsminister der NATO auf den Heimweg machten, trafen die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel ein. Und außerdem nochmal vierzig Staatschefs der Afrikanischen Union – jeder mit eigener Eskorte, versteht sich. Die afrikanische Gästeliste war zuletzt immer länger geworden. Das Interesse am zwei Tage langen Gipfel von EU und AU sei gewaltig, sagte ein EU-Beamter und verwies darauf, das am jüngsten Treffen der Afrikanischen Union lediglich dreizehn Chefs teilgenommen hätten.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Mehr als vier Jahre liegt das letzte Gipfeltreffen zurück – dazwischen wurden allerlei Chancen verpasst. Eigentlich war Ursula von der Leyen Ende 2019 mit dem festen Willen in ihr Amt als Kommissionspräsidentin gestartet, die Beziehungen zu Afrika auf eine neue Ebene zu heben. Gleich in ihrer ersten Woche besuchte sie das Hauptquartier der Afrikanischen Union in Adis Abeba. Doch dann kam die Pandemie. Der geplante Gipfel mit den afrikanischen Kollegen musste mehrmals verschoben werden, während die Chinesen – der große Konkurrent – weiter mit den Afrikanern tagten und Investitionen tätigten. Sie sagten auch mehr als eine Milliarde Impfdosen zu, während die EU zwar viel über Solidarität redete und viel Geld spendete, aber mit Impfstoff knauserte.

Scholz stellt Energiepartnerschaft heraus

Im vorigen Dezember platzte dem südafrikanische Präsidenten dann der Kragen. Über „Impfstoff-Apartheid“ schimpfte Cyril Ramaphosa, nachdem die EU über Nacht sämtliche Flugverbindungen ins südliche Afrika gestoppt hatte – wegen der dort verbreiteten Omikron-Mutante. Das nutzte bekanntlich nichts, sie war längst da, und gerade Südafrika hatte sie auf vorbildliche Weise analysiert. Es war spekuliert worden, dass Ramaphosa aus Protest zu Hause bleiben würde. Dann aber schwebte er doch in Brüssel ein. An diesem Freitag wird er mit Bundeskanzler Olaf Scholz einen runden Tisch zum Thema Gesundheit und Impfstoffe leiten. Solche Formate gibt es auch zu anderen Fragen, um den direkten Austausch in kleineren Gruppen zu fördern. Bei seiner Ankunft in Brüssel stellte Scholz vor allem die Chancen einer Energiepartnerschaft mit Afrika heraus. „Was wir uns vorgenommen haben mit erneuerbaren Energien ist gleichzeitig eine Entwicklungsperspektive für viele Länder Afrikas“, sagte er.

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Was Impfstoffe angeht, so hat die EU Afrika bisher knapp 150 Millionen Dosen geliefert. Diese Zahl soll bis zum Sommer auf 450 Millionen steigen. Bis dato sind lediglich elf Prozent der Afrikaner gegen das Coronavirus geimpft, weit entfernt vom globalen 70-Prozent-Ziel. Das eigentliche Problem ist jedoch weniger die Lieferung von Dosen als ihre Verimpfung. Vielerorts gibt es kein öffentliches Gesundheitssystem. Derzeit werden lediglich zehn Millionen Menschen pro Monat geimpft.

Die EU-Kommission will das beschleunigen, indem sie der gerade erst geschaffenen afrikanischen Arzneimittelagentur mit 100 Millionen Euro hilft. Die Afrikaner fordern ihrerseits, dass der Patentschutz für Impfstoffe aufgehoben wird, damit sie selbst für den eigenen Bedarf produzieren können. Dazu ist die EU nicht bereit. Von der Leyen verwies aber auf ein Pilotprojekt von Biontech. Der Hersteller will mobile Fertigungsanlagen für mRNA-Impfstoffe nach Afrika liefern.

Mit dem „Global Gateway“ gegen Chinas Einfluss

Im Mittelpunkt der Beratungen in Brüssel steht eine Initiative für den Ausbau der Infrastruktur in Afrika. In den nächsten sieben Jahren sollen 150 Milliarden Euro mobilisiert werden, zum Beispiel, um Anlagen für Sonnen- und Windenergie zu bauen, Internetzugänge per Satellit auch in entlegenen Gegenden zu schaffen und den Kontinent über eine Glasfaserverbindung an das europäische Kommunikationsnetz anzuschließen. Das ist Teil der „Global Gateway“-Initiative, mit der die EU-Kommission den chinesischen Einfluss zurückdrängen will.

Die Hälfte der insgesamt eingeplanten Mittel sollen nach Afrika gehen. Freilich sind die realen Beträge niedriger. Brüssel bietet knapp 37 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt an, außerdem will es Kredite in Höhe von 53 Milliarden Euro garantieren, von den Mitgliedstaaten sollen noch einmal 20 Milliarden Euro bilateral hinzukommen. Weitere fünfzig Milliarden soll die Privatwirtschaft an Investitionen beisteuern – nur so kommt die Summe zustande.

Der AU-Vorsitzende und senegalesische Präsident Macky Sall wies zur Eröffnung des Gipfels darauf hin, dass Afrika jedes Jahr einen Investitionsbedarf zwischen 130 und 170 Milliarden Dollar habe. Sechshundert Millionen Menschen hätten keinen Zugang zur Stromversorgung „und leben in Dunkelheit“. Sall warb für eine „neu fundierte, neu überdachte Partnerschaft mit Europa“ und sprach von einer „Botschaft der Zuversicht und der Versöhnung“. Er machte deutlich, dass dazu auch die Rückgabe von Kulturgütern gehöre; dies ist ebenfalls Thema bei einem runden Tisch.

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