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#FAS-Rechtskolumne „Vor dem Gesetz“:

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Gerade versucht die AfD, das Verfahren um die Einstufung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall zu stören – mit Befangenheitsanträgen gegen die Richter. Wie funktioniert dieses Rechtsmittel?

Kaum ein öffentlich wahrgenommener Strafprozess kommt ohne Befangenheitsanträge der Verteidigung aus: Die Angeklagten Braun (Wirecard), Stadler (Audi), Berger (Cum-ex) scheiterten, Gil Ofarim war schon im Ermittlungsverfahren erfolglos; Olearius (auch Cum-ex) dagegen setzte sich durch. Anders ist das meist nur, wenn Einvernehmen zwischen Gericht und Angeklagten erzielt wird. Befangenheitsanträge gibt es natürlich auch in Zivil- und Verwaltungsgerichtsverfahren. Die AfD scheitert gerade mit etlichen Anträgen daran, das Oberverwaltungsgericht Münster an der Fortführung des Verfahrens zu hindern – es geht um die Einstufung und Beobachtung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall.

So ein „unaufschiebbarer Antrag“ verschafft dem Angeklagten Gehör; die Verteidigung verspricht sich möglicherweise verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit und die kurzfristige Störung des Gerichts. Regelmäßig führt das zu Verhärtungen. Maßstab einer erfolgreichen Ablehnung ist allein die Besorgnis des Angeklagten. Die abgelehnten Richter müssen also weder tatsächlich befangen sein noch sich dafür halten. Die Hürden sind hoch. Weder die Vorbefassung mit der Sache, die verhandelt wird, noch eine (vermeintlich) rechtsfehlerhafte Entscheidung im Verfahren begründet allein die Besorgnis einer Befangenheit.

Das bringt Zeit

Häufig wird aus der Sicht des abgelehnten Richters entschieden, nur selten nehmen Richterkollegen die Besorgnis wahr. Mit der erfolgreichen Ablehnung ist der betroffene Richter jedoch raus. Gegebenenfalls muss in anderer Besetzung neu begonnen werden. Das bringt Zeit, gelegentlich in Strafsachen auch eine Haftentlassung und die Chance, dass der Nachfolger die Sache – für den Ablehnenden – günstiger beurteilt.

Gilt die Zivilprozessordnung, kann gegen die Zurückweisung eines Befangenheitsgesuchs sogar noch in der Instanz das nächst höhere Gericht angerufen werden. Das kostet Zeit. In Berlin hat ein großer Verlag die Richter der Pressekammer formularmäßig abgelehnt und damit die Entscheidung über presserechtliche Eilanträge zu seinen Ungunsten über viele Monate aufgehalten. Vor einigen Jahren hat der Gesetzgeber für den Strafprozess neu geregelt, dass trotz eines Ablehnungsgesuchs in gleicher Gerichtsbesetzung zunächst weiterverhandelt werden darf; häufig bis kurz vor Urteilsverkündung. Im Falle eines befangenen Richters, und die gibt es durchaus, ist das eine Zumutung.

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