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#Finanzmärkte: Warum die Börse wirklich boomt

Rekordjagd an der Börse – weil die Inflation sinkt und die Zinsen folgen werden? Das hat etwas damit zu tun. Es ist aber eher die nachgeschobene Begründung.

Alles scheint gut. Zumindest für die Anleger. An den Aktienmärkten gab es zum Wochenauftakt zwar keine neuen Allzeithochs, aber die Richtung schon seit Monaten ist eindeutig: Von ihren Tiefständen Ende Oktober haben der F.A.Z.-Index um 18 Prozent, der S&P-500 um 24 Prozent und der Euro Stoxx 50 um 23 Prozent zugelegt. Der Bitcoin-Preis hat sich mehr als verdoppelt, Gold steht knapp 10 Prozent im Plus. Die Renditeaufschläge von Unternehmensanleihen der schwachen Ratingklasse „B“ gegenüber Stzaatsanleihen sind seitdem von 5,8 auf 4 Prozentpunkte gesunken – auch das ein Zeichen für größere Zuversichet unter den Marktteilnehmern. „Frühling liegt in der Luft“, schreibt Ann-Katrin Petersen, Chef-Kapitalmarktstrategin für den deutschsprachigen Raum beim Blackrock Investment Institute. Die Aktienmarktrally habe sich international ausgeweitet, ein Allzeithoch jage das nächste.

Und selbst chinesische Aktien scheinen ihre dreijährige Verluststrecke überwunden zu haben: Seit Anfang Februar beträgt das Plus mehr als 13 Prozent – der S&P-500 kommt nur auf 3 Prozent. In einigen Branchen habe ein Bullenmarkt begonnen, heißt es. Anleger vertrauten darauf, dass die vom starken Mann Xi Jinping angekündigten Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung höhere Bewertungen ermöglichen. Die Kursgewinne einiger wichtiger Aktien suggerierten, dass es sich diesmal nicht um ein Fehlsignal handele.

Mehr Optionsspekulationen denn je

An der Wall Street feiert unterdessen eine Strategie ein Comeback, die in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre schon einmal en vogue war: Wetten auf geringe Kursschwankungen, auch als Short-Vola-Strategie bezeichnet. Vergessen ist, dass diese Strategien im Jahr 2018 kein gutes Ende nahmen. Deswegen sehen sie heute auch anders aus: ETF verkaufen Aktien und Indexoptionen, um ihre Erträge aufzubessern. Das Volumen ist um den Faktor 32 grösser als die Short-Vola-Wetten, die im Jahr 2018 zugrunde gingen, allerdings gelten die neuen Wetten als sicherer. Indes wurden in den USA noch nie so viel Aktienoptionen gehandelt wie aktuell, nicht zuletzt weil sich unter Privatanlegern neuartige Optionen ohne Laufzeit großer Beliebtheit erfreuen.

Mit zwei Worten: Es läuft. Doch warum eigentlich? Die Hoffnungen auf massive Zinssenkungen wurden in den vergangenen Monaten deutlich geringer, die Wachstumsaussichten für Deutschland sind eher düster und die geopolitischen Spannungen haben nicht nachgelassen. Xi Jinpings Griff nach der Macht in China erinnert zunehmend an die unseligen Zeiten eines Josef Stalin in der Sowjetunion – die einst so gepriesene, wenn auch immer zweifelhafte, kollektive Intelligenz der chinesischen Wirtschaftsführung scheint auf den Willen eines Mannes zusammengeschrumpft, auch wenn die Wirklichkeit doch etwas komplexer ist.

Das Goldlöckchen-Szenario

Tatsächlich agieren die Anleger häufig kurzfristig, die Börse richtet sich oft nicht nach der politischen Großwetterlage. Sondern nach nüchternen Geschäftsgberichten und davon abgeleiteten Erwartungen. Und dabei ist auch nicht unbedingt entscheiden, ob es sich um eine Risikoanlage wie eine Aktie oder um den Bitcoin handelt.

So wird zwar die demografische Entwicklung hierzulande längerfristig zunehmend zu Arbeitskräftemangel führen und das zunehmend ungünstigere Verhältnis zwischen Ruheständlern und Erwerbstätigen über die private Vorsorge die Börsenkurse oder die Staatshaushalte belasten. Doch der Faktor wirkt eben zu langfristig, um an der Börse schon jetzt eine dominierende Rolle zu spielen. Erst wenn es sich auf Unternehmensgewinne auswirkt, wird es sich in den Kursen bemerkbar machen. Und das wird schleichend geschehen und erst im Rückspiegel sichtbar werden.

Die Börse interessiert sich nicht für heute

Zweitens interessiert sich die Börse immer für morgen und nicht für heute. Das ist logisch: Man kauft eine Aktie heute in der Hoffnung, dass sie in der Zuklunft mehr wert sein wird. Also geht es genau darum. Der jüngste Aufschwung hat begonnen, als die Börse zu der Ansicht kam, das Inflationsproblem sei überwunden und Zinserhöhungen passé. Sie begann sich dann mit dem kommenden Szenario zu beschäftigen und das hieß: Zinssenkungen, Wirtschaftswachstum, niedrige Inflation – das sogenannte Goldlöckchen-Szenario, was hierzulande wohl „Schön warm“- oder „Genau richtig“-Szenario heißen müsste, die beste aller Welten.

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